position der kommission bodenschutz beim umweltbundesamt (KBU) // oktober 2019 // Das Konzept der Ökosystemleistungen – ein Gewinn für den Bodenschutz Impressum Dies ist ein Positionspapier der Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt (KBU). Die darin enthaltenen Positionen stimmen nicht zwangsläufig mit denen des Umweltbundesamtes überein. Herausgeber: Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt (KBU) Die KBU unterstützt das Umweltbundesamt durch sachverständige Beratung. Sie bearbeitet nicht nur Themen des Bodenschutzes, sondern auch angrenzende Themenfelder. Die Kommission dient als Schnittstelle auf Bundesebene. Sie führt wesentliche Akteure des Bodenschutzes aus Wissenschaft, Praxis und Verwaltung übergreifend zusammen. Mitglieder der KBU: Bernd Hansjürgens (Vorsitz), Gabriele Broll, Uta Eser, Jens-Uwe Fischer, Peter Grathwohl, Christina von Haaren, Ulrich Köpke, Martina Ross-Nickoll, Friedrich Rück, Ewald Schnug, Hubert Wiggering, Jutta Zeitz Geschäftsstelle: Umweltbundesamt Fachgebiet II 2.7 Frank Glante, Jeannette Mathews E-Mail: frank.glante@uba.de Internet: https://www.umweltbundesamt.de/themen/ boden-landwirtschaft/kommissionen-beiraete/kommission- bodenschutz-0 Umweltbundesamt Postfach 14 06 06813 Dessau-Roßlau Tel: +49 340-2103-0 /umweltbundesamt.de /umweltbundesamt /umweltbundesamt /umweltbundesamt Satz und Layout: le-tex publishing services GmbH Publikationen als pdf: www.umweltbundesamt.de/publikationen Bildquelle: Shutterstock/kram9 Stand: Oktober 2019 position der kommission bodenschutz beim umweltbundesamt (KBU) // oktober 2019 // Das Konzept der Ökosystemleistungen – ein Gewinn für den Bodenschutz Zum Schutz des Bodens wird verstärkt auf den Ansatz der Ökosystemleistungen hingewiesen. Mit diesem Ansatz sollen die Leistungen des Bodens deutlicher sichtbar gemacht und Boden- belange besser in der Öffentlichkeit kommuniziert werden. Die Kommission Bodenschutz greift diese Diskussionen auf, ordnet sie in das deutsche Regelungssystem ein und leitet erste Empfeh- lungen zum Umgang mit dem Ökosystemleistungsansatz ab. 4 Das Konzept der Ökosystemleistungen – ein Gewinn für den Bodenschutz Einleitung In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Aktivitäten, die einen verstärkten Schutz und eine nachhaltige Nutzung des Bodens unterstützen. Dennoch wurden politisch vorgegebene Ziele, wie etwa die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme, nicht oder nur in abgeschwächter Form erreicht. Dies ist angesichts der Bedeutung der Böden als Lebensgrundlage für die Menschheit unbefriedigend. In Deutschland bestehen mit den Gesetzen und Verordnungen zum Bodenschutz und den für den Bodenschutz zuständigen Behörden in den verschie- densten Vollzugsebenen einerseits vergleichsweise stabile Rahmenbedingungen für den Bodenschutz. Andererseits stehen verwaltungstechnische und finanzielle Engpässe und insbesondere der politische Wille einer erfolgreicheren Umsetzung von Boden- schutzzielen im Wege. Jegliche Ansätze, Aktivitäten oder Methoden, diese Hemmnisse zu verringern und die Akzeptanz für den Bodenschutz zu steigern, sind daher zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund ist das Konzept der Ökosystemleistungen (ÖSL) wichtig, um sowohl die Argumentation für den Bodenschutz zu verbessern als auch politische Entscheidungsträger besser zu erreichen. Dieses Konzept hat in den vergangenen Jahren eine zunehmende Aufmerksamkeit erlangt und Eingang in zahlreiche Politikdokumente und öffentliche Diskussionen gefunden. Zu nennen sind hier die Konvention für die Biologische Vielfalt (CBD) oder die europäische Biodiversitätsstrategie (2011), aber auch zahlreiche Diskussionen in Kreisen des Naturschutzes. Das ÖSL – Konzept zeichnet sich dadurch aus, dass es sehr explizit auf die Bedeutung der Natur für verschiedene Aspekte des menschlichen Wohlergehens hinweist, wie z. B. die Gesundheit und die ökonomische Entwicklung. Beispiele für dieses Vorgehen finden sich in der internationalen TEEB-Studie ‚The Economics of Ecosystems and Biodiversity‘ (TEEB 2010) oder dem deutschen Nach- folgevorhaben ‚Naturkapital Deutschland – TEEB DE‘ (Naturkapital Deutschland – TEEB DE 2012; 2018). Die ökonomische Sicht bringt neue Einsichten in Bezug auf den Umwelt- und Naturschutz insbesondere für diejenigen, denen Natur und der Boden vielleicht nicht so wichtig erscheinen, und übersetzt sie für die Abwägung in politische Entscheidungen in einen wirtschaftlichen Kontext. Den mit Fragen des Bodenschutzes befassten Experten aus der Verwaltung, den Ministerien, den privaten Ingenieur- und Beratungsbüros und in der Wissenschaft ist die ÖSL-Perspektive nicht fremd. Sie kennen und arbeiten auf der Basis des Bundesboden- schutzgesetzes oder des Bundes-Bodenschutzgesetz mit Bezugnahme auf Boden- oder Landschaftsfunkti- onen seit vielen Jahren mit einem ähnlichen Ansatz. Bei den Bodenfunktionen wird auf grundlegende und vielfältige Eigenschaften des Bodens hingewiesen und gezeigt, dass der Boden einen wichtigen Beitrag zu den Ökosystemleistungen erbringt. Die ökonomische Bedeutung des Bodens im Sinne seiner Leistungen für die menschliche Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen wird hierbei jedoch weniger betont. Ökosystemleistungen Das ÖSL-Konzept wird üblicherweise auf Ehrlich und Ehrlich (1981) zurückgeführt. Es weist auf die Leistungen der Natur für den Menschen hin und ist dementsprechend ein auf den Menschen fokussiertes Konzept: Natur hat dann einen Wert, wenn sie dem Menschen zunutze ist. Seine überragende Bedeutung erlangt das ÖSL-Konzept durch das Millennium Ecosystem Assessment (MA) (MA 2005). Dabei handelt es sich um eine von 2001 bis 2005 durchgeführte umfangreiche Studie der Vereinten Nationen zum Stand und zu den Entwicklungstrends der Ökosys- teme weltweit. Im MA wurde eine Klassifikation der Ökosystemleistungen in vier Kategorien vorgenom- men, die auch weiterhin so genutzt wird: 5 Das Konzept der Ökosystemleistungen – ein Gewinn für den Bodenschutz 1. Versorgungsleistungen tragen unmittelbar zur Versorgung der Menschen bei, etwa durch landwirtschaftliche Produkte, Holz, Wasser oder andere Ressourcen. 2. Regulierungsleistungen nützen dem Menschen indirekt, etwa indem ein Waldökosystem organi- schen Kohlenstoff speichert und damit zum Klima- schutz beiträgt, eine Aue die Hochwassergefahren reduziert oder ein Bannwald die Lawinengefahr mindert. 3. Unter kulturellen ÖSL werden üblicherweise touristische Leistungen, Naturerbe und Ähnliches subsummiert. 4. Basisleistungen (oder auch unterstützende Leistungen) bezeichnen Prozesse innerhalb der Natur, die Teil der vorgenannten drei Leistungs- kategorien sind und diese erst ermöglichen. Die Photosynthese oder die biologische Aktivität im Boden mögen als Beispiel dienen. Die Klassifikation von ÖSL wurde in den vergangenen Jahren erweitert und verfeinert; es entstand eine internationale Klassifikation unter der Bezeichnung ‚Common International Classification of Ecosystem Services – CICES‘, die mittlerweile in der Version 5.1 verfügbar ist. Diese soll dazu beitragen, dass ÖSL perspektivisch in die Berichtssysteme zu den nationa- len Umweltökonomischen Gesamtrechnungen (System of Environmental-Economic Accounting – SEEA) einbezogen werden, die unter Führung der Vereinten Nationen überarbeitet werden. In der Zukunft könnte so das volkswirtschaftliche Rechnungswesen um ÖSL sowie entsprechende Indikatoren erweitert werden. Es wird erwartet, dass dies der Natur eine wesentlich höhere Sichtbarkeit in den bisher wirtschaftlich geprägten volkswirtschaftlichen Systemen zur Wohlstandserfassung geben wird. Für den Bodenschutz ist bedeutsam, dass die ÖSL immer die „gesamthaften Leistungen“ der Natur darstellen. Die Natur erbringt ihre Leistungen auf der Grundlage der einzelnen Umweltkompartimente, also aufgrund bestimmter Eigenschaften von Wasser, Ausgangsgestein, Boden, Klima, Pflanzen- und Tierwelt sowie der Prozesse innerhalb und zwischen den Kompartimenten. Die ‚Inputs‘ der einzelnen genannten Kompartimente, Eigenschaften und natür- lichen Bedingungen werden in den ÖSL-Konzepten nicht weiter ausdifferenziert. So gesehen stellt das ÖSL-Konzept einen gesamthaften Ansatz dar, der auf die Natur als Ganzes Bezug nimmt und die für die jeweilige Ökosystemleistung relevanten Eigenschaften herausfiltert. Der Boden liefert hierzu einen Beitrag, der jedoch im Falle der meisten Bodenfunktionen nur schwer von der jeweiligen komplexen Ökosys- temleistung isoliert bzw. als spezifischer Beitrag des Boden quantifiziert werden kann. Es ist also nicht ohne weiteres möglich, den Anteil des Bodens zur Erbringung von bestimmten Ökosystemleistungen „herauszurechnen“. Bestehende Regelungssysteme zum Schutz des Bodens Die Nutzung der Bodenfunktionen und verschiedener Methoden ihrer Bewertung sind in Deutschland bundesweit sowie in den Bundesländern seit Ende der 1990iger Jahre geregelt. Ein Meilenstein im Bemühen um den Schutz des Bodens waren 1998 die Verabschiedung des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) und der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV). Im Unterschied zu damals bestehenden gesetzlichen Regelungen im Naturschutz wurden in der Bodenschutzgesetzgebung die Bodenfunktionen als Schutzgut definiert. Der Boden erfüllt im Sinne dieses Gesetzes: 1. Natürliche Funktionen als Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen, als Bestandteil des Natur- haushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen, und als Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen aufgrund der Filter-, Puffer- und Stoffumwand- lungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers, 2. Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturge- schichte sowie 6 Das Konzept der Ökosystemleistungen – ein Gewinn für den Bodenschutz 3. Nutzungsfunktionen als Rohstofflagerstätte, Fläche für Siedlung und Erholung, Standort für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung und sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzun- gen, Verkehr, Ver- und Entsorgung. Die Schnittmengen dieser Funktionen mit den oben genannten Ökosystemleistungen sind offensichtlich. Das Schutzgut Boden ist in der Projektzulassung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und auch nach dem Raumordnungsgesetz (ROG) sowie dem Baugesetzbuch (BauGB) zu berücksichtigen. Im Bundesnaturschutzgesetz wird der Bodenschutz unter der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes sowie der Biodiversität subsummiert. In der Raumplanung ist er als ein zu erhaltendes bzw. sparsam zu nutzendes Naturgut in Wechselwirkung mit anderen Umwelt- kompartimenten als Teil der Grundsätze der Raumord- nung (§ 2) zu berücksichtigen. Die Belange des Boden- schutzes werden häufig über die Landschaftsplanung in die Raum- und Bauleitplanung sowie über weitere sektorale Fachplanungen (z. B. zur Wasserwirtschaft oder der Landwirtschaft) integriert. Dabei wird bei der Beurteilung des Bodens sehr ähnlich vorgegangen wie beim Ökosystemleistungsansatz: Es werden die komplexen Funktionen des Bodens erfasst und bewertet, z. B. im Rahmen der Hochwasserschutzfunk- tion der Landschaft oder der Geo- und Biodiversität, allerdings bisher ohne eine ökonomische Bewertung dieser Funktionen vorzunehmen. Unter den Stichwor- ten „Schutzgüter“ wird der Boden in der Landschafts- planung und der UVP aber auch häufig explizit als Hauptleistungsträger erwähnt, wenn er das domi- nierende Kompartiment des Naturhaushaltes ist, das zu der jeweiligen Funktion des Ökosystems beiträgt. Beispiele sind die Archivfunktion des Bodens, die natürliche Ertragsfunktion, die Klimaschutzfunktion oder das Biotopentwicklungspotential. Aufgabe der Landschaftsplanung ist es außerdem, die Ziele der guten fachlichen Praxis der Land- und Forstwirtschaft zu konkretisieren, was z. B. die Darstellung von erosionsgefährdeten Gebieten und entsprechender Erosionsschutzmaßnahmen umfasst. Neben der Integration von direkten oder indirekten bodenrelevanten Zielen in die Raum- und Bauleit- planung sowie in weiteren Fachplanungen findet der Bodenschutz ebenfalls Eingang in Kompensations- maßnahmen der naturschutzfachlichen Eingriffsrege- lung sowie in Schutzgebietsausweisungen. So erlaubt die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten (LSG) auch die Festlegung von Bodenschutzzielen (Natur- haushalt) in der entsprechenden LSG-Verordnung. Eine der wichtigsten Anwendung dieser Möglichkeit ist gegeben, wenn LSG eine weitere bauliche Entwicklung und damit Flächeninanspruchnahme verhindern. Neben den genannten Möglichkeiten des Bodenschutzes können weitere Instrumente eingesetzt werden. So können beispielsweise Boden- denkmäler ausgewiesen werden, oder forstliche Ausweisungen, wie ein Schutz- oder Bannwald, zum Bodenschutz beitragen. Ökonomische Instrumente, wie Agrarumweltmaßnahmen, könnten ebenfalls für den Schutz des Bodens eingesetzt werden, allerdings müssten dazu die Zielbestimmungen über den allgemeinen Bodenschutz in der guten fachlichen Praxis hinausgehen. Ob all die genannten Möglichkeiten des Bodenschut- zes über die Raum- und Bauleitplanung, die UVP, die Eingriffsregelung oder Schutzgebietsausweisungen ausgeschöpft werden und ob dies zu einem wirksa- men und auf die flächenspezifischen Funktionen und Leistungen angepassten Schutz des Bodens führt, ist allerdings weitgehend unbekannt. Im Bereich der baulichen Flächeninanspruchnahme, die mit der Zerstörung nahezu aller Funktionen bzw. Ökosystem- leistungen des Bodens einhergeht, sind die derzeiti- gen Instrumente offenkundig nicht ausreichend. Hier und in der Agrarlandschaft werden die politischen Schutz- und Entwicklungsziele für den Naturhaushalt und die Biodiversität bei weitem nicht erfüllt. Dies gilt auch im Falle der besonders vom Boden und seinem Zustand abhängigen Ziele, z. B. im Bereich des Moorschutzes (Vermeidung von klimarelevanten Treibhausgasen und Schutz von Biodiversität). Einerseits könnte dies auf unzureichend ausgestal- tete Instrumente zurückgeführt werden. So fehlen etwa im Baugesetzbuch quantitative Vorgaben zur Flächeninanspruchnahme, und der Abwägungsspiel- raum für die lokale Politik ist weiterhin sehr groß. Andererseits könnte auch ein mangelnder politischer Wille, die generellen Umweltziele der Gesetze in der Umsetzung auszugestalten, hierfür verantwortlich gemacht werden. Die KBU stellt fest, dass eine verstärkte Bezugnahme auf das ÖSL-Konzept eine Verbesserung der Situation bewirken und der Bodenschutz davon profitieren kann. 7 Das Konzept der Ökosystemleistungen – ein Gewinn für den Bodenschutz Die KBU empfiehlt: Strategien zur Nutzung des ÖSL-Konzeptes im Bodenschutz Das ÖSL-Konzept sollte für den Bodenschutz fruchtbar genutzt werden. Dabei geht es nicht darum, bestehende Ansätze und Regelungen zum Schutz des Bodens und seiner Ressourcen zu erset- zen. Vielmehr ist das ÖSL-Konzept als ergänzender Ansatz zu sehen, der neben die bestehenden Ansätze zum Schutz des Bodens und zu seiner nachhaltigen Nutzung tritt und wichtige zusätzliche Impulse in der Argumentation und dem Bemühen für den Boden- schutz gibt. Aufgrund seiner übergreifenden Perspektive legt das ÖSL-Konzept in besonderer Weise eine strategische Zusammenarbeit des Bodenschutzes mit dem Gewässer-, Klima- und Naturschutz dar. Auf diese Weise kann ein multifunktionaler Flächen- schutz realisiert werden, der mehrere ÖSL gleichzeitig in den Blick nimmt und zu deren Schutz beiträgt. Diese Perspektive kann ggf. auch genutzt werden, um Zahlungen für Ökosystemleistungen zu definieren. Die sich aktuell in Vorbereitung befindliche Bundeskom- pensationsverordnung – BKompV könnte eine gute Möglichkeit eröffnen, die Zusammenarbeit zwischen Boden- und Naturschutz zu verbessern. Durch das ÖSL-Konzept können strategische Partnerschaften zwischen dem Bodenschutz und anderen Umweltbereichen realisiert werden. Gestärkt wird eine solches komplementäres Konzept durch den Umstand, dass das ÖSL-Konzept eine Nutzenperspektive einnimmt, alle Nutznießer von Umweltqualitätsverbesserungen angesprochen und auf die Vorteile einer intakten Natur einschließlich des Bodens aufmerksam gemacht werden. Ökonomische Bewertungen können die Zusam- menhänge zwischen Bodenprozessen, -funktionen und Leistungen des Bodens sichtbar machen. Auf diese Weise wird ein direkter Bezugsrahmen zum Wohlergehen der Menschen hergestellt. Freilich setzt dies voraus, dass zum einen die Zusammenhänge zwischen Bodenprozessen und Bodenfunktionen besser verstanden und quantifiziert, zum anderen Bezüge zu den Leistungen für den Menschen herge- stellt werden können. Die Ansätze zu einer Novellierung des Bundesbo- denschutzgesetzes und der Bundesbodenschutz- verordnung sollen weiter vorangetrieben werden. Die Novellierung sollte dabei explizit und viel stärker, als dies in der Vergangenheit der Fall war, auf einen vorsorgenden Bodenschutz ausgerichtet sein. Das ÖSL-Konzept kann hierbei sowohl eine Unterstützung liefern, als auch Richtschnur bei einzelnen Vorgaben sein. Zitierte Literatur Common International Classification of Ecosystem Services – CICES, https://cices.eu/https://cices.eu/ Ehrlich, P. & Ehrlich, A. (1981): Extinction: Causes and Consequen- ces of the Disappearence of Species, Random House, New York. MA – Millennium Ecosystem Assessment (2005): Ecosystems and Human Well-Being – Synthesis, Washington, D. C., Herunter- geladen 18. 1. 2019 (http://www.maweb.org/documents/ document 356.aspx.pdf) Naturkapital Deutschland – TEEB DE (2012): Der Wert der Natur für Wirtschaft und Gesellschaft. Eine Einführung, München, ifuplan; Leipzig, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ; Bonn, Bundesamt für Naturschutz. Naturkapital Deutschland – TEEB DE (2018): Wert der Natur aufzeigen und in Entscheidungen integrieren. Eine Synthese, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leipzig. TEEB (2010): Die Ökonomie von Ökosystemen und Biodiversität: Die ökonomische Bedeutung der Natur in Entscheidungsprozesse integrieren. Ansatz, Schlussfolgerungen und Empfehlungen von TEEB – eine Synthese. Heruntergeladen 18. 1. 2019 (http://www.teebweb.org/Portals/25/TEEB%20Synthesis/ TEEB_Synthesis_german-web%5B1%5D.pdf) ? Unsere Broschüren als Download Kurzlink: bit.ly/2dowYYI www.facebook.com/umweltbundesamt.de www.twitter.com/umweltbundesamt www.youtube.com/user/umweltbundesamt www.instagram.com/umweltbundesamt/ position der kommission bodenschutz beim umweltbundesamt (KBU) // oktober 2019 // Das Konzept der Ökosystemleistungen – ein Gewinn für den Bodenschutz
DATENBLATT NANOPRODUKTE 11. Dezember 2012 Langfassung Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de I 1 Einsatz von Nanoeisen bei der Sanierung von Grundwasserschäden 1 Zusammenfassung Zur Sanierung von Umweltschäden wird die Anwendbarkeit einer Reihe von Nanomaterialien untersucht und erprobt. Erste Erfahrungen bestehen mit der Anwendung von Nanoeisen zur Sanierung von Grundwasserschäden. Der Einsatz von Nanoeisen im Untergrund (in situ) ist ein innovatives Sanierungsverfahren, das sich in Deutschland in der Entwicklung befindet und bisher nur in Einzelfällen angewendet wurde, weshalb der Erfahrungsstand noch relativ gering ist. Das Verfahren wird bisher vor allem bei Grundwasserschäden mit chlorierten Kohlenwasserstoffen angewendet. Unter geeigneten Bedingungen kann es sich durch eine hohe Effektivität und eine kurze Sanierungsdauer auszeichnen. Nach jetzigem Erkenntnisstand ist das Risiko für den Boden und das Grundwasser sowie für aquatische Organismen durch das eingebrachte Nanoeisen als gering einzuschätzen. Es bestehen jedoch Defizite bei der Erfassung des Verbleibs und der Ausbreitung von Nanoeisen im Grundwasser, da mit der verfügbaren Analytik nicht sicher zwischen technisch hergestelltem Nanoeisen und natürlichem Eisen in der Umwelt differenziert werden kann. Für die Beurteilung der Nachhaltigkeit des In-situ-Verfahrens zur Grundwassersanierung existiert noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf – sowohl hinsichtlich der Umweltverträglichkeit als auch in Bezug auf das Umweltentlastungspotenzial im Vergleich zu alternativen Verfahren. 2 Einleitung und Hintergrund Die Nanotechnik gilt als eine der Schlüsseltechniken, deren Innovationsdynamik einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung leisten kann. Unter Umwelt- und Gesundheitsschutzaspekten ist die Nanotechnik hochinteressant, weil sie Umweltentlastungs- und Ressourceneffizienzpotenziale erwarten lässt. Aber es besteht auch die Besorgnis, dass die Freisetzung von Nanomaterialien1 1 Nanomaterialien bestehen aus abgrenzbaren strukturellen Bestandteilen in einer Größenordnung von 1 bis 100 Nanometern (1 nm = 10-9 m) in mindestens einer Dimension [siehe auch die Empfehlung der Kommission vom 18.10.2011 zur Definition von Nanomaterialien (2011/696/EU)]. Nanopartikel sind eine Teilmenge der Nanomaterialien und weisen alle drei Dimensionen o. g. Größenordnung auf. In der Umwelt kommen sowohl natürliche als auch anthropogene Nanomaterialien vor. In der Nanotechnik werden technisch erzeugte Nanomaterialien genutzt. zu schädlichen Umwelt- und Gesundheitswirkungen führen kann. Bei der Bewertung nanotechnischer Verfahren, Anwendungen, Produkte und deren Entsorgung muss dies berücksichtigt werden. 2 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de Das Umweltbundesamt begleitet die umweltrelevanten Entwicklungen der Nanotechnik und nimmt Einfluss auf ihre umwelt- und gesundheitsverträgliche Entwicklung, um die Innovationsdynamik in Richtung jener Techniken und Anwendungen zu lenken, die eine effiziente, aber auch umwelt- und gesundheitsverträgliche Nutzung von Ressourcen aufweisen. Das Umweltbundesamt veröffentlicht Datenblätter für ausgewählte, umweltrelevante nanotechnische Produkte, in denen verfügbare Informationen über Chancen und Risiken ihrer Anwendung dargestellt werden. Das vorliegende Hintergrundpapier stellt die aktuelle Situation zum Einsatz von Nanoeisen2 3 Beschreibung des Einsatzgebietes und Nanoeisenprodukten bei der Sanierung von Grundwasserschäden dar und bildet die Grundlage für das UBA-Datenblatt „Einsatz von Nanoeisen bei der Sanierung von Grundwasserschäden“. Derzeit wird die Anwendbarkeit einer Reihe verschiedenartiger Nanomaterialien wie Zeolithe3, Kohlenstoffnanoröhren (CNT)4, Dendrimere5, SAMMS6 Nanoeisen und Nanoeisenoxid sind für verschiedene technische Anwendungen von Interesse. Erste Berichte der Anwendung datieren aus dem Jahr 1997 (Wang, Zhang 1997). Weithin bekannt ist die medizinische Anwendung von Nanoeisenoxid zur Krebserkennung und gezielten Behandlung (Wärmetherapie). Bei der Verarbeitung von Kunststoffen kann der Zusatz von oxidischen Nanopartikeln als Erwärmungshilfe dienen und auf diese Weise die Produktivität der Kunststoffherstellung erhöhen. In Farben dienen sie der Stabilisierung und Pigmentierung. Beschichtetes oder oberflächenbehandeltes Nanoeisen , Enzyme sowie von Nanopartikeln aus verschiedenen Edelmetallen, Metallen und Metalloxiden unter anderem zur Sanierung von Umweltschäden oder zur Abwasserreinigung untersucht. 7 Erste Erfahrungen lassen erwarten, dass Umweltschäden durch die Anwendung von Nanotechniken besser, schneller und kostengünstiger saniert werden können. wird auch zur Sanierung von Grundwasserschäden und belasteten Böden angewendet. 3.1 Sanierungserfordernis Grundwasserschäden entstehen zum Beispiel durch unsachgemäßen Umgang mit umweltgefährdenden Stoffen, durch Havarien oder durch unsachgemäße Lagerung, Behandlung oder Ablagerung von Abfällen. Zur Grundwassersanierung wurde in der Vergangenheit überwiegend das so genannte Pump-and-Treat-Verfahren angewendet. Dabei wird das verunreinigte Grundwasser über speziell dafür errichtete Sanierungsbrunnen 2 Synonyme für Nanoeisen: nullwertiges Nanoeisen [nanoscale Zero-Valent Iron (nZVI), nanoskaliges nullwertiges Eisen] 3 Zeolithe sind kristalline Alumosilikate, die sich aus den Grundbausteinen SiO4-Tetraeder und AlO4-Tetraeder zusammensetzen. 4 Kohlenstoffnanoröhren (englisch: carbon nanotubes, CNT) sind molekulare Nanoröhren aus Kohlenstoff. 5 Dendrimere: chemische Verbindungen, deren Verzeigungsstruktur einem Baum ähnelt. 6 SAMMS = Self-Assembled Monolayers on Mesoporous Supports 7 als Nanoeisen werden im Weiteren Nanopartikel bezeichnet, bei denen nullwertiges Eisen als Elektronendonator für den Dekontaminationsprozess fungiert Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 3 gefördert und in einer am Standort (on site) installierten Anlage beispielsweise mit Aktivkohle gereinigt. Wegen der oftmals langen Sanierungszeiten und den damit verbundenen hohen Betriebskosten hydraulischer Sanierungsverfahren, bei denen die Sanierungszielwerte häufig nicht erreicht werden konnten, wurden alternative, innovative Verfahren entwickelt. In Deutschland kommen diese bereits seit den 1990er Jahren direkt im Untergrund (in situ) zum Einsatz. Dazu zählen reaktive Reinigungswände (permeable reaktive Barrieren), die von kontaminiertem Grundwasser durchströmt werden und in denen z. B. metallisches granulares Eisen als umweltverträgliches, kostengünstiges Reduktionsmittel verwendet wird. Bei der In-situ-Anwendung von Nanoeisen handelt es sich um eine innovative, noch nicht etablierte Methode zur Grundwassersanierung. Dabei wird speziell behandeltes, hochreaktives Nanoeisen in die gesättigte Bodenzone injiziert, wo es mit den Schadstoffen reagiert. Unter geeigneten Randbedingungen kann die Grundwassersanierung mit Nanoeisen – insbesondere im Vergleich zum Pump-and-Treat-Verfahren – in wesentlich kürzerer Zeit eine deutlich höhere Effektivität aufweisen8 3.2 Behandelbare Schadstoffe . Partikel, bei denen nullwertiges, nanoskaliges Eisen als Elektronendonator für den Dekontaminationsprozess fungiert, werden im Weiteren zusammenfassend als Nanoeisen bezeichnet. Mit Nanoeisen lässt sich ein breites Spektrum von organischen Substanzen behandeln (Zhang 2003; Müller et al. 2006): • halogenierte Methane (Tetrachlormethan, Trichlormethan, Bromchlormethan); nicht jedoch Di- und Chlormethan; • chlorierte Ethene (Tetra- und Trichlorethen, 1,1-Dichlorethen, cis und trans 1,2- Dichlorethen, Chlorethen); • chlorierte Ethane [Hexa- und Pentachlorethan (PCE), 1,1,1,2- und 1,1,2,2- Tetrachlorethan, 1,1,2- und 1,1,1-Trichlorethan (TCE), 1,1-Dichlorethan (DCE)], nicht jedoch 1,2-Dichlorethan; • weitere polychlorierte Kohlenwasserstoffe (wie polychlorierte Biphenyle und polyhalogenierte Dibenzodioxine); • Chlorbenzene (Hexa-, Penta-, Tetra-, Tri- und Dichlorbenzen, Chlorbenzen); • einige halogenierte Herbizide und Pestizide (wie DDT, Lindan); • Pentachlorphenol; • Nitrotoluene [z. B. Trinitrotoluen (TNT)]; • Methyl-tertiär-butylether (MTBE). Aromatische Ringsysteme werden durch Reaktion mit Nanoeisen nicht abgebaut, da das Reduktionsvermögen dafür nicht ausreichend ist (Parbs, Birke 2005). Daher müssen bei der 8 Bei In-situ-Sanierungsverfahren braucht das kontaminierte Grundwasser nicht gefördert und oberirdisch behandelt zu werden; ebenso muss kein verunreinigter Boden ausgehoben und gereinigt werden. 4 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de Behandlung chlorierter aromatischer Verbindungen die als Endprodukte entstehenden dechlorierten Aromaten gegebenenfalls in weitere Sanierungsmaßnahmen eingebunden werden (Müller et al. 2006). Anorganische Ionen und Metalle werden bei Redoxreaktionen mit Nanoeisen in die elementare oder eine unlösliche Form überführt und fallen aus: • metallische und nichtmetallische Anionen [wie Dichromat (Cr2O7)2-, Arsenat (AsO4)3-, Perchlorat (ClO4)-, Nitrat (NO3)-, Selenat (SeO4)2-, Molybdat (MoO4)2-]; • metallische Kationen (z. B. Kadmium, Kobalt, Zinn, Nickel, Blei, Kupfer). Vorwiegend wird Nanoeisen zur Sanierung von Grundwasserschäden durch leicht- und schwerflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe9 3.3 Herstellung und Eigenschaften der Produkte angewendet. Allerdings ist es in jedem Einzelfall erforderlich, die Eignung des Verfahrens nachzuweisen. Nanoeisen kann in sehr unterschiedlichen Formulierungen auftreten. Die Unterschiede ergeben sich vor allem durch den Herstellungsprozess und die Kombination mit anderen Materialien (Köber, Kopinke 2007). Beispielhaft seien genannt: • nullwertiges Nanoeisen (nZVI); • Nanopartikel mit einem Kern aus elementarem (nullwertigem) Eisen und einer Beschichtung aus Eisenoxiden (z. B. RNIPTM)10 • bimetallische Nanopartikel (BNP): mit Katalysatoren (Platin, Palladium, Gold, Nickel) beschichtete Nanopartikel (z. B. NanoFeTM); ; • mit Nanoeisen belegte Mikroaktivkohle (Carbo-Iron®); • PolyMetallixTM -Partikel, die sich als Aggregate oder Komplexe von sphärisch angeordneten Eisenclustern beschreiben lassen. Partikel, die kleiner als 100 nm sind, zeigen knotenähnliche Cluster-Ketten. Nanoeisenpartikel können auf verschiedenen Wegen hergestellt werden (Müller et al. 2006; Köber, Kopinke 2007; ALENCO 2007; Müller, Nowack 2010), so z. B. durch • mechanische Zerkleinerung von grobkörnigem Eisen oder Mikropartikeln; • chemische Reduktion von gelösten Eisensalzen (z. B. Eisenchlorid) mit Natriumborhydrid in Wasser. Die so hergestellten amorphen Partikel werden als Fe/B bezeichnet. Ihre Größe beträgt 10 bis 100 nm (Durchschnittsgröße 50 ± 15 nm), die spezifische Oberfläche beträgt dann 15 bis 50 m2/g; • Reduktion von Eisenoxid über hohe Temperaturen (350 bis 600°C) mit Wasserstoff: Es entstehen reaktive Nanoeisenpartikel (RNIPTM, Fa. TODA KOGYO) mit einer durchschnittlichen Partikelgröße von 70 nm und einer spezifischen Oberfläche von 30 m2/g, die als wässrige Suspension angeboten werden; 9 chlorierte Kohlenwasserstoffe sind häufig auftretende Grundwasserkontaminanten; die Stoffe sind zum Teil persistent, toxisch oder karzinogen. 10 RNIP: reactive nano scale iron particle Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 5 • einen mehrstufigen Reaktionsprozess (ausgehend von FeSO4) mit gezielter Einstellung der Reaktionsbedingungen und einem spezifischen Aufbereitungsprozess; • Erhitzen von Eisenpentacarbonyl auf 200 bis 250°C: Es entstehen Nanoeisen (Teilchengröße etwa 5 nm) und Kohlenmonoxid. Thermisch hergestelltes, fein verteiltes nullwertiges Eisen reagiert an der Luft heftig mit Sauerstoff. Im Untergrund ist die Ausbreitung der Nanoeisenpartikel aufgrund ihrer Adsorption an die Aquifermatrix begrenzt. In der gesättigten Bodenzone beträgt die Reichweite von nicht oberflächenbehandeltem Nanoeisen wenige Millimeter bis zu mehreren Dezimetern. Ursache für eine schnelle Abnahme der Reaktivität ist die Oxidation des Nanoeisens. Darüber hinaus neigen nicht beschichtete Nanoeisenpartikel zur Agglomeration, was ihre Mobilität zusätzlich einschränkt. Um den Transport des Nanoeisens zu den Schadstoffen im Untergrund zu ermöglichen, müssen die Partikel modifiziert werden: • Zur Erreichung einer höheren Mobilität werden die Oberflächeneigenschaften des Nanoeisens durch Zusätze verändert (Schrick et al. 2004). • Die Stabilität von Nanoeisen lässt sich durch Emulgierung oder durch Komplexbildung mit natürlichen organischen Substanzen erhöhen, sodass sich diese Komplexe über längere Distanzen fortbewegen können (Gilbert et al. 2007). • Es werden wässrige Kolloidsuspensionen hergestellt, denen Stabilisatoren zugesetzt werden, um die Stabilität und Mobilität der Nanoeisenpartikel zu verbessern. Die Formulierung der Suspension und die Beimengung von Hilfsstoffen (z. B. Tensiden) verändern die Aggregations- und Transporteigenschaften und haben den größten Einfluss auf die Ausbreitung im Grundwasserleiter (De Boer et al. 2009). • Nanoeisen wird durch Einmischung in ein Öl-Tensid-Gemisch hydrophobisiert (Emulsified Zero-Valent Iron, EZVI). Dieses kann speziell zur Sanierung von Schadstoffherden, die aus nicht wässrigen Phasen (NAPL) bestehen, genutzt werden, da sich die hydrophoben Tröpfchen besser als herkömmliches Nanoeisen mit der NAPL- Phase vermischen (Quinn et al. 2005). Die Formulierung der Suspension und die Beimengung von Hilfsstoffen (z. B. Tensiden) verändert die Aggregations- und Transporteigenschaften (De Boer et al. 2009). • Eine Verbesserung der Mobilität im Untergrund lässt sich erwarten, wenn kolloidale (Mikro)Aktivkohle mit Nanoeisenpartikeln belegt wird (Carbo-Iron®, enth. 20 Gew.-% nullwertiges Nanoeisen), wodurch sich die Adsorptionseigenschaften der Aktivkohle mit der reduzierenden Wirkung von nullwertigem Eisen verbinden, denn Carbo-Iron® mischt sich gut mit NAPL-Phasen 11 Die Reaktivität des Nanoeisens lässt sich beispielsweise durch Oberflächenbehandlung oder Beschichtung (Coating) verbessern: (MacKenzie et al. 2008). Es ist sowohl zur Quellensanierung als auch – aufgrund seiner relativ hohen Mobilität – zum Aufbau von In-situ-Sorptions-Reduktions-Barrieren im kontaminierten Grundwasserleiter geeignet. 11 NAPL: non aqueous phase liquid 6 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de • Nanoeisenpartikel werden mit Katalysatoren beschichtet (z. B. Palladium, Nickel, Platin, Silber, Kupfer), um die Reaktivität gegenüber chlorierten Schadstoffen zu erhöhen. Vermutlich unterstützt das zugesetzte, weniger reaktive Metall die Oxidation des Eisens und den Elektronentransfer oder sie katalysieren, wie im Fall von Palladium, die Chlorabspaltung und Reduktion (U.S. EPA 2008). Diese bimetallischen Nanopartikel (BNP) besitzen eine wesentlich höhere chemische Reaktivität als das reine Nanoeisen. Palladium-Eisen-BNP (99,9 % Eisen, < 0,1 % Palladium) sind kommerziell erhältlich und werden am häufigsten angewendet. BNP zeigten in Tests im Labormaßstab ein doppelt so hohes Abbauvermögen wie reine Nanoeisenpartikel (US EPA 2008). • Nanoeisenpartikel werden mit Überzügen aus Polyelektrolyten12 • Ein Nanoeisenkern wird mit kolloidaler Aktivkohle oder mit eisen- und borhaltigen Oxiden (z. B. kristallinem Magnetit) ummantel. Es entstehen reaktive Partikel mit einer Halbwertszeit von etwa 90 bis 100 Tagen bei einem Gleichgewichts-pH-Wert von 8,9 (Köber, Kopinke 2007). modifiziert (Saleh et al. 2007; Phenrat et al. 2011). Auch können sie z. B. mit Silikat oder Dextran beschichtet werden. Die beschichteten Nanopartikel haben eine negative Oberflächenladung, wodurch die Agglomeration der Partikel verzögert und damit ihre Reaktivität erhöht wird. Auch adsorbieren solche Nanoeisenpartikel besonders an den Grenzflächen zwischen den hydrophoben organischen Kontaminanten (NAPL) und dem Wasser. 3.4 Durchführung der In-situ-Grundwassersanierung 3.4.1 Rechtsrahmen und Voraussetzungen Auf internationaler Ebene ist der Prozess einer Koordination rechtlich verbindlicher Regelungen in Bezug auf die Nanotechnik noch im Aufbau. Die ISO13 OECD und die 14 Die USA zeichnen sich durch eine sehr aktive und strategische Forschungsförderung im Rahmen der National Nanotechnology Initiative aus. Die Anpassung bestehender Regulierungen und Prozesse sowie ein Regulierungsansatz der US EPA sind die aktivsten Foren, um weltweit einheitliche Prüf-, Bewertungs- und Regulierungsprozesse voranzutreiben. 15 12 Polyelektrolyte: wasserlösliche Verbindungen mit großer Kettenlänge ( von 2011, nach dem Nanomaterialien als signifikant neue Verwendungen anzusehen sind, deren Herstellung, Import und Verarbeitung den Behörden angezeigt werden müssten, werden noch kontrovers diskutiert. Bisher enthält keines der relevanten Bundesgesetze nanospezifische Vorgaben (SRU 2011). Polymere), die kationische oder anionische dissoziierbare Gruppen tragen (z. B. Olefin-Maleinsäure-Kopolymer) 13 ISO: Internationale Standardisierungs-Organisation 14 OECD: Organisation zur ökonomischen Zusammenarbeit und Entwicklung 15 US EPA: Environmental Protection Agency Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 7 Auf EU-Ebene ist die Anwendung von Nanoeisen bislang nicht reguliert. Eisen wurde gem. der REACH-Verordnung16 von diversen Unternehmen registriert. Die von der ECHA17 In Großbritannien schlug die Royal Commission on Environmental Pollution u. a. ein verpflichtendes Melderegister für synthetische Nanomaterialien und gesetzliche Mitteilungspflichten bei Gefahrenverdacht vor (RCEP 2008). Die britische Regierung setzt hingegen auf ein freiwilliges Berichtssystem. In ihrer 2010 veröffentlichten Nanotechnologie- Strategie kündigte sie an, das Berichtssystem auf nanomaterialhaltige Produkte auszudehnen (HM Government 2010, in: SRU 2011). veröffentlichten Registrierungsinformationen enthalten keine spezifischen Angaben zu Nanoeisen. Die Genehmigung von Projekten liegt in der Verantwortung der nationalen Behörden auf lokaler oder Länderebene (ObservatoryNANO 2011). Aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen an international operierende Unternehmen setzten viele Unternehmen auf freiwillige Verhaltensregeln, die die verschiedenen rechtlichen Anforderungen zusammenführen (Hessen Nanotech 2011). Die Sanierung schädlicher Bodenveränderungen und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachter Verunreinigungen von Gewässern wird in Deutschland durch das Bundes-Bodenschutzrecht geregelt (§ 4 BBodSchG18: Pflichten zur Gefahrenabwehr; Anhang 3 BBodSchV19 Eine effiziente In-situ-Sanierung ist nicht nur von den Eigenschaften der Nanoeisenpartikel, sondern auch von weiteren Kriterien abhängig, so z. B. von der am Injektionsort vorhandenen Schadstoffmenge, der Zusammensetzung und den Eigenschaften der Suspension oder den hydrogeologischen und hydrochemischen Standorteigenschaften. So ist Nanoeisen bei einem höheren pH-Wert und unter stark reduzierenden Bedingungen länger und stärker reaktiv. Nach ITVA : Anforderungen an die Sanierungsuntersuchung und den Sanierungsplan). Auf der Grundlage einer abschließenden Gefährdungsabschätzung entscheidet die zuständige Behörde, ob und wie eine Grundwasserverunreinigung zu sanieren ist. Die Sanierungsuntersuchung hat zum Ziel, das vorzugswürdige Maßnahmenkonzept abzuleiten. Dieses enthält auch Maßnahmen zur Sanierungskontrolle und, soweit erforderlich, Überwachungsmaßnahmen im Rahmen der Nachsorge. Die Sanierung erfolgt nach diesem einzelfallbezogenen Sanierungs- und Monitoringkonzept. Wenn nach Abschluss der Sanierung ein relevantes Schadstoffpotenzial (Restkontamination) im Untergrund verblieben ist, kann die Behörde Kontrollmaßnahmen anordnen. 20 16 REACH: Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien). REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006: EU-Chemikalienverordnung, die am 1. Juni 2007 in Kraft getreten ist. (2010) ist das Gesamtsystem Boden – Wasser – Schadstoff zu betrachten. 17 ECHA: European Chemicals Agency 18 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten vom 17. März 1998 (BGBl. I S. 502), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214) 19 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 12. Juli 1999 (BGBl. I S. 1554), geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 23. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3758). 20 ITVA: Ingenieurtechnischer Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling e. V. 8 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de Daher müssen für den erfolgreichen Einsatz eines In-situ-Grundwassersanierungsverfahrens verschiedene standortbezogene Voraussetzungen erfüllt und Parameter bekannt sein. Soll Nanoeisen zur Grundwassersanierung eingesetzt werden, sind das insbesondere • geologische, hydrogeologische und hydrochemische Kenndaten; • Ausdehnung und Lokalisierung der Schadstoffquellen und hoch belasteter Bereiche; • Art, Konzentration, Masse und Verteilung der Schadstoffe als Grundlage zur Ermittlung der zu ihrer Reduktion erforderlichen Masse an Nanoeisen; • Faktoren, die die Mobilität des Nanoeisens im Untergrund bestimmen, wie Zusammensetzung und Eigenschaften der Bodenmatrix, bevorzugte Fließpfade, hydraulische Eigenschaften des Aquifers (Fließgeschwindigkeit und Ionenstärke des Grundwassers); • Milieubedingungen und Grundwasserbeschaffenheit (wie pH-Wert, Redoxpotenzial, Konzentration des gelösten Sauerstoffs, Nitrat-, Nitrit-, Karbonat-, Hydrogenkarbonat- und Sulfatkonzentration). Für In-situ-Sanierungsverfahren sind nach ITVA (2010) spezifische Planungsgrundlagen zu beachten. • Eine detaillierte Erkundung des Schadensherdes mit einem kleinskaligen Raster im Meterbereich ist unbedingt erforderlich. • Laborversuche zur Ermittlung des Reduktionsmittelbedarfs, des Stoffumsatzes und der Abbauprodukte sowie zur Transportbestimmung (Reichweitenabschätzung) sind vorzunehmen. • Auf der Grundlage der gewonnenen Daten ist ein Sanierungs- und Monitoringkonzept zu erstellen, das eine Langzeitprognose des Schadstoffabbaus sowie Nachsorgemaßnahmen enthält und von der zuständigen Behörde zu akzeptieren / genehmigen ist. Die Genehmigungsvoraussetzungen und die Art der erforderlichen Genehmigungen (z. B. wasserrechtliche Erlaubnis) sind im Einzelfall mit der zuständigen Behörde abzustimmen. • Pilotinjektionen im Feld zur Bestimmung der Reichweiten und Infiltrationsparameter, des Stoffumsatzes im Feld, der Rekontaminationseffekte und der möglichen Freisetzung von Abbauprodukten oder anderen Stoffen. Weitere Feldversuche, z. B. auch Tracerversuche, sowie versuchsbegleitende Probennahmen und Analytik sind dringend angeraten. Vor einer Anwendung von Nanoeisen müssen auch die Konzentration, der Wasseranteil und der kolloidale Zustand der Suspension im Feldversuch erprobt werden. 3.4.2 Einbringung in den Untergrund Die Anwendung von Nanoeisen (elementarem Nanoeisen oder Aktivkohle-Nanoeisen-Composit- Partikeln) erfolgt in Form einer wässrigen Suspension mit Konzentrationen zwischen ca. 1 g/l und 30 g/l (Müller et al. 2006). Die Suspension wird mithilfe von Injektionspegeln über Packersysteme gezielt in den kontaminierten Bereich des Grundwasserleiters eingebracht. Ziel ist eine gleichmäßige Verteilung der Partikel im Grundwasser und eine “Vermischung“ mit dem Schadstoff (ITVA 2010). Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 9 Abb. 1: Injektion von Nanoeisen zur Grundwassersanierung (nach Tratnyek, Johnson 2006 aus Martens et al. 2010) Wenn die Injektion mithilfe der auch zur Quellenerkundung geeigneten Direct-Push-Technik erfolgt, kann unmittelbar auf Erkundungsbefunde reagiert und auf eine große Zahl von Grundwassermessstellen zur Sanierungskontrolle verzichtet werden (Köber, Kopinke 2007). Die Abstände zwischen den Injektionsstellen richten sich u. a. nach der Korngröße der Bodenmatrix und betragen zumeist einen bis wenige Meter. Eine effektive Sanierung ist meist nur mit mehreren Injektionen erreichbar (Gavaskar et al. 2005; Lorenz et al. 2008). Die Reaktionszeit beträgt mehrere Tage bis Wochen (max. etwa ein halbes Jahr). Zum Ausbreitungsradius der Nanoeisenpartikel gibt es in der Literatur keine gesicherten Angaben (mehrere Meter bis –zig Meter). 3.4.3 Chemische Reaktionen Nanoeisen besitzt eine 10- bis 1000fach höhere Reaktivität als granulares Eisen. Die Partikeldurchmesser betragen 5 bis 100 nm (zum Vergleich: Feinporen < 200 nm, granulares Eisen 500.000 nm). Die höhere Reaktivität des Nanoeisens wird durch die große spezifische Oberfläche im Verhältnis zum Partikeldurchmesser hervorgerufen (Tabelle 1). Tab 1: Partikeldurchmesser und spezifische Oberfläche von Nano-, Mikro- und Granulareisen (Müller et al. 2006) Nanoeisen 1) Mikroeisen 1) Granulares Eisen 2) Partikeldurchmesser (nm) 10 (5 3))-100 150.000 500.000 spezifische Oberfläche (m2/g) 30 (10-50 4)) 0,1 - 1 0,04 Quellen: 1) Nurmi et al. 2005 2) Huang et al. 2003 3) Müller, Nowack 2010 4) U.S. EPA 2008 Elementares, nullwertiges Nanoeisen ist ein effektives Reduktionsmittel, das bei Reduktion des Reaktionspartners zu Fe(II) oxidiert. Es kann als Elektronendonator für Dekontaminationsprozesse (z. B. für die Dechlorierung von chlorierten Kohlenwasserstoffen) Behandeltes Grundwasser Reaktive Zone Kontaminiertes Grundwasser Grundwasserströmung Korn- gerüst Injektion von Nanoeisen 10 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de fungieren. Im Grundwasser reagiert es mit gelöstem Sauerstoff (ggf. auch mit Sulfat und Nitrat) und Wasser unter Bildung von Eisen- (Fe2+) und Hydroxidionen (OH)- (Parbs, Birke 2005): 2 Fe0 + O2 + 2 H2O ? 2 Fe2+ + 4 (OH)- Im Einflussbereich der Injektionsstelle steigt in schwach gepufferten Systemen kurzzeitig der pH-Wert, das Redoxpotenzial nimmt deutlich ab. Der Anstieg des pH-Wertes führt zu einer Verschiebung des Karbonatgleichgewichts hin zum (CO3)2- und fördert die Fällung von Karbonaten (im Wesentlichen CaCO3 und FeCO3). Dadurch verringert sich die Grundwasserhärte unter neutralen bis basischen Bedingungen. Neben Eisenkarbonaten können Eisenoxide, Eisenhydroxide oder Eisensulfide entstehen, die gleichfalls ausfallen. Sobald Sauerstoff, Sulfat und Nitrat aufgebraucht sind, entstehen bei der Reaktion des Nanoeisens mit dem Wasser Eisenionen (Fe2+), Wasserstoff (H2) und Hydroxidionen (OH)-: Fe0 + 2 H2O ? Fe2+ + H2 + 2 (OH)- Infolge dessen bilden sich anaerobe Verhältnisse heraus, unter denen das restliche Nanoeisen mit den Schadstoffen reagieren kann: R-X + Fe0 + H2O ? R-H + Fe2+ + (OH)- + X- (X = z. B. Cl) Als Endstufe des Abbaus chlorierter Kohlenwasserstoffe bilden sich Kohlendioxid (CO2), Wasser (H2O) und lösliche Chlorsalze. Bei der Reaktion des Nanoeisens mit Metallionen bilden sich unlösliche Salze, z. B. Karbonate oder Sulfide, die ausfallen oder an neugebildete Eisen(hydr)oxide sorbieren. Chrom(VI) als Chromat (CrO4)2- wird über die Reaktion mit Nanoeisen zu Chrom(III) reduziert, das anschließend als Chromit ausfällt (ITVA 2010). Arsen(III)- und Arsen(V)-Ionen adsorbieren spontan an den bei der Korrosion des nullwertigen Eisens gebildeten Eisenoxiden /- hydroxiden und werden durch nachfolgende Korrosionsschichten eingeschlossen (Kanel et al. 2005). Die sich im Untergrund einstellenden reduzierenden Verhältnisse können anaerobe mikrobielle Abbauprozesse (reduktive Dechlorierung) fördern: Der aus der Eisen-H2O-Reduktion entstandene Wasserstoff kann LCKW21 Bei drei dokumentierten Fällen wurden in den ersten Wochen nach der Injektion der Suspension Schadstoffreduktionsraten bis über 90 % ermittelt. Die Sanierungsdauer betrug 30 bis 111 Tage (Lorenz et al. 2008). In Feldversuchen betragen realistische Abbauraten innerhalb eines Jahres zwischen 60 und 80 %. Eine Schadstoffverminderung bis zu 99 % konnte in einigen Projekten und in Batchversuchen erreicht werden (Müller, Nowack 2010). -verwertenden Mikroorganismen als Elektronendonator zur Verfügung stehen. Durch die Verringerung der Schadstoffkonzentration in den Hochlastbereichen kann sich die biologische Aktivität noch erhöhen (Alvarado et al. 2010). 3.4.4 Sanierungskontrolle und Überwachung Der Sanierungsverlauf wird an repräsentativen Grundwassermessstellen (Monitoringbrunnen) kontrolliert. Dazu wurde eine Messtechnik entwickelt, die es erlaubt, die Injektion der Nanoeisensuspensionen kontinuierlich zu überwachen und so die Eisenausbreitung zeitlich zu verfolgen (De Boer et al. 2009). 21 LCKW: leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe – Derivate von Methan, Ethan und Ethen Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 11 • Der Abbau der chlorierten Kohlenwasserstoffe wird nachgewiesen, indem Art und Menge der Abbauprodukte sowie andere Parameter überwacht werden: • Abbauparameter (wieTrichlorethylen, cis- und trans-1,2-Dichlorethylen, Vinylchlorid, Chlorid, Ethen, Methan, gelöster organisch gebundener Kohlenstoff); • Veränderungen der hydrochemischen Parameter wie Nitrat, Sulfat, Sauerstoff, Eisengesamt, Eisen(II), Mangan; • physikalische Feldparameter wie Redoxpotenzial, pH-Wert und elektrische Leitfähigkeit. Wenn nach der Grundwassersanierung eine relevante Restkontamination im Untergrund verblieben ist und es beispielsweise zu Reboundeffekten22 Bislang wurden weder eine Schadstoffmobilisierung noch eine Anreicherung chlorierter Abbauprodukte oder eine Ausbreitung in andere Umweltmedien nachgewiesen. kommen kann, sollte die Dauerhaftigkeit des Sanierungserfolgs überwacht werden. 3.5 Besonderheiten und Limitierung des Verfahrens Der Ausbreitungsradius der Nanoeisensuspension hängt insbesondere von der Konzentration des Nanoeisens, der hydraulischen Durchlässigkeit des Untergrundes (Korngrößenverteilung des Aquifers, bestehende Fließwege), der Fließgeschwindigkeit des Grundwassers, dem Injektionsdruck sowie der Injektionsrate und –dauer ab (Müller et al. 2006, De Boer et al. 2007). Die Effizienz des Verfahrens ist limitiert durch • eine unzureichende Kenntnis der Aquiferbeschaffenheit, der bevorzugten Fließwege und des Schadensherdes; • eine ungleichmäßige Verteilung des Nanoeisens im Grundwasser durch Agglomeration der Nanopartikel oder -kolloide sowie ihre starke Adsorption an die Bodenmatrix; • die Schadstoffkonzentration in der gesättigten Bodenzone; • die Reaktion des Nanoeisens auch mit Wasserinhaltsstoffen wie Nitrat, Sulfat oder Sauerstoff; • standortspezifische Nebenreaktionen (wie das Absinken des Redoxpotenzials und eine Verringerung der Grundwasserhärte unter pH-neutralen oder basischen Bedingungen). Ein unerwünschter Effekt entsteht, wenn agglomerierte Nanopartikel die Poren der Bodenmatrix verstopfen und dadurch ein Durchströmen des kontaminierten Grundwassers verhindern. 3.6 Stand der Verfahrensanwendung Eine „Auswertung internationaler Fachliteratur zu In-situ-Anwendungen in der gesättigten Zone bei der Altlastenbearbeitung“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) (Lorenz et al. 2008) befasste sich mit Sanierungsfällen, bei denen physikalische, chemische und biologische In-situ-Verfahren zum Einsatz kamen. In 7 % der 94 ausgewerteten 22 Reboundeffekt: Wiederanstieg der Schadstoffkonzentration nach Unterbrechung oder Abschluss einer Dekontaminationsmaßnahme aufgrund von Desorptionsprozessen 12 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de Sanierungsprojekte wurde Nanoeisen angewendet. Besonders in Nordamerika ist die Entwicklung der Nanoeisentechnologie bereits in vollem Gange (siehe Anhang, Anwendungsbeispiele): In den USA wurde bei 10 % aller Boden- und Grundwassersanierungen Nanoeisen eingesetzt, während in Europa dies nur in wenigen Fällen geschah (ObservatoryNANO 2011). In Deutschland befindet sich das Verfahren noch in der Entwicklung, weshalb der Erfahrungsstand gering ist. Eine Erhebung des Altlastenausschusses (ALA) der LABO über durchgeführte und laufende In-situ-Sanierungsmaßnahmen im gesättigten Bereich und über MNA-Konzepte23 wurde fortgeschrieben (ALA 2009). Der unveröffentlichte Bericht enthält Angaben zu 269 In-situ-Fällen (+88 % im Vgl. zur Erhebung von 2007)24 Nach einer Länderumfrage des ALA zur In-situ-Anwendung von Nanoeisen im Zusammenhang mit Altlastensanierungen (UBA 2010) gab es in fünf Bundesländern keine diesbezüglichen Erfahrungen. In einem Bundesland fand ein Laborversuch mit negativem Ergebnis statt (anstelle eines relevanten Schadstoffabbaus erfolgte ein Übergang der LCKW in die Gasphase). In einem anderen Bundesland wurden mehrere Versuche im Technikumsmaßstab durchgeführt. In einem Bundesland fand eine Testinjektion statt, ein Bundesland unternahm einen Pilotversuch zur Sanierung von Kontaminationen im Übergangsbereich von der ungesättigten zur gesättigten Bodenzone und ein Bundesland benannte eine großtechnische Anwendung, die 2006 erfolgte (siehe Anhang, Anwendungsbeispiele). . Die Fälle mit Nanoeisen (4 Fälle, +33 % im Vgl. zur Erhebung von 2007) betreffen ein aufgegebenes Vorhaben, Vorstudien zur Prüfung der Anwendbarkeit des Verfahrens, eine abgeschlossene Anwendung zur Optimierung einer Pump-and-Treat-Grundwassersanierung sowie eine weitere abgeschlossene Anwendung. 3.7 Kosten Die Kosten einer LCKW-Grundwassersanierung mit Nanoeisen hängen stark von den Randbedingungen des Einzelfalles ab (Rissing 2007): • Ausmaß und Tiefenlage des Schadensherdes; • Schadstoffmasse; • Inhomogenität und Durchlässigkeit der zu behandelnden Matrix; • Sanierungsziel; • Umfang der Auflagen für Sicherung und Überwachung; • Wassereinleitungsmöglichkeiten; • Umfang der Abwasser-/Abluftbehandlung; • Nachsorgekosten. 23 MNA: Monitored Natural Attenuation (Überwachung der natürlichen Schadstoffminderung) 24 Der Einsatz chemischer Verfahren und Verfahrenskombinationen nahm am stärksten zu (45 Fälle, + 221 %). Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 13 Unter der Voraussetzung, dass die Eignung des Verfahrens im konkreten Fall nachgewiesen wurde, kann sich im Vergleich mit anderen Grundwassersanierungsverfahren (insbesondere mit On-Site-Verfahren) der Einsatz von Nanoeisen als deutlich kostengünstiger erweisen25 4 Umweltverhalten und Umweltwirkungen . 4.1 Verhalten in Boden und Grundwasser Im Unterschied zum geschlossenen Einsatz von Nanopartikeln, wie in technischen Filtersystemen zur Abwasserbehandlung, wird Nanoeisen zur Grundwassersanierung direkt (umweltoffen) in den Grundwasserleiter eingebracht. Aufgrund seiner schlechten Dispergierbarkeit, rascher Agglomeration/Aggregation sowie Wechselwirkungen mit der Matrix des Untergrundes wird die Beweglichkeit von unbehandeltem Nanoeisen generell als gering eingeschätzt (Phenrat et al. 2007). Zur Verbesserung der Sanierungseffektivität wurden Methoden entwickelt, die die Beweglichkeit und Stabilität der Partikel verbessern und ihre Reaktivität erhöhen (s. Abschn. 3.3).26 Das Risiko für den Boden und das Grundwasser wird als gering eingeschätzt (Lorenz et al. 2008), da das reaktive nullwertige Nanoeisen relativ schnell zu ungefährlichem Fe(II) oxidiert wird. Unter Standardumweltbedingungen oxidiert Eisen(II) im Grundwasser spontan in Eisen(III) und fällt als Eisenhydroxid (Rost) und Eisenoxid aus. Eisen kommt natürlicherweise in der Umwelt vor. Während der geogene Gesamteisengehalt in Böden in der Größenordnung von 5 bis 50 g/kg liegt (überwiegend in Form von Hydroxiden, Oxiden und Sulfiden), liegen in Lockergesteinsaquiferen die natürlichen Eisenkonzentrationen des Grundwassers zumeist zwischen 0,1 und 10 mg/l. Die Eisenkonzentration der Suspension führt nur lokal und geringfügig zu einer Erhöhung des natürlichen Eisengehaltes. Dass sich die Nanoeisenpartikel mit dem Grundwasser über ihren begrenzten Einsatzort hinaus weiter ausbreiten, wird als eher unwahrscheinlich angesehen. Ob durch den Einsatz von Nanoeisen bei der In-situ-Sanierung tatsächlich Umweltrisiken entstehen, lässt sich nur vorläufig bewerten. Derzeit gibt es noch keine validierten Verfahren zum separaten Nachweis von technisch hergestelltem Nanoeisen, weshalb sein Verhalten und der Verbleib in der Umwelt nicht sicher überwacht werden können. Auch sind Einflussparameter und Zeiträume für die biotische und abiotische Transformation des reaktiven Nanoeisens nach der Injektion noch nicht bekannt, vor allem bei oberflächenmodifiziertem Nanoeisen. 25 aktuelle Zahlenangaben sind nicht verfügbar 26 Das BMBF fördert derzeit im Rahmen seines Schwerpunktes "NanoNature: Nanotechnologien für den Umweltschutz - Nutzen und Auswirkungen" innerhalb des Rahmenprogramms "Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft" (WING) das Verbundprojekt NAPASAN (Nanopartikel zur Grundwassersanierung) (BMBF 2011). Ziel des Projektes ist es, Herstellungsprozesse von Nanopartikeln (Eisen und Nichteisenmetallen) unter Berücksichtigung von abzureinigenden Schadstoffen und ökonomischen Gesichtspunkten weiter zu entwickeln. Unter anderem sollen Nanoeisenpartikel so modifiziert werden, dass ihr Transport in der gesättigten Bodenzone ermöglicht und ein Kontakt mit den Schadstoffen und damit deren Abbau gewährleistet wird. Des Weiteren werden eine Injektionstechnologie, Nachweismethoden für Nanopartikel im Untergrund sowie Modelle zur Prognose ihrer Ausbreitung entwickelt. 14 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 4.2 Ökotoxikologie Die von der European Chemicals Agency (ECHA) veröffentlichten Daten aus dem Registrierungsdossier für Eisen beziehen sich lediglich auf die Wirkungen von Eisen (ohne die Nanoform) und von Eisensalzen (Einstufung als gering toxisch). Derzeit liegt nur eine eingeschränkte Anzahl von Studien über die ökologischen Wirkungen von Nanoeisen und Nanoeisenoxid vor. Bisher wurden vor allem schädigende Effekte auf Mikroorganismen untersucht. Diese Laborexperimente wurden zumeist mit Belastungskonzentrationen in Größenordnungen von mg/l bzw. mg/kg durchgeführt und stellen somit vermutlich keine realitätsnahen Expositionsszenarien mit Nanoeisen und Nanoeisenoxid dar. So kann Nanoeisen bei Bakterien (Escherichia coli) konzentrationsabhängig zytotoxische Effekte hervorrufen, die auf oxidativen Stress und/oder eine Störung der Elektronen- bzw. Ionentransportketten zurückgeführt werden (Auffan et al. 2008). Ebenso fanden sich toxische Wirkungen von Nanoeisen auf E.coli unter anaeroben Bedingungen (Li et al. 2010). Den deutlich geringeren Effekt unter aeroben Bedingungen führen die Autoren auf eine vollständigere Oxidation des Nanoeisens zurück. Beschichtetes Nanoeisen zeigte in dieser Studie eine ebenfalls stark reduzierte Toxizität, die sich vermutlich auf die geringere Anhaftung und damit Verfügbarkeit der Partikel zurückführen lässt. Darüber hinaus wurde der Einfluss von Nanoeisen auf die Populationsdichte, Zusammensetzung oder biochemische Aktivitäten mikrobieller Gemeinschaften untersucht (Kirschling et al. 2010; Cullen et al. 2011). Hinweise auf Störungen der mikrobiellen Gemeinschaft wurden nicht gefunden. Im Biolumineszenztest mit dem marinen Bakterium Photobacterium phosphoreum führte die Exposition gegenüber Nanoeisenoxid nicht zur Hemmung der Biolumineszenz (Barrena et al. 2009). Die Exposition einer anaeroben mikrobiellen Gemeinschaft gegenüber Nanoeisenoxidpartikeln zeigte im Vergleich zu einer Kontrolle keine Abnahme der Biogasproduktion. Bei Versuchen an Embryonen und ausgewachsenen Fischen des japanischen Reiskärpfling (Oryzias latipes) führte Nanoeisen zu Störungen desjenigen Abwehrsystems, das dem Abbau von oxidativem Stress dient. An Kiemen und Darm wurden histopathologische Änderungen beobachtet (Li et al. 2009). Darüber hinaus wurde in einer weiteren Studie gezeigt, dass Nanoeisen auf die Spermien von Muscheln tödlich wirken kann. Dieser toxische Effekt erhöhte sich bei Stabilisierung des Nanoeisens durch eine Polyacryl-Beschichtung (Kadar et al. 2011). Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Nanoeisen nach seiner Einbringung in das kontaminierte Grundwasser bis in oberirdische Gewässer ausbreitet und aquatische Organismen wie Wirbellose oder Fische in wirkungsrelevanten Konzentrationen exponiert sein könnten, wird trotz der spärlichen Datenlage als gering eingestuft. Aufgrund der kurzen Lebensdauer von Nanoeisen ist das Risiko einer Beeinflussung von Oberflächengewässern über den Grundwasserpfad und damit eine potenzielle Schädigung von dort lebenden Wasserorganismen als gering einzuschätzen. In dem sehr unwahrscheinlichen Fall einer Exposition über den Wirkungspfad Grundwasser – oberirdische Gewässer müssten auch Sedimentorganismen in die ökotoxikologische Bewertung von Nanoeisen einbezogen werden. Solange keine ökotoxikologischen Daten zur potenziellen Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 15 Wirkung von Nanoeisen auf diese Organismen vorliegen, sollte von einer In-situ-Sanierung von belasteten Sedimenten mit Nanoeisen abgesehen werden. Die Bewertung der Relevanz ökotoxikologischer Befunde ist schwierig, da sich die in den Studien untersuchten Expositionskonzentrationen nur schwer in Relation zu den am Sanierungsort injizierten Mengen an Nanoeisen setzen lassen. Aufgrund der geringen Erfahrung mit Nanoeisen ist nicht zu prognostizieren, ob eine relevante Exposition der Organismen stattfindet. Darüber hinaus sind die eingesetzten Stabilisatoren von Bedeutung, die das Verhalten des Nanoeisens stark beeinflussen können (Baumann et al. 2010, Barrena et al. 2009). Zu Langzeiteffekten in der Umwelt bestehen bislang Wissensdefizite. Auf Grundlage der verfügbaren Studien wird die akute ökologische Gefährdung als gering eingeschätzt. Die ökotoxikologische Relevanz von Nanoeisen und Nanoeisenoxiden ist dem zu erwartenden Nutzen für die Umwelt durch die Sanierung von Grundwasserschäden gegenüberzustellen und abzuwägen. 5 Gesundheitliche Aspekte Während Aufnahme und Resorption von Eisen bekannt sind, liegen spezielle Untersuchungen zu Nanoeisen- und Nanoeisenoxidpartikeln nicht vor (SRU 2011). Der Einfluss von Partikelform und -größe auf die Toxizität von Nanoeisenoxidpartikeln ist weniger bedeutsam als die chemische Zusammensetzung der Partikel in der Hülle (z. B. Eisenoxid) und dem Kern (z. B. elementares Eisen). Die Beschichtung von Nanoeisenoxidpartikeln, z. B. mit Silikat oder Dextran, kann deren geringe akute bzw. subakute Toxizität weiter mindern. Nach einer Inhalation sowie Instillation ist das Zielorgan für Schadwirkungen vor allem die Lunge. Zudem treten systemische Effekte auf. Bemerkenswert ist, dass bereits die kurzzeitige inhalative Aufnahme von moderaten Partikelkonzentrationen zu Effekten in der Lunge führen kann. Da die Partikel im Untergrund zur Agglomeration neigen und das nullwertige Nanoeisen relativ schnell zu ungefährlichem Fe(II) oxidiert wird, ist daraus keine besondere Gefährdung abzuleiten (Tratnyek, Johnson 2006; Lorenz et al. 2008). Die wässrige Nanoeisensuspension kann aufgrund ihrer basischen Eigenschaften (pH 11) Augen und Haut reizen. Auch wegen der hohen Reaktivität von Nanoeisen sind beim Materialtransport und bei der Handhabung die jeweils aktuellen Sicherheitsdatenblätter sowie weitere besondere Sicherheitsvorschriften zu beachten. Bei ordnungsgemäßem Umgang mit der Nanoeisensuspension vor und bei ihrem Einbringen in den Grundwasserleiter, bei einer fachgerechten, dem Grundwasserschaden angemessenen Dosierung sowie aufgrund der Eigenschaften des Nanoeisens ist das Risiko einer unmittelbaren Exposition des Menschen sehr gering. Das gilt auch für den theoretisch möglichen Fall einer Ausbreitung von (technisch mobilisierten) Partikeln im Grundwasserleiter oder eines Transfers in benachbarte Aquifere. 16 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 6 Nutzen- und Risikobetrachtung Die von der European Chemicals Agency (ECHA) veröffentlichten Daten aus dem Registrierungsdossier für Eisen beziehen sich lediglich auf die Wirkungen von Eisen (ohne die Nanoform) und Eisensalzen (Einstufung als gering toxisch). Die NanoKommission der Bundesregierung hat in ihren Berichten (BMU 2008, 2011) Vorschläge zur Bewertung von Nanoprodukten gemacht. Auch wenn hier nicht konkret Nanoeisen angesprochen wird, werden Kriterien genannt, die zur Bewertung herangezogen werden können. Der Bericht von 2008 enthält als „Entlastungskriterien“: „gute Löslichkeit (in Wasser…), wenn dadurch die Nanoeigenschaften verloren gehen“, „schnelle Abbaubarkeit … in nicht toxische Abbauprodukte“ und „Agglomerationsverhalten: Bildung großer, stabiler Agglomerate“. Als „Besorgniskriterien“ werden genannt: „Gezielte Freisetzung (z. B. Grundwassersanierung…)“ aber auch die „Persistenz der Nanoeigenschaften“ sowie „hohe Mobilität in der Umwelt (Ferntransport), Persistenz in Wasser, Löslichkeit in Wasser“. Der Bericht von 2011 geht nicht über diesen Konkretisierungsgrad hinaus, betont aber erneut die Bedeutung der Expositionswahrscheinlichkeit für die Risikobewertung. Nanoeisen kann in der gesättigten Bodenzone sowohl zur Sanierung von Schadstoff-quellen als auch von Schadstofffahnen (in denen die Stoffe gelöst vorliegen) eingesetzt werden. Unter der Voraussetzung, dass im konkreten Schadensfall die In-situ-Anwendung von Nanoeisen zur Grundwassersanierung geeignet ist, können sich Sanierungserfolge bereits nach einigen Wochen einstellen. Im Vergleich zu herkömmlichen Sanierungsverfahren wie Pump-and-Treat oder zu anderen In-situ-Verfahren wie permeablen reaktiven Wänden dürfte sich das positiv auf die Sanierungskosten auswirken. Das gilt auch für den Fall einer Kombination mit einem etablierten Verfahren (z. B. differenziert nach Schadstoffquelle und -fahne): Eine Injektion von Nanoeisen in die Schadstoffquelle kann deren Lebensdauer reduzieren und ggf. die Sanierungsdauer verkürzen. Der ITVA (2010) betrachtet Aussichten auf eine erfolgreiche Sanierung mithilfe von Nanoeisenpartikeln momentan jedoch sehr kritisch, da bei der Injektion eine homogene Verteilung der Partikel noch nicht gewährleistet werden kann. In Zukunft ist zu prüfen, wie das Umweltentlastungspotenzial dieses In-situ- Sanierungsverfahrens im Vergleich zu anderen (in situ und on site) Verfahren zu bewerten ist. Als Kriterien sind die Einsparung von Energie und Ressourcen (z. B. geringerer Materialeinsatz), die deutlich geringeren Abfallmengen (z. B. keine verbrauchte Aktivkohle), die Emissionsminderung umweltgefährdender Stoffe sowie ggf. die geringere Beeinträchtigung weiterer Schutzgüter, betroffener Dritter und zukünftiger Nutzungen einzubeziehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Einsatz von Nanoeisen bei der Grundwassersanierung mit unvertretbaren negativen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden ist, wird als gering eingeschätzt. Da aber über das langfristige Verhalten, Verbleib und Wirkung von Nanoeisen im Untergrund noch zu wenig bekannt ist, kann eine weitergehende Umweltrisikoabschätzung bislang nicht vorgenommen werden. Für eine abschließende Bewertung des Einsatzes von Nanoeisen bei der Grundwassersanierung sind daher weitere Erfahrungen sorgfältig auszuwerten. Geeignete Standortbedingungen vorausgesetzt, ist es nach Auffassung des Umweltbundesamtes vertretbar, reaktive Nanoeisenpartikel in räumlich begrenzten Einsatzorten zur Sanierung von Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 17 Grundwasserschäden zu erproben. Eine sorgfältige Überwachung sollte die Sicherheit der Anwendung kontrollieren und dem Erkenntnisgewinn dienen. 7 Forschungs- und Entwicklungsbedarf Hinsichtlich des Umweltverhaltens von Nanoeisen und Nanoeisen enthaltenden Produkten, ihrer Auswirkungen auf die Umwelt sowie hinsichtlich der Optimierung der Produkteigenschaften und des Produkteinsatzes besteht folgender Forschungs- und Entwicklungsbedarf: • Entwicklung geeigneter Mess-, Prüf- und Analysenmethoden für Expositionsmessungen von Nanoeisen in Wasser und Boden; • Untersuchungen zum Langzeitverhalten des Nanoeisens, der Formulierungsmittel (wie Öle, Tenside) und des dotierten und beschichteten Nanoeisens im Untergrund im Hinblick auf Transport und Ausbreitung in porösen Medien und im Grundwasser sowie hinsichtlich ihrer Bindung an natürliches organisches Material und ihrer möglichen Remobilisierung; • Bestimmung und Quantifizierung der standort- und partikelspezifischen Einflussfaktoren auf das Transportverhalten der Nanopartikel; • Schaffung von Datengrundlagen für im Feldeinsatz erreichbare größere Ausbreitungsreichweiten und für länger andauernden Schadstoffabbau sowie von Prognosemodellen für die Anwendungsoptimierung; • Entwicklung von Produkten auf der Basis von Nanoeisen (z. B. Kompositmaterialien) mit optimierten und kontrollierbaren Partikeleigenschaften (wie Reaktivität, Stabilität, Mobilität, Sedimentationsverhalten, Zusammenspiel von Sorption und Reaktion); • Nachweis der langfristigen Wirksamkeit der In-situ-Sanierung; • Durchführung von Kombinationstests mit unterschiedlichen Schadstoffen zur Untersuchung der Wirksamkeit der In-situ-Sanierung mit Nanoeisen; • (Weiter-)Entwicklung von Testrichtlinien, die die Vergleichbarkeit von Untersuchungsergebnissen zur Wirkung von Nanoeisen auf Organismen und zum Verhalten von Nanoeisen in der Umwelt sicherstellt; • Entwicklung aktuell nutzbarer Bewertungsstrategien im Hinblick auf einen vorsorgenden Umweltschutz (ggf. auch Gesundheitsschutz); • Durchführung von Risiko-Nutzen-Analysen; • ökobilanzielle Betrachtungen. 8 Fazit und Votum Grundsätzlich sind neuartige Anwendungen dem Vorsorgeprinzip entsprechend intensiv in Einzelfallprüfungen zu untersuchen, bevor über ihre allgemeine Praxiseinführung entschieden wird. Nur eine umfassende Risikobewertung kann eine Besorgnis ausschließen oder wenigstens auf ein vertretbares Maß reduzieren. Für das Umweltbundesamt ist die Umweltverträglichkeit von Nanomaterialien ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Diskussion der Chancen und Risiken dieser neuen Technologie. Dies gilt 18 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de besonders dann, wenn Nanomaterialien, wie bei der In-situ-Grundwasser-sanierung, gezielt in die Umwelt freigesetzt werden. Zum Verhalten und zur Wirkung von Nanoeisen in der Umwelt gibt es erst wenig Erfahrung. Nach Auswertung der vorliegenden Informationen ergibt sich nach Ansicht des Umweltbundesamtes aus dem Einsatz von Nanoeisen zur Sanierung von Grundwasserschäden kein relevantes nanospezifisches Risiko. Relevante Schadwirkungen auf die belebte Umwelt sind durch den Einsatz von Nanoeisen nicht zu erwarten. Jedoch könnten Zubereitungen aus Nanoeisen gefährliche Stoffe als Mischungskomponenten enthalten. Mit Bezug auf den aktuell begrenzten Wissensstand ist dafür Sorge zu tragen, dass sich Nanoeisen über seinen räumlich begrenzten Einsatzort bei Grundwassersanierungen hinaus nicht ausbreiten kann und insbesondere nicht in andere Aquifere gelangt. Das Umweltbundesamt empfiehlt die Entwicklung spezieller Mess- und Analytikmethoden, die eine bessere Risikoabschätzung und eine Überwachung des Verfahrens ermöglichen. Der Einsatz von Nanoeisen zur Grundwassersanierung ist durch ein Monitoring zu begleiten und die Dauerhaftigkeit des Sanierungserfolges ist sicherzustellen. Darüber hinaus sollten In-situ-Sanierungsverfahren mit Nanoeisen hinsichtlich ihrer Effektivität als auch hinsichtlich ihres Umweltentlastungspotenzials mit etablierten Sanierungsverfahren verglichen werden. Dabei sind auch der verfahrensbedingte Einsatz von Energie und Rohstoffen, entstehende Abfallmengen, Emissionen umweltgefährdender Stoffe sowie mögliche Beeinträchtigungen weiterer Schutzgüter, betroffener Dritter und zukünftiger Nutzungen einzubeziehen. Das Umweltbundesamt wird die Entwicklung von Produkten, die Nanoeisen enthalten und zur Sanierung eingesetzt werden, weiter verfolgen. Der Informationsaustausch zwischen Forschern, Produktentwicklern, Sanierern und Entscheidungsträgern sollte – auch im Interesse des Umweltschutzes – kontinuierlich weitergeführt werden. Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 19 Anhang 1 Anwendungsbeispiele Die Zahl der Forschungsprojekte, in denen der Einsatz von Nanoeisenprodukten zur Grundwassersanierung getestet wird, steigt ständig. Die Anwendbarkeit des Verfahrens wird auf Standorten mit unterschiedlichen hydrogeologischen Bedingungen untersucht. So können Aussagen über die Machbarkeit der Sanierung unter verschiedenen Bedingungen getroffen werden. In den USA wird bei 10 Prozent aller Boden- und Grundwassersanierungen Nanoeisen eingesetzt, während in Europa dies nur in wenigen Fällen geschieht (ObservatoryNANO 2011). Liste von Geländeversuchen mit Nanopartikeln in USA und Kanada: http://cluin.org/products/nanozvi Karte von Geländeversuchen in den USA und Europa (bis 2008): http://www.nanotechproject.org/inventories/remediation_map/ Praxisbeispiele in den USA • Sanierung auf einem Industriegelände in Trenton, New Jersey, USA (Elliott, Zhang 2001): 1, 7 kg bimetallischer Nanopartikel (Fe-Pd; Partikelgröße 100 bis 200 nm) wurden an zwei Tagen in einen mit TCE (400 bis 800 µg/l) kontaminierten Untergrund injiziert (1. Tag: 890 Liter einer Suspension mit 1,5 g/l, d. h. 1,34 kg Nanopartikel; 2. Tag: 450 l einer Suspension mit 0,75 g/l, d. h. 0,34 kg Nanopartikel). Innerhalb von vier Wochen wurden 1,5 bis 96,5 % des TCE abgebaut, wobei die höchste Effizenz in unmittelbarer Nähe der Injektionsstelle erzielt wurde. • Sanierung auf einem Gelände in Durham, North Carolina, USA (Zhang 2003): Hier wurden im Jahr 2002 insgesamt 6.056 l einer Suspension (1,9 g/l Nanoeisen in Trinkwasser, also 11,2 kg Nanoeisen) in einen mit flüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (14.000 µg/l) kontaminierten Untergrund injiziert. Wenige Tage später waren 90 % der VOC abgebaut. Sechs Wochen später war die Konzentration der Abbauprodukte PCE, TCE und DCE unter die Standard-Qualität des Grundwassers gesunken. Die Einflussradius der Injektion betrug ungefähr 6 bis 10 m. • Sanierung in Hamilton Township, New Jersey, USA (Varadhi et al. 2005): Zu Beginn der Sanierung wurden 1,6 g/l flüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (VOC = TCE und Abbauprodukte) ermittelt. Es erfolgte eine zweimalige Injektion mit einem Nanoeisen-Wasser-Gemisch (NanoFe PlusTM, bis zu 30 g/l). Nach der zweiten Injektion wurden die VOC auf 90 % reduziert. Praxisbeispiele in Europa In der folgenden Tabelle wird ein Überblick über die Standorte in Europa gegeben, auf denen In-situ-Sanierungen mit Nanoeisen erfolgten (Müller, Nowack 2010). 20 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de Tab. 2: Überblick über Pilottests mit Nanoeisen in Europa (Müller, Nowack, 2010) Ort Zeit Kontami- nante Menge Nano- eisen Partikel- art Injektionstechnik Medium Quelle Spolchemie, CZ 2004, 2009 Cl-Ethen 20 kg Fe(B) Infiltrationspumpe Poröser Aquifer a), b) Kurivody, CZ 2005, 2006 Cl-Ethen 50 kg Fe(B), RNIP Infiltrationspumpe geklüftetes Festgestein a), b) Piestany, CZ 2005 Cl-Ethen 20 kg Fe(B) Infiltrationspumpe Hoch- permeabler Aquifer a) Permon, CZ 2006 Cr(VI) 7 kg RNIP Infiltrationspumpe geklüftetes Festgestein a) Rozmital, CZ 2007 - 2009 PCB 150 kg RNIP, NANOFER Infiltrationspumpe geklüftetes Festgestein a) Hluk, CZ 2007, 2008 Cl-Ethen 150 kg RNIP, NANOFER Infiltrationspumpe PRB-Filter a) Uhersky Brod, CZ 2008 Cl-Ethen 50 kg NANOFER Infiltrationspumpe Poröser Aquifer a) Uzin, CZ 2009 Cl-Ethen 150 kg NANOFER Infiltrationsrohr Niedrig permeabler Aquifer a) Brownfield, SK k.A. TCE, DCE k.A. k.A. k.A. Locker-gestein e) Biella, I 2005 TCE, DCE 10 kg nZVI Infiltration über Schwerkraft Poröser Aquifer b) Thüringen, D 2006 CKW, Ni, Cr, NO3 - 120 kg nZVI Infiltrationspumpe Poröser Aquifer b) Hannover, D 2007 CKW, BTEX, MKW 1 kg k.A. Wässriger Schlamm Chemische Speicher- fabrik c) Schönebeck, D 2005 VC 70 kg RNIP Druckinfiltration Poröser Aquifer d) Asperg, D. 2006 Cl-Ethen 44 kg RNIP Sleeve Pipe geklüftetes Felsgestein d) Gaggenau, D. 2006 PCE 47 kg RNIP Sleeve Pipe Poröser Aquifer d) k.A. keine Angaben verfügbar; a) Wassertest, Tschechische Republik, b) Golder Associates, Deutschland, c) Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Deutschland (Houben, Kringel, 2010), d) Alenco GmbH, Deutschland, e) http://www.nanotechprojekt.org/inventories/innovation_map Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 21 Praxisbeispiele in Deutschland • Geländeversuch zur Sanierung eines Grundwasserschadens in Hannover-Südstadt im Bereich einer LCKW-führenden Schadstofffahne, 2006 (Universität Hannover, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe) (Lenné 2006); • Pilotversuch zum Einsatz von Nanoeisenpartikeln auf dem Standort eines ehemals metallverarbeitenden Betriebs in Thüringen (parallel zur laufenden Pump-and-Treat- Maßnahme zur Sanierung einer LHKW-, Chromat- und Nickelkontamination, 2006 (Golder Associates 2007), • Full-scale Anwendung mit Nanoeisen in Bornheim-Roisdorf (Nordrhein-Westfalen) (Alenco 2007 www.fe4u.de/full_scale.html; AAV 2007): Bei dem Standort handelt es sich um eine ehemalige chemische Reinigung. Nach zehnjähriger Sanierung mittels Pump-and-Treat-Verfahrens sowie Bodenluftabsaugung waren noch immer etwa 13 mg/l PCE im Schadensherd vorhanden. Daraufhin wurden insgesamt 3.000 kg kolloidales Nanoeisen (90 g/l) der Fa. Toda Kogyo in eine Tiefe von 16 bis 21 m eingebracht. Die im Schadensherd vorhandenen Schadstoffe wurden um 90 % reduziert. 2 Quellen-und Literaturnachweis AAV (Altlastensanierungs- und Aufbereitungsverband Nordrhein-Westfalen) (2007): In-situ- Sanierung eines Grundwasserschadens mit Nano-Eisenpartikeln. Jahresbericht, 42-47. ALA (Altlastenausschuss der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz) (2009): Bundesweite Erhebung über durchgeführte und laufende In-situ-Sanierungsmaßnahmen im gesättigten Bereich und über MNA-Konzepte (aktualisierter unveröffentlichter Bericht, ALA November 2009). ALENCO Environmental Consult GmbH (2007): In-situ-Eisen-Sanierungstechnologie. 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Insbesondere haben daran mitgewirkt: Petra Apel (II 1.2 –Toxikologie, Gesundheitsbezogene Umweltbeobachtung) Dr. Heidi Becker (II 1.2–Toxikologie, Gesundheitsbezogene Umweltbeobachtung) Dr. Wolfgang Dubbert (III 2.1 –Übergreifende Angelegenheiten, Chemische Industrie, Feuerungsanlagen ) Barbara Kabardin (II 2.6–Maßnahmen des Bodenschutzes) Dr. Bettina Rechenberg (III 2–Nachhaltige Produktion, Ressourcenschonung und Stoffkreisläufe) Dr. Katrin Schwirn (IV 2.2–Arzneimittel, Wasch- und ReinigungsmittelMaßnahmen) Dr. Doris Völker (IV 2.2– Arzneimittel, Wasch- und ReinigungsmittelMaßnahmen) Christine Winde (III 2.5–Kommunale Abfallwirtschaft, Gefährliche Abfälle, Anlaufstelle Basler Übereinkommen) Dessau-Roßlau, 14. November 2012
Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg Ermittlung fachtechnischer Grundlagen zur Vorbereitung der Verhältnismäßigkeitsprüfung von langlaufenden Pump-and-Treat-Maßnahmen Altlasten und Grund- wasserschadensfälle 44 L Entwicklung einer standardisierten Vorgehensweise Fortschreibung 2020 Ermittlung fachtechnischer Grundlagen zur Vorbereitung der Verhältnismäßigkeitsprüfung von langlaufenden Pump-and-Treat-Maßnahmen Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg L Entwicklung einer standardisierten Vorgehensweise Fortschreibung 2020 IMPRESSUM HERAUSGEBER BEARBEITUNG REDAKTION BEZUG ISSN ISBN STAND GESTALTUNG BILDNACHWEIS LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg Postfach 10 01 63, 76231 Karlsruhe, www.lubw.baden-wuerttemberg.de ARCADIS Germany GmbH Dr. Michael Reinhard, Sandra Rettermayer LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg Dr. Helena Salowsky, Jochen Stark, Michael Weiller Referat 22 – Boden, Altlasten LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg Referat 22 Diese Broschüre ist als Download im pdf-Format erhältlich bei der LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, Postfach 10 01 63, 76231 Karlsruhe unter: http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de 1437-0158 978-3-88251-405-6 März 2020 Jürgen Dürr, düsign-Grafik Titelbild: Andy Ridder Fotografie Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Zustimmung des Herausgebers mit Quellenangabe und Überlassung von Belegexemplaren gestattet. FORTSCHREIBUNG DER HANDLUNGSHILFE IMPRESSUM ZUSAMMENFASSUNG 5 1 MOTIVATION UND ANLASS 6 2 RECHTLICHER RAHMEN 6 3 ANWENDUNGSGRUNDSÄTZE DER HANDLUNGSHILFE 8 4 DAS KONZEPT 9 5 PRÜFUNG DES OPTIMIERUNGSPOTENZIALS UND ERMITTLUNG VON ALTERNATIVEN (ELEMENT A) 12 5.1 Allgemeine Vorgehensweise 12 5.2 Arbeitsschritt 1: Datenerfassung 13 5.3 Arbeitsschritt 2: Überschlägige Prüfung der Gesamtbetriebskosten 13 5.4 Arbeitsschritt 3: Prüfung der technischen Effizienz 14 5.5 Arbeitsschritt 4: Prognose der Restlaufzeit und Gesamtkosten 16 5.6 Arbeitsschritt 5: Prüfung des Sanierungsziels 16 5.7 Arbeitsschritt 6: Prüfung sonstiger Hinweise auf Ineffizienz 17 5.8 Arbeitsschritt 7: Prüfung von alternativen Techniken und Konzepten 17 6 DARSTELLUNG DER SANIERUNGSEFFIZIENZ (ELEMENT B) 18 6.1 Allgemeine Vorgehensweise 18 6.2 Datenerhebung 19 6.3 Statistische Auswertung von Daten zur Sanierungseffizienz 20 6.4 Auswertungen für Bodenluftsanierungen 24 7 PROGNOSE DER GEFÄHRDUNGSENTWICKLUNG NACH ABSCHALTEN DER ANLAGE (ELEMENT C) 25 7.1 Allgemeine Vorgehensweise 25 7.2 Arbeitsschritt 1: Konzeptionelles Standortmodell 25 7.3 Arbeitsschritt 2: Prognose der Schadstoffausbreitung nach einer möglichen Beendigung der aktiven Sanierung 28 7.4 Arbeitsschritt 3: Prüfung der zukünftigen Beeinflussung von Schutzgütern und ggfs. Prüfung von Belangen betroffener Dritter 29 7.5 Arbeitsschritt 4: Vorschlag zu Kontrollmaßnahmen 30 7.6 Arbeitsschritt 5: Kriterien für die Wiederaufnahme der aktiven Sanierung 30 8 SCHLUSSBEMERKUNG 30 ANHANG A ERLÄUTERUNGEN ZU DEN ANLAGENAUSLEGUNGEN 31 ANHANG B 35 VEREINFACHTE AUSWERTUNG ZUR ABSCHÄTZUNG VON GESAMTLAUFZEITEN UND -KOSTEN 35 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 42 LITERATURVERZEICHNIS 43 5 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Zusammenfassung Aus ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten ist bei langlaufenden Sanierungsmaßnahmen eine regel- mäßige Überprüfung der Effizienz unter Berücksichtigung der Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem bisherigen Sanierungsverlauf angezeigt. Die Handlungshilfe befasst sich daher mit der Überprüfung von langlaufenden Pump- and-Treat-Maßnahmen und langlaufenden Bodenluftabsaugungen zur Vorbereitung der Verhältnismäßigkeitsprü- fung durch die Behörden. Sie richtet sich vor allem an die zuständigen Behörden, aber auch an Sachverständige, Fachbüros und Sanierungs- pflichtige, die langlaufende Sanierungsmaßnahmen beurteilen müssen. Sie beschreibt die Vorgehensweise bei der Prüfung des technischen und konzeptionellen Optimierungspotenzials, gibt Unterstützung zur Einordnung der Sa- nierungseffizienz sowie Empfehlungen zur Prognose der Gefährdungsentwicklung nach dem möglichen Abschalten einer Sanierungsanlage. Die Handlungshilfe ist wie folgt aufgebaut: Die Kapitel 1, 2, 3 und 4 erläutern die Grundlagen und den Anwendungsbereich der Handlungshilfe. Das Konzept der Vorgehensweise wird beschrieben und Begriffe definiert. Kapitel 5 ist in sieben Arbeitsschritte gegliedert, die notwendig sind, um das Optimierungspotenzial einer Sanie- rungsmaßnahme zu prüfen und ggf. Alternativen zum bestehenden Verfahren aufzuzeigen. Kapitel 6 beschreibt die Datenerhebung und statistische Auswertung von erhobenen Sanierungsfällen zur Ermitt- lung von spezifischen Betriebsparametern. Da keine allgemeingültigen Grenzwerte oder Grenzbereiche zur Effizi- enzbewertung abgeleitet werden können, wird dem Nutzer der Handlungshilfe die Möglichkeit gegeben, die Wer- te seiner spezifischen Betriebsparameter anhand der Auswertungen einzuordnen. Kapitel 7 befasst sich mit der Prognose der zukünftigen Gefährdungsentwicklung für den Zeitraum nach dem Ab- schalten einer Sanierungsanlage. Im Wesentlichen wird die Prüfung der zukünftigen Beeinflussung von Schutzgü- tern und der Belange Dritter, die beim Abschalten einer Sanierungsanlage betroffen sein können, näher erläutert. Die Handlungshilfe 2012 entstand im Rahmen des EU LIFE+Projekts „MAGPlan“ (Management plan to prevent threats from point sources on the good chemical status of groundwater in urban areas), das die Landeshauptstadt Stuttgart mit der LUBW als assoziiertem Partner von 2010 bis 2014 bearbeitete. Nach sieben Jahren fand planmäßig die Fortschreibung und Aktualisierung der Handlungshilfe statt. Die grundsätzliche Vorgehensweise hat sich in der Vergangenheit bewährt und wurde beibehalten. In der aktualisierten Handlungshilfe wurden textliche Anpassungen vorgenommen und die in Kapitel 6 darge- stellten Daten zur Einschätzung der Sanierungseffizienz aktualisiert. Hierzu erfolgte eine neue Datener- hebung zu Sanierungsfällen und eine Hochrechnung älterer Daten auf das aktuelle Preisniveau. Die nun wesentlich größere Datenbasis wurde statistisch aufbereitet und neu bewertet. Im Vergleich zur Handlungs- hilfe 2012 wurden in der vorliegenden Fassung Sanierungen mit einer Laufzeit von unter fünf Jahren nicht berücksichtigt, weil diese nicht als langlaufend angesehen werden können. Darunter fallen in der Regel PFC-Sanierungen, die somit nicht in den ausgewerteten Datensätzen enthalten sind. 6 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 1 Motivation und Anlass Die Zeitdauer der Sanierung von Grundwasserschäden durch Förderung und Behandlung des verunreinigten Grundwassers (Pump-and-Treat-Maßnahme) beträgt in der Regel viele Jahre bis Jahrzehnte. Bei vielen dieser Pump-and-Treat-Maßnahmen nimmt die Effizienz wäh- rend der Betriebszeit deutlich ab, ohne dass das Sanie- rungsziel erreicht wird. Der Schadstoffaustrag wird mit der Zeit geringer, es steigen die spezifischen Energieeinsätze und Kosten. Gleichzeitig hat in einigen Fällen durch die lange Betriebsdauer eine Reduzierung der Quellstärke stattgefunden. Aus ökonomischen und ökologischen Ge- sichtspunkten ist bei langlaufenden Sanierungsmaßnah- men eine regelmäßige Überprüfung der Effizienz unter Berücksichtigung der Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem bisherigen Sanierungsverlauf angezeigt. Mit der Vor- lage der ersten Fassung der Handlungshilfe im Jahre 2012 kam die LUBW der Aufforderung von Vertreterinnen und Vertretern der Bodenschutz- und Altlastenbehörden des Landes nach, qualifizierte Kriterien zusammenzustel- len, die zur Überprüfung solcher langlaufender Maßnah- men geeignet sind und bei der Entscheidung helfen, ob die Maßnahme weiter optimiert werden sollte oder gege- benenfalls beendet werden kann. Weil Pump-and-Treat-Maßnahmen mit Bodenluftabsau- gungen kombiniert sein können, wurden ergänzend auch Hinweise zur Prüfung dieser aufgenommen. 2 Rechtlicher Rahmen SANIERUNG, GEFAHRENABWEHR Nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) sind Sanierungen Maßnahmen 1. zur Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe (Dekontaminationsmaßnahmen) oder 2. die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhin- dern oder vermindern, ohne die Schadstoffe zu beseiti- gen (Sicherungsmaßnahmen). Sanieren bedeutet nach § 4 Abs. 3 BBodSchG, dass dauer- haft keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. ERMESSEN Ermessen bedeutet, dass die Behörde einen Handlungs- spielraum besitzt, in dessen Rahmen sie ihre Entschei- dung im Einzelfall trifft. Die Behörden haben bei ihrer Entscheidung immer den Zweck der zur Ausübung des Ermessens ermächtigenden Vorschrift und die inhaltli- chen Grenzen dieser Entscheidung zu beachten. Zudem sind die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie z. B. Ange- messenheit der Mittel, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit für den Betroffenen zu berücksichtigen. Das verwaltungsrechtliche Handeln unterscheidet zwei Ermessensformen: ? Entschließungsermessen Die Behörde hat pflichtgemäß zu entscheiden, ob sie Maßnahmen ergreift. ? Auswahlermessen Die Behörde hat zwischen mehreren in Betracht kom- menden Handlungsalternativen zu wählen, z. B. Aus- wahl des Sanierungsverfahrens oder Auswahl des Stö- rers gem. § 4 BBodSchG. 7 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW ERLÄUTERUNGEN Grundsätzliches zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit Innerhalb der Ermessensausübung kommt der Prüfung der Verhältnismäßigkeit eine zentrale Bedeutung zu. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist aus dem im Grundgesetz verankertem Rechtsstaatsprinzip (Bindung der staatlichen Gewalt an das Recht) hergeleitet worden und hat daher Verfassungsrang. Der Grundsatz der Ver- hältnismäßigkeit ist eine verfassungsrechtliche Schranke der Grundrechtsbegrenzung. Ein Grundrechtseingriff ist rechtlich gesehen nur verfassungsmäßig, wenn er verhält- nismäßig ist. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung gliedert sich in drei Schritte: ? Eignung der Maßnahme Ist die Art der Maßnahme, die ausgewählte Technik überhaupt geeignet, den gewünschten Zweck bzw. angestrebten Erfolg (Ziel) zu erreichen? ? Erforderlichkeit der Maßnahme Eine Maßnahme ist erforderlich, wenn es keine an- dere, mildere, aber ebenso taugliche Maßnahme gibt, um das Ziel zu erreichen. ? Angemessenheit der Maßnahme Steht die ausgewählte Maßnahme in einem zumut- baren Verhältnis von Aufwand und angestrebtem Er- folg? Eine Maßnahme ist angemessen, wenn die Nachteile, die mit der Maßnahme einhergehen, insbesondere für den Betroffenen, nicht außer Verhältnis zu dem beab- sichtigten Erfolg stehen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind im We- sentlichen folgende Aspekte zu berücksichtigen: ? Erhebung und Darstellung der Nachteile der in Frage kommenden Maßnahmen. ? Prüfung, ob es Handlungsalternativen zu der vorgese- henen Maßnahme gibt, die zur Zielerreichung eben- falls geeignet sind. ? Vergleich, ob die bevorzugte Maßnahme im Hinblick auf die Nachteile tatsächlich die am besten geeignete ist. Bei der Prüfung der Angemessenheit (Verhältnismäßig- keit im engeren Sinn) handelt es sich um keine standar- disierte Beurteilung. Vielmehr bedarf es einer werten- den Entscheidung im jeweiligen Einzelfall. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordert ein nach Rechtsverstoß und Schwere des behördlichen Eingriffs abgestuftes Vorgehen. Im Rahmen der Altlastenbear- beitung bedeutet dies, dass die behördlich festgelegten Maßnahmen und deren Folgen für den Pflichtigen in einem angemessenen Verhältnis zum Ausmaß der abzu- wehrenden Gefahr zu stehen haben. Im Anhang „Sanierungsuntersuchung“ der BBod SchV heißt es: „Mit Sanierungsuntersuchungen bei Altlasten sind die zur Erfüllung der Pflichten nach § Abs. 3 des BBodSchG geeigneten, erforderlichen und angemesse- nen Maßnahmen zu ermitteln. 8 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 3 Anwendungsgrundsätze der Handlungshilfe Die Handlungshilfe bezieht sich auf Maßnahmen des nachsorgenden Bodenschutzes, die von schädlichen Bo- denveränderungen oder Altlasten verursachte Grund- wasserverunreinigungen bzw. nachteilige Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit betreffen. Langlaufen- de Pump-and-Treat-Maßnahmen haben in einigen Fäl- len durch den langen Betrieb zu einer Reduzierung der Quellstärke geführt. Wegen der dadurch veränderten Grundlage der Gefährdungsabschätzung ist es im Rahmen des nachsorgenden Bodenschutzes grundsätzlich zulässig, bei diesen Maßnahmen die Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Mit dieser Handlungshilfe wird ein standardisiertes Vor- gehen zur fachtechnischen Grundlagenermittlung zur Vorbereitung der Verhältnismäßigkeitsprüfung von Pump- and-Treat-Maßnahmen und Bodenluftsanierungen vorge- stellt. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung selbst ist immer eine Einzelfallentscheidung, die ausschließlich von der zu- ständigen Behörde durchgeführt wird. Sie ist nicht Gegen- stand der Handlungshilfe. Durch das im Folgenden beschriebene Vorgehen darf die Einzelfallbeurteilung nicht ersetzt, vielmehr sollen fach- lich fundierte und reproduzierbare Grundlagen geliefert werden, um eine fundierte, nachvollziehbare Einzelfallent- scheidung durch die zuständige Behörde zu ermöglichen. Die Entscheidung über den weiteren, eventuell geänder- ten Fortgang der Sanierung trifft die zuständige Boden- schutz- und Altlastenbehörde. Dazu gehört im Falle einer unanfechtbaren Sanierungsanordnung auch die vorgreif- liche Entscheidung darüber, ob das Verfahren, etwa nach § 51 Absatz 1 LVwVfG wegen geänderter Sachlage oder neuer Erkenntnismittel, wiederaufgegriffen werden muss oder sonst nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde wiederaufgegriffen werden soll oder ob im Falle eines öf- fentlich-rechtlichen Sanierungsvertrages dessen Änderung, etwa nach § 60 LVwVfG, in Betracht kommt. Die Änderung oder Beendigung einer Sanierungsmaßnah- me kommt insbesondere in Frage, wenn die Behörde im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung die Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme prüft und als nicht mehr verhältnismäßig einstuft. Sanie- rungsentscheidungen sind Einzelfallentscheidungen. Vor- bereitende standardisierte Methoden sind bisher nur in geringem Umfang verfügbar. Diese Handlungshilfe ent- hält Hinweise zu einer standardisierten, fachtechnischen Grundlagenermittlung, die der Vorbereitung einer Ver- hältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall dienen sollen. Als Grundlage für eine Überprüfung der Sanierungs- maßnahme ist es in der Regel erforderlich, dass der bo- denschutz- und wasserrechtliche Handlungsbedarf in den technischen Untersuchungsstufen umfänglich untersucht und bewertet wurde und eine Sanierungsuntersuchung der Sanierungsentscheidung vorausgegangen ist. Abweichungen von der systematischen Vorgehensweise sind dann möglich, wenn eine Pump-and-Treat-Maßnah- me bei Gefahr im Verzug als Sicherungsmaßnahme einge- setzt wird. Bei Pump-and-Treat-Maßnahmen, insbesondere in Was- serschutz- oder Heilquellenschutzgebieten, in denen sich Schadstoffe im Grundwasser weiter ausbreiten können und damit eine Gefahr für die Wassernutzung besteht, ist in aller Regel nicht zu prüfen „ob“ die Sanierung fortzu- führen ist, sondern „wie“ effizient die Sanierung oder Si- cherung weitergeführt werden kann. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgt durch die zuständige Behörde, die über die Weiterfüh- rung, Änderung oder Beendigung der Sanierungs- maßnahme entscheidet. ! Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit, insbe- sondere der Angemessenheit, muss die Behörde erforderlichenfalls auch Kriterien berücksichtigen und bewerten, die nicht in dieser Handlungshilfe genannt sind. ! Diese Handlungshilfe ist kein Rechtskommentar, sondern lediglich eine Arbeitshilfe zur standardi- sierten, fachtechnischen Grundlagenermittlung zur Vorbereitung der Verhältnismäßigkeitsprüfung. ! 9 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 4 Das Konzept Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind die Krite- rien „Eignung“, „Erforderlichkeit“ und „Angemessenheit“ zu berücksichtigen (siehe auch Kapitel 2 „Rechtlicher Rahmen“). Es ist sinnvoll, für die laufende Maßnahme zunächst mög- liche technische bzw. konzeptionelle Optimierungsmög- lichkeiten zu überprüfen sowie anschließend einen Vari- antenvergleich im Sinne einer Sanierungsuntersuchung nach Altlasten- und Bodenschutzrecht durchzuführen. Bei dem Variantenvergleich wird die aktuelle Maßnahme mit alternativen Techniken oder Konzepten verglichen. Die Prüfung des technischen Optimierungspotentials und die Ermittlung von Alternativen werden in Kapitel 5 der Handlungshilfe beschrieben. Regelmäßig zu berücksichtigende Aspekte sind die Sanie- rungseffizienz und die zukünftige Gefährdungsentwick- lung im Falle des Abschaltens der Pump-and-Treat-Maß- nahme. Für diese beiden Elemente wird in der vorliegen- den Handlungshilfe eine Vorgehensweise zur Grundlagen- ermittlung beschrieben (Kapitel 6 und 7). A (Kapitel 5): Prüfung des technischen / konzeptionellen Optimierungspotenzials und Ermittlung von weiteren, besseren Alternativen B (Kapitel 6): Darstellung der Sanierungseffizienz C (Kapitel 7): Zukünftige Gefährdungsentwicklung für den Fall der Außerbetriebnahme der Sanierung In Abb. 1 ist in einem Ablaufschema die fachtechnische Grundlagenermittlung dargestellt, wie diese erfahrungsge- mäß ablaufen wird und ob Optimierungspotential besteht. Die Prüfung, ob es sich bei der Pump-and-Treat-Maß- nahme tatsächlich um die einzig mögliche Variante ohne bessere Alternative handelt, erfolgt meist in einem ersten Schritt getrennt und unabhängig von den beiden anderen Elementen. Zeigt sich dabei eine bessere Alternative oder ein Optimierungspotenzial, erfolgt eine Anpassung der Sanierung. Ist im Ergebnis keine Alternative vorhanden bzw. keine Optimierung möglich, folgen danach die Effi- zienzdarstellung und die Prognose der Gefährdungsent- wicklung. Auf Basis der Ergebnisse der Grundlagenermittlung, die durch den Sanierungspflichtigen zu leisten sind, prüft die zuständige Behörde und ggfs. die Bewertungskommission für Bodenschutz und Altlasten die fachliche Richtigkeit. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit wird ausschließlich durch die zuständige Behörde, die über die Weiterfüh- rung bzw. Beendigung der Sanierungsmaßnahme entschei- det, durchgeführt (nicht Gegenstand der Handlungshilfe). Die einzelnen Elemente A, B und C der fachtechnischen Grundlagenermittlung zur Verhältnismäßigkeitsprüfung werden nachfolgend beschrieben. Zusammenfassend gliedert sich die in dieser Handlungs- hilfe vorgestellte fachtechnische Grundlagenermittlung zur Verhältnismäßigkeitsprüfung im Wesentlichen in die drei Elemente: Weitere in der Handlungshilfe nicht genannte und zu berücksichtigende Aspekte können sich im Ein- zelfall ergeben. ! 10 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Abb. 1: Ablaufschema der fachtechnischen Grundlagenermittlung zur Vorbereitung der Verhältnismäßigkeitsprüfung langlaufender Pump-and-Treat-Maßnahmen (im Regelfall, Ausnahmen sind möglich) Behörde Sanierungspflichtiger Fachtechnische Grundlagenermittlung zur Vorbereitung der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Inhalt der Handlungsempfehlung) Darstellung der Sanierungseffizienz Abschätzung der Gefährdungsentwicklung nach Abschalten der Anlage Überplanung Sanierung keine besseren Alternativen / kein Optimierungspotenzial bessere Alternativen Optimierungspotenzial Grundlagen fachlich richtig Nachbesserungen erforderlich Öffentl.- rechtl. Vertrag Weiterführung Sanierung Sanierungsende und Kontrolle Sanierung verhältnismäßig Sanierung nicht verhältnismäßig Prüfung des technischen/konzeptionellen Optimierungspotenzials und Ermittlung von Alternativen Fachliche Prüfung (Behörde/ Bewertungskommission) Prüfung der Verhältnismäßigkeit (zuständige Behörde) Sanierungspflichtiger A B C 11 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Element A: Prüfung des technischen / konzeptionellen Optimierungspotenzials und Ermittlung von Alternativen Meist haben sich bei den langlaufenden Pump-and-Treat- Maßnahmen die Schadstofffrachten reduziert und es ste- hen inzwischen andere, neuere Techniken als zu Beginn der Sanierung zur Verfügung. Im Regelfall wird deshalb in einem ersten Schritt überprüft, ob es zu der laufenden Sanierung inzwischen ein technisches Optimierungspo- tenzial bzw. bessere Alternativen zu der Sanierungstechnik oder zu dem Sanierungskonzept gibt. Die Prüfung des technischen Optimierungspotenzials er- folgt durch ? die Ermittlung der Betriebskosten ? der Abschätzung der Restlaufzeiten sowie der hieraus abgeleiteten ? Berechnung der Gesamtkosten als Kostenbarwert un- ter Berücksichtigung von ? sonstigen Hinweisen auf einen ineffektiven Betrieb Die Prüfung alternativer Techniken oder Sanierungskon- zepte sollte in Anlehnung an die in der Bundes-Boden- schutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) vorgesehe- nen Sanierungsuntersuchung durchgeführt werden. Bei der Sanierungsuntersuchung sind die zur Sanierung geeig- neten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zu ermitteln und transparent darzulegen. Gibt es nach dem ersten Schritt (Element A), bei dem alle Techniken und Konzepte nach dem Stand der Technik geprüft werden sollten, keine bessere Alternative zu der laufenden Sa- nierung, erfolgt im Regelfall in weiteren Schritten (Ele- ment B) die Grundlagenermittlung zu den Aspekten „Ef- fizienz der Sanierungsmaßnahme“ und „Abschätzung der Gefährdungsentwicklung nach Abschalten der Sanierung“ (Element C). Element B: Darstellung der Sanierungseffizienz Die Darstellung der Sanierungseffizienz erfolgt auf Basis von spezifischen Betriebsparametern, insbesondere: ? Fördermenge je entfernte Schadstoffmasse [m³/kg] ? Energieaufwand je entfernte Schadstoffmasse [kWh/kg] ? Kosten je entfernte Schadstoffmasse [€/kg] Für die Bewertung dieser Größen gibt es keine allgemein- gültigen Bewertungskriterien. Auf Basis einer statistischen Auswertung von rund 150 Sanierungsmaßnahmen kann die einzelne Sanierungsmaßnahme orientierend im Ver- gleich eingeordnet werden. Element C: Prognose der Gefährdungsentwicklung nach Abschalten der Anlage Wichtiger Entscheidungspunkt bei der Bewertung einer langlaufenden Sanierungsmaßnahme ist die Betrachtung der zukünftigen Gefährdung von Schutzgütern, die bei Beendigung der Maßnahme eintreten würde. Die allgemeine Vorgehensweise gliedert sich in fünf Ar- beitsschritte: Schritt 1: Zustandsbeschreibung (konzeptionelles Stand- ortmodell) Schritt 2: Prognose der Schadstoffausbreitung nach einer möglichen Beendigung der aktiven Sanierung Schritt 3: Prüfung und Prognose der zukünftigen Beein- flussung von Schutzgütern und betroffenen Belangen Dritter, die bei Hinnahme einer Grundwasserverunreinigung in Zukunft be- troffen sind oder sein können Schritt 4: Vorschlag zu Kontrollmaßnahmen zur Prü- fung der Prognose Schritt 5: Festlegung von Kriterien für die Wiederauf- nahme der aktiven Sanierung, sofern sich die Prognose nicht bestätigt und die tatsächliche Gefährdung größer ist als die prognostizierte und diese nicht hinnehmbar ist 12 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 5.1 Allgemeine Vorgehensweise Bei Element A erfolgt die Prüfung des Optimierungspo- tenzials und technischer Alternativen bzw. Sanierungskon- zepte. Die Vorgehensweise ist in Abb. 2 dargestellt. Die einzelnen sieben Arbeitsschritte sind in den nachfol- genden Kapiteln beschrieben: 5 Prüfung des Optimierungspotenzials und Ermittlung von Alternativen (Element A) BEGRIFFE Effektivität Die Effektivität bezeichnet die Wirkung bzw. den Wir- kungsgrad eines Verfahrens im Hinblick auf ein defi- niertes Ziel. Bei der Effek tivität spielt der zur Zielerrei- chung notwendige Aufwand keine Rolle. Effizienz Bei der Effizienz wird der zur Zielerreichung notwen- dige Aufwand berücksichtigt. Besonders effizient ist ein Verfahren, wenn der Aufwand zur Zielerreichung gering ist. ja ja ja ja ja ja ja nein ja ja ja nein nein nein nein nein nein nein nein nein ja nein Berechnung der Gesamtkosten (Kostenbarwert) weitere Bearbeitung (Elemente B und C) Anlagentechnik Sanierungsverfahren Alternativen Betriebskosten im unwirtschaftlichen Bereich? Hinweis auf technisch ineffizienten Betrieb? Prognose einer hohen Laufzeit der Sanierung? Sanierung schon optimiert? Sanierung schon optimiert? Sanierung schon optimiert? Sanierung schon optimiert? Sanierung schon optimiert? Gibt es günstigere oder schonendere Technik/Konzepte? hohe Laufzeiten auch bei geändertem Sanierungsziel? Sonstige Hin- weise auf ineffektive Sanierung? Detaillierte Überprüfung • Überplanung Sanierung/ Neuplanung Datenerfassung Abb. 2: Ablaufschema zur Prüfung des Optimierungspotenzials und technischer Alternativen bzw. Sanierungskonzepte 13 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 5.3 Arbeitsschritt 2: Überschlägige Prüfung der Gesamtbetriebskosten In der Praxis können detaillierte Daten zu Anlagenaus- legung und Betriebskosten fehlen, z. B. wenn ein Betrei- bermodell gewählt wird, bei dem die Investitionskosten abgeschrieben werden oder wenn die Behörde Privatfälle selbst überprüfen möchte. Zur überschlägigen Prüfung, ob die Betriebskosten auf eine ungünstige Anlagenauslegung hinweisen, wurden Kennzahlen entwickelt, die mit den Betriebskosten ver- glichen werden können. Diese Kennzahlen beruhen auf einer modellhaften Anlagenauslegung und modellhaften Kalkulationsansätzen. In den als Gesamtbetriebskosten pro m³ Wasser oder Bo- denluft ausgewiesenen Kennzahlen sind folgende Leistun- gen zum Betrieb enthalten: ? Aktivkohleverbrauch ? Stromverbrauch ? Wartungskosten ? Reparaturkosten ? Ingenieurkosten für gutachterliche Begleitung ? Analysekosten für Fremd- und Eigenüberwachung Die dargestellten Kosten sind Nettokosten. Die Vergleichskennzahlen wurden für typische Anlagen- auslegungen für Pump-and-Treat-Maßnahmen berechnet. Dies sind: ? Anlagenauslegung 1: Brunnenpumpen ? Mehrschichtfilter ? Wasseraktiv- kohlefilter ? Anlagenauslegung 2: Brunnenpumpen ? Mehrschichtfilter ? Desorption und Luftaktivkohle ? Wasseraktivkohle (Nachreini- gungsstufe) und eine typische Anlagenauslegung für eine Boden- luftabsaugung: ? Anlagenauslegung 3: Wasserabscheidung ? Luftaktivkohlefilter Bei der Kalkulation wurde davon ausgegangen, dass die Eisen- und Mangankonzentrationen unter 3 mg/l lie- gen. Die Mehrschichtfilter wurden wegen der besseren Schwebstoffbeladung und die dadurch weniger häufi- gen Rückspülintervalle gewählt, was im Hinblick auf die laufenden Kosten die Grundwassersanierung günstiger macht. Es ist jedoch anzumerken, dass der Einsatz von Einschichtfiltern in der Praxis – je nach Anforderungen / Randbedingungen – durchaus auch vorkommt. Erläuterungen zu den Anlagenauslegungen sind im An- hang A enthalten. 5.2 Arbeitsschritt 1: Datenerfassung Bei langlaufenden Sanierungen gibt es eine teilweise schwer zu überschauende Menge an Informationen und Daten. Es kommt daher darauf an, ausschließlich die je- weils erforderlichen Daten zu erfassen. Für die Daten- aufbereitung gilt ähnliches. Im Idealfall sollte die gesam- te Standort- und Sanierungssituation auf wenigen Seiten beschrieben und auf einem Lageplan und in einem Quer- profil dargestellt werden. 14 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 5.4 Arbeitsschritt 3: Prüfung der technischen Effizienz Im Folgenden wird ein Prüfansatz zur Beurteilung der technischen Effizienz der Sanierungsanlage dargestellt. Dabei liegen die Schwerpunkte auf: ? Schadstoffaustragseffizienz ? Energieeffizienz ? Betriebskosteneffizienz Schadstoffaustragseffizienz Ein Vergleich der Zeitreihen für den Schadstoffaustrag sowie die Grundwasserförderung bildet eine wichtige Grundlage zur Beurteilung der aktuellen Austragseffekti- vität der Sanierungsmaßnahme. Pump-and-Treat-Maßnahmen und Bodenluftabsaugun- gen sind häufig dadurch gekennzeichnet, dass wegen der Tailing-Effekte zu Beginn ein starker Austrag vorhanden ist, der schnell nachlässt und zum Ende hin immer mehr abflacht (siehe Abb. 3). Bei einer hinreichend großen und dichten Datenbasis über einen ausreichend langen Zeitraum kann der Kur- venverlauf und damit der Status des aktuellen Austrags- verhaltens abgeschätzt werden. Das Excel-Auswertetool zur Anlageneffektivität steht im Internetangebot der LUBW (Altlasten\Anwendungspro- gramme) zum Download bereit. Bei der Abschätzung ist die dargestellte Zeitreihe der Grundwasserförderung ein wichtiges Zusatzinstrument. So zeigt eine relativ konstante Förderrate, dass die Ver- änderungen bei der Austragsrate tatsächlich auf eine Änderung der Austragseffizienz zurückzuführen ist, wäh- rend eine stark schwankende Förderrate die Ursache für schwankende Austragsraten sein kann. Die Darstellung in Abb. 3 zeigt eine prinzipielle Kurve des häufig anzutreffenden, durch Tailing-Effekte beein- flussten Austragsverlaufes über die Zeit. Erfahrungsgemäß kann der Kurvenverlauf auch sprunghafter ausgebildet sein. In einer zweiten Auswertung kann der Schadstoffaustrag über die Zeit kumuliert dargestellt werden. Ein Anhaltspunkt für den Eintritt in eine Effizienzprüfung kann ein sehr geringer Zuwachs der kumulativen jährli- chen Austragsmenge sein. Phase BPhase A Phase C Zeit Au st ra gs m en ge Austragskurve Abb. 3: Durch Tailing-Effekte beeinflusster Austragszustand 15 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Energieeffizienz Da erfahrungsgemäß nur in seltenen Fällen eine detail- lierte Erfassung des Energieverbrauchs über den gesamten Zeitraum des Sanierungsbetriebs erfolgt, wird eine Aus- wertung nur in wenigen Fällen möglich sein. Der zeitliche Verlauf des spezifischen Energiebedarfs zeigt den Verlauf der Effizienzänderung. Betriebskosteneffizienz Für die Auswertungen sollten mindestens die Gesamtbe- triebskosten je Betriebsjahr herangezogen werden. Die jährlichen Gesamtbetriebskosten werden gegen die jähr- liche Grundwasserförderung bzw. gegen den jährlichen Schadstoffaustrag normiert (Euro pro kg Schadstoff bzw. m³ geförderten Wassers/Bodenluft). Bei der Auswertung der Kosteneffizienz wird, ähnlich wie bei der Energiebetrachtung, der zeitliche Verlauf verglei- chend bewertet. In Abb. 4 ist ein Beispiel dargestellt. Weitere Prüfungen Bei den o. g. Prüfungen sollten auch die folgenden Aspek- te berücksichtigt werden: ? Ausfallzeiten der Anlage Ausfallzeiten führen zu deutlich schlechteren Aus- tragsraten, wodurch die Maßnahme ineffektiv arbeitet. Durch Ausblenden der Ausfallzeiten kann eine erneute Bewertung ein deutlich anderes Bild liefern. ? Art des eingesetzten Verfahrens Je nach Verfahren sind unterschiedlich hohe spezi- fische Energieaufwendungen erforderlich. Während bei einer einfachen Nassaktivkohleadsorption der Energie- aufwand im Wesentlichen nur durch die Pumpenlei- stungen maßgebend beeinflusst wird, ist der spezifische Anteil bei Strippanlagen oder z. T. Oxidationsanlagen (UV) deutlich höher. Hierbei spielen insbesondere Ne- benaggregate wie Gebläse, Heizregister, UV-Lampen oder gar Kat-Ox-Anlagen eine maßgebende Rolle. Weiterhin sind die Verbrauchsmittel (z. B. Aktivkohle, Dosierchemikalien der Reinigungsanlage usw.) auf der Kostenseite wichtig. So können z. B. hohe spezifische Betriebskosten bei gleichzeitig hohem und effizientem Schadstoffaustrag ein Indiz für ein im Einzelfall ungüns- tiges Verfahren darstellen (z. B. Kat-Ox vs. Aktivkohle). ? Standortspezifische Besonderheiten Zusätzlich zu den vorgenannten Aspekten können ört- liche Randbedingen einen erheblichen Einfluss auf das Bewertungsergebnis haben. So können z. B. bestimmte hydrochemische Verhältnisse Vorbehandlungsstufen erfordern (Entsäuerung, Enteisenung, Entmanganung, Chemikaliendosierung usw.). Da für diese Aspekte kein geeigneter einheitlicher Be- wertungsmaßstab ableitbar ist, muss deren Einfluss im Einzelnen verbal-argumentativ in die Bewertung mit einbezogen werden.Hinweis auf Optimierungsbedarf Förderregime deutliche Verschlechterung der Betriebskosteneffizienz Kosten je kg Kosten je m³ Zeit sp ez ifi sc he B et rie bs ko st en je m ³ b zw . k g Abb. 4: Vergleich der spezifischen Betriebskosten mit Bezug zum abgereinigten Grundwasser und zur ausgetragenen Schadstoffmenge (idealisierter Kurvenverlauf) Eine Zunahme der spezifischen Betriebskosten je kg ausgetragener Schadstoff gibt einen Hin- weis auf eine anhaltende Verschlechterung der Austragseffektivität und damit eine schlechtere Kosteneffizienz. ! Eine Zunahme des Energiebedarfs je kg ausgetragener Schadstoff indiziert hingegen eine anhaltende Verschlechterung der Austragseffektivi- tät und damit eine schlechtere Energieeffizienz. ! Eine Zunahme des Energiebedarfs je m³ geförderten Grundwassers bzw. Bodenluft- zeigt einen steigenden Förderaufwand an, der u. a. ein Indiz für eine fortschreitende Verschlechterung der Randbedingungen sein kann, z. B. Verblockung der Brunnen / Pegel und des Filterkieses durch Störstoffe. ! 16 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 5.5 Arbeitsschritt 4: Prognose der Restlaufzeit und Gesamtkosten Die Prognose der Restlaufzeit und der Gesamtkosten ist ein wesentlicher Grundstein für den späteren Vergleich mit alternativen Techniken oder Sanierungskonzepten. Die Gesamtkosten berechnen sich aus der Restlaufzeit der Sanierung und den jährlichen Betriebskosten. Eingangsgrößen für die Schätzung der Gesamtkosten sind: 1. Restlaufzeit der Sanierung 2. Jährliche zukünftige Betriebskosten Abschätzung der Restlaufzeit Die Abschätzung der zukünftigen Restlaufzeit der Sanie- rung ist wissenschaftlich nicht hinreichend exakt durch- führbar. Allerdings gibt es verschiedenste Möglichkei- ten Prognosen durchzuführen. Die Begründung und die Grundlagen der Prognosen sind zu beschreiben. Im Rahmen der Handlungshilfe 2012 wurde ein Auswer- teprogramm zur Abschätzung von Restlaufzeiten und Kosten von Pump-and-Treat-Maßnahmen erstellt. Die Be- schreibung des Auswerteprogramms ist in Anhang B ent- halten. 5.6 Arbeitsschritt 5: Prüfung des Sanierungsziels Es wird vorgeschlagen, im Hinblick auf eine ökonomische und ökologisch sinnvolle Sanierung bei schon langlau- fenden Maßnahmen zu prüfen, ob das ursprünglich ver- einbarte Sanierungsziel nach heutigen Erkenntnissen und nach den Erfahrungen aus dem Projekt mit verhältnis- mäßigem Aufwand erreichbar ist. Dabei sind die in dem Leitfaden „Untersuchungsstrategie Grundwasser“ (LUBW 2008) genannten Entscheidungskriterien zur Festlegung von Sanierungszielen zu berücksichtigen (Stichworte: Im- missions-/Emissionsbetrachtung, Sonderfälle). 17 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 5.7 Arbeitsschritt 6: Prüfung sonstiger Hinweise auf Ineffizienz Fehlende Daten Sollte sich während der Bearbeitung herausstellen, dass Daten zur Abschätzung der Restlaufzeit fehlen, müssen diese Daten nachträglich ermittelt werden. Phase vorhanden Ebenso kann bei der begründeten Annahme eines Schad- stoffpools bzw. des Vorhandenseins von Schadstoffen in Schluff-, Ton- oder organischen Schichten die Betrachtung abgebrochen werden. In diesen Fällen ist eine Dekonta- mination mit Pump-and-Treat und Bodenluftabsaugung nicht sinnvoll. In derartigen Fällen empfiehlt sich eine detaillierte Erkundung des Schadensherdes inklusive Be- trachtung von alternativen Sanierungskonzepten. Unter Umständen muss mit komplexeren Untersuchungsme- thoden und Berechnungen geprüft werden, ob in diesen Schichten vorhandene Phasen mit derzeitig verfügbaren Techniken sanierbar sind. Bei unbebauten Flächen ist ein Aushub des Schadens oftmals effizienter. Regelmäßige Sanierungsaudits Es wird vorgeschlagen, regelmäßig Sanierungsaudits durch - zuführen, bei denen u. a. geprüft wird, ob konzeptionelle Umstellungen oder Ergänzungen des Sanierungsbetriebs sinnvoll sind. Häufig kann ? die Errichtung neuer Grundwassersanierungsbrunnen bzw. Absaugstellen für die Bodenluft an geeigneteren Stellen, als auch ? die Anpassung des Förder- bzw. Entnahmeregimes hilfreich sein. Im planerischen Ergebnis einer solchen Prü- fung ist die Maßnahme erneut hinsichtlich der möglichen Austragseffektivität, der Energie- und Kosteneffizienz so- wie der zu erwartenden Gesamtlaufzeit zu bewerten, be- vor weitere Optimierungen oder Umstellungen erfolgen. 5.8 Arbeitsschritt 7: Prüfung von alternativen Techniken und Konzepten Die Prüfung von alternativen Techniken und Konzep- ten sollte sich an die Vorgehensweise der in der Bundes- Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodschV) be- schriebenen Sanierungsuntersuchung anlehnen. Die Durchführung von regelmäßigen Sanie- rungsaudits bei größeren Sanierungsmaßnahmen ist aus wirtschaftlichen und fachlichen Gründen sinnvoll. ! 18 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 6.1 Allgemeine Vorgehensweise Die Effizienz von Grundwasser- bzw. Bodenluftsanierun- gen kann mit Hilfe der spezifischen Betriebsparameter ? Spezifische Grundwasser- bzw. Bodenluftförderung [m³/kg Schadstoff] ? Spezifischer Energieverbrauch [kWh/kg Schadstoff] ? Spezifische Kosten [€/kg Schadstoff] beurteilt werden. Die Sanierungsprojekte unterscheiden sich z. T. deutlich hinsichtlich der (hydrogeologischen) Standortverhältnisse und angewandten technischen Sanierungsverfahren, wes- halb jeder Sanierungsfall als Einzelfall behandelt werden muss. Ziel der Darstellung der Effizienz ist nicht die Ausarbei- tung von Grenzwerten oder Grenzbereichen im Sinne von „harten Werten“. Vielmehr soll dem Nutzer der Hand- lungshilfe eine Möglichkeit gegeben werden, die Werte seiner spezifischen Betriebsparameter anhand der hier durchgeführten Auswertungen vergleichend einzuordnen. Daher dienen die statistischen Auswertungen lediglich als Orientierungshilfe. Bei den Datenerhebungen zeigte sich, dass in vielen Fäl- len die Daten, insbesondere Kosten aus der Anfangsphase der Sanierungen, nicht mehr vollständig rekonstruierbar oder auffindbar waren. Deshalb wurden die Werte des 6 Darstellung der Sanierungseffizienz (Element B) letzten/aktuellen Betriebsjahres ausgewertet und für die Ermittlung der spezifischen Kosten herangezogen. Zu den Betriebskosten zählen alle Kosten, die durch den Betrieb der Sanierungsanlage entstehen. Darunter fallen Kosten für Energie (Strom), Verbrauchsmittel (Aktivkohle, Sons- tiges), Wartung, Reparatur, Anlagenertüchtigung, Pro- benahme und Analyse (in Anlage und Zu- und Ablauf). Nicht berücksichtigt wurden Gutachterkosten, Kosten für ein Grundwassermonitoring, und Investitionskosten für die Sanierungsanlage. Die in den nachfolgenden Auswertungsgrafiken darge- stellten Summenkurven stellen die Bandbreite der be- trachteten spezifischen Kenngrößen dar. Dabei ist zu be- achten, dass die ausgewerteten Daten einem Mikrozensus entsprechen und lediglich von einer groben Repräsentati- vität auszugehen ist. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen können die ausgewerteten Daten zur Beurteilung der Effizienz einer laufenden Sanierungsmaßnahme orientierend he- rangezogen werden. Die Position der zu beurteilenden Sanierungsmaßnahme in der Summenkurve der betrach- teten spezifischen Kenngröße ermöglicht eine qualitative Bewertung: Entsprechend der Lage im Diagramm ist eine qualitative Zuordnung in Kategorien wie z. B. „durch- schnittlich“, „vergleichsweise effizient“, „vergleichsweise ineffizient“ möglich. Die Angabe von definierten Bereichen ist mangels ge- eigneter Herleitungsmöglichkeiten nicht gerechtfertigt. Solche eindeutig definierten Kategorien würden darüber hinaus die Ermessensspielräume der Behörden zu stark einschränken. Die qualitative Bewertung der spezifischen Kenngrößen stellt sicher, dass bei der Gesamtbeurteilung des zur Entscheidung anstehenden Sanierungsfalls die Ef- fizienzbewertung neben anderen wichtigen Elementen eine angemessene Berücksichtigung finden kann. Allgemeingültige Grenzwerte oder Grenzbereiche zur Effizienzbewertung können nicht abgeleitet werden, weil sie fachlich nicht begründbar sind. Darüber hinaus würden starre Grenzen den einzelfallspezifischen Ermessensspielraum unzulässigerweise einschränken. ! 19 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 6.2 Datenerhebung Die Datenbasis zur Ermittlung der Effizienzparameter bil- den Datensätze von Landesämtern, Kommunen und der Industrie. Als nicht langlaufend können Sanierungen mit einer Lauf- zeit von weniger als fünf Jahren angesehen werden. Die- se wurden bei der Auswertung im Vergleich zu der ersten Handlungshilfe nicht berücksichtigt. Darunter fallen in der Regel auch PFC-Fälle, die somit in den ausgewerteten Datensätzen nicht enthalten sind. Grundwassersanierung In Summe wurden Daten von 145 Sanierungsfällen be- rücksichtigt. 89 dieser Fälle wurden im Rahmen der Handlungshilfe 2012 und 56 Fälle im Rahmen der Fort- schreibung 2019 erhoben. Die Kosten der Altdaten wur- den entsprechend der Preissteigerung auf das Preisniveau von 2019 hochgerechnet. Von den 145 ausgewerteten Sanierungsfällen stammen rund ein Viertel aus Baden-Württemberg. Die übrigen Fälle stammen aus anderen Bundesländern. Bodenluftsanierung Bei den 18 erfassten Datensätzen zur Bodenluftsanierung handelt es sich ausschließlich um LCKW-Schäden. Diese setzen sich aus 12 Fällen der Handlungshilfe 2012 und aus 4 Fällen der Fortschreibung 2019 zusammen. Die Kosten der Datensätze aus 2012 wurden entsprechend der Preis- steigerung auf das Preisniveau von 2019 hochgerechnet. DATEN DER ERHOBENEN GRUNDWASSER-FÄLLE Vorkommen der Schadstoffgruppen (zirka): CKW: bei 69% der Fälle Mischfälle bei 21% der Fälle Andere bei 3% der Fälle PAK: bei 3% der Fälle SM: bei 2% der Fälle BTEX: bei 1% der Fälle MKW: bei 1% der Fälle Mischfälle: LCKW und Co-Kontaminanten 38% der Fälle Kombination aus MKW, BTEX und PAK 41% der Fälle Sonstige Kombinationen 21% der Fälle Sanierungsdauer 5 bis 10 Jahre: 38% der Fälle 10 bis 15 Jahre: 26% der Fälle 15 bis 20 Jahre 23% der Fälle 20 bis 25 Jahre 11% der Fälle über 25 Jahre 2% der Fälle Reinigungsverfahren Strippanlagen, Abluft über Aktivkohle, Katalytische und UV-Oxidation, Nassaktivkohle, Ionenaustauscher, Biologische Reinigungsstufe, Fällung/Flockung 20 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 6.3 Statistische Auswertung von Daten zur Sanierungseffizienz Es wurden folgende spezifische Betriebsparameter ausge- wertet: ? m³ Grundwasserförderung / kg Schadstoff ? kWh Energieverbrauch / kg Schadstoff ? € Netto-Kosten / kg Schadstoff Auf eine getrennte Darstellung der Fälle mit verschiede- nen Schadstoffgruppen konnte verzichtet werden, da sich eine gleichmäßige Verteilung aller Komponenten über die gesamte Bandbreite der Summenkurve ergab. Auch die Sanierungen in den unterschiedlichen Aquifertypen (Po- ren-, Kluft- und Karstaquifer) zeigten keine signifikanten Unterschiede in der statistischen Verteilung. Die Auswertung erfolgte auf Basis der Schadstoffentfrach- tung und der jeweiligen Betriebsparameter des jeweils letzten oder aktuellen Betriebsjahres. Die nachfolgende Auswertung stellt eine rein statistische Beschreibung der Grundgesamtheit dar. Die Nennung der Verteilungsparameter (Median und Quantile) dient ausschließlich zur Charakterisierung der Verteilung und Streuung. BEGRIFFE Summenkurve Bei der Summenkurve werden die Einzelwerte nach ih- rer Häufigkeit in aufsteigender Richtung nacheinander dargestellt (aufsummiert). Wählt man einen Wert aus, kann man mit der Summenkurve ablesen, wieviel der übrigen Werte hinsichtlich ihrer relativen Häufigkeit prozentual darunter oder darüber liegen. Median Der Median (auch Zentralwert genannt) ist ein spe- zieller Lageparameter von Verteilungen und teilt die Grundgesamtheit der Verteilung in zwei gleich große Hälften. Im Rahmen dieser Handlungshilfe wird der Median genutzt, um die Mittellage der statistischen Verteilung der ermittelten Betriebsparameter aus den ausgewerteten Sanierungsfalldaten zu charakterisieren. Quantile Quantile sind ein statistisches Lagemaß für Verteilun- gen, dabei erfolgt die Aufteilung der Grundgesamtheit in einem definierten prozentualen Maß. Der Median stellt hierbei als 50 % - Quantil eine Sonderform dar. Im Rahmen dieser Handlungshilfe werden die Quanti- le genutzt, um die Lage und Streuung der statistischen Verteilung der ermittelten Betriebsparameter aus den ausgewerteten Sanierungsfalldaten zu charakterisieren. 21 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Grundwasserförderung [m³] / Schadstoff [kg] Von den 145 erfassten Fällen zu Pump-and-Treat-Maß- nahmen konnte die Größe der spezifischen Grundwasser- förderung für 139 Sanierungsfälle ermittelt werden. Für die Auswertung wurden die ermittelten Werte als Summenkurve mit logarithmischer Skalierung aufgetragen. Die entsprechende Grafik ist in der folgenden Abb. 5 dar- gestellt. Die ermittelte Verteilung der spezifischen Grund- wasserförderung zeigt, dass bei 50 % der Grundwassersa- nierungen durch Pump-and-Treat-Maßnahmen die Werte im Bereich zwischen ca. 250 und 5.000 m³/kg (25 % - bzw. 75 % - Quantil) liegen. Der Median der Verteilung liegt bei rund 1.000 m³/kg. Abb. 5: Verteilung der spezifischen Fördermengen im letzten /aktuellen Betriebsjahr [m³/kg] der ausgewerteten Sanierungsfälle Median25% Quantil 75% Quantil 0 1 10 100 1.000 10.000 100.000 1.000.000 10 Mio. Spezifische Fördermenge im letzten/aktuellen Betriebsjahr [m³/kg] CKW PAK MKW BTEX SM Misch Andere 139 Vergleichsdatensätze für die spezifische Fördermenge effizient ineffizientvergleichsweise A n za h l d er S an ie ru n gs fä lle [ % ] 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 22 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Energieverbrauch [kWh] / Schadstoff [kg] Von den 145 erfassten Fällen zu Pump-and-Treat-Maßnah- men konnte der spezifische Energieverbrauch des letzten Betriebsjahres für 80 Sanierungsfälle ermittelt werden. Wie im vorhergehenden Abschnitt wurde auch für den spezifischen Energieverbrauch eine Summenkurve mit logarithmischer Skalierung erstellt. Die entsprechende Grafik ist in der folgenden Abb. 6 dargestellt. Bei 50 % der Grundwassersanierungen durch Pump-and-Treat-Maß- nahmen liegt der Energieverbrauch im Bereich zwischen ca. 200 und 2.600 kWh/kg (25 % - bzw. 75 % - Quantil), der Median der Verteilung bei rund 850 kWh/kg. Abb. 6: Verteilung des spezifischen Energieverbrauchs im letzten /aktuellen Betriebsjahr [kWh/kg] der ausgewerteten Sanierungsfälle Median25% Quantil 75% Quantil 0 1 10 100 1.000 10.000 100.000 1 Mio. Spezifischer Energieverbrauch im letzten/aktuellen Betriebsjahr [kWh/kg] CKW PAK MKW BTEX SM Misch Andere 80 Vergleichsdatensätze für den spezifischen Energieverbrauch effizient ineffizientvergleichsweise A n za h l d er S an ie ru n gs fä lle [ % ] 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 23 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Kosten [€] / Schadstoff [kg] Von den 145 erfassten Fällen zu Pump-and-Treat-Maß- nahmen konnten die spezifischen Kosten des letzten Betriebsjahres für 129 Sanierungsfälle ermittelt werden. Vergleichbar zu den beiden vorhergehenden Abschnitten wurde für die spezifischen Kosten eine Summenkurve mit logarithmischer Skalierung erstellt. Die entsprechende Grafik ist in der folgenden Abb. 7 dargestellt. Die ermit- telte Verteilung der spezifischen Kosten zeigt, dass bei 50 % der Grundwassersanierungen durch Pump-and-Treat- Maßnahmen die Kosten zwischen 500 und 5.800 € (net- to) /kg liegen (25 % - bzw. 75 % - Quantil). Der Median der Verteilung liegt bei rund 2.200 € (netto) /kg. Abb. 7: Verteilung der spezifischen Sanierungskosten im letzten /aktuellen Betriebsjahr [€(netto)/kg] der ausgewerteten Sanierungsfälle Median25% Quantil 75% Quantil 1 10 100 1.000 10.000 100.000 1.000.000 10 Mio. Spezifische Sanierungskosten im letzten/aktuellen Betriebsjahr [€(netto)/kg] CKW PAK BTEX SM Misch Andere 129 Vergleichsdatensätze für die spezifische Sanierungskosten effizient ineffizientvergleichsweise A n za h l d er S an ie ru n gs fä lle [ % ] 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 24 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 6.4 Auswertungen für Bodenluftsanierungen Es wurden insgesamt 18 Datensätze von Bodenluftabsau- gungen mit anschließender Reinigung der Bodenluft über Aktivkohle ausgewertet. Der Umfang der angegebenen spezifischen Betriebsparameter ist deutlich geringer als bei den Grundwassersanierungen. Eine dem vorhergehen- den Abschnitt für Grundwasser vergleichbare Auswertung ist mit großer Unsicherheit behaftet, da die Datensatz- anzahl zu gering ist. Es werden – im Gegensatz zur Aus- wertung der Grundwassersanierungen – nachfolgend die spezifischen Betriebsparameter über den gesamten Sanie- rungszeitraum dargestellt. Die spezifischen Sanierungskosten lagen bei 50% der aus- gewiesenen Fällen von Bodenluftsanierungen zirka zwi- schen 70 und 600 € (netto) pro Kilogramm (25%- bzw. 75%-Quantil; bei 13 Sanierungsfällen). Der Median der Verteilung liegt bei rund 200 € (netto) pro Kilogramm. Der Energiebedarf lag bei 50% der ausgewerteten Fällen von Bodenluftsanierungen zwischen zirka 160 und 700 kWh/kg (25%- bzw. 75%-Quantil bei 18 Sanierungsfällen). Der Median der Verteilung liegt bei rund 450 kWh/kg. 25 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 7.1 Allgemeine Vorgehensweise Die Prognose der zukünftigen Gefährdungsentwicklung für den Zeitraum nach dem Abschalten der Sanierungsan- lage beinhaltet im Wesentlichen die Prüfung der zukünf- tigen Beeinflussung von Schutzgütern und der Belange Dritter (z. B. Wasserentnahmen), die in Zukunft betroffen sein könnten. Die allgemeine Vorgehensweise gliedert sich in fünf Ar- beitsschritte: Arbeitsschritt 1: Zustandsbeschreibung (konzeptionelles Standortmodell) Arbeitsschritt 2: Prognose der Schadstoffausbreitung nach einer möglichen Beendigung der aktiven Sanierung (räumliche und zeitli- che Entwicklung) Arbeitsschritt 3: Prüfung der zukünftigen Beeinflussung von Schutzgütern und Belangen Dritter (z. B. Wasserentnahmen), die bei Hinnahme einer Grundwasserverunreinigung in Zukunft betroffen sein könnten Arbeitsschritt 4: Vorschlag zu Kontrollmaßnahmen Arbeitsschritt 5: Kriterien für die Wiederaufnahme der aktiven Sanierung Die einzelnen, oben genannten Arbeitsschritte werden in den nachfolgenden Kapiteln näher erläutert. 7.2 Arbeitsschritt 1: Konzeptionelles Standortmodell Für die Zustandsbeschreibung in Arbeitsschritt 1 wird ein konzeptionelles Standortmodell erarbeitet. Im Idealfall sollte die gesamte Standort- und Sanierungs- situation auf wenigen Seiten und vor allem in Lageplänen und in Profilen dargestellt werden. In einem ersten Arbeitsschritt werden die wesentlichen Daten für das konzeptionelle Standortmodell zusammen- getragen. Die wesentlichen Bausteine sind in Abb. 8 dar- gestellt und werden im Nachfolgenden erläutert. Je nach Einzelfall ist nicht zwingend für alle Bausteine eine Bear- beitung notwendig. Im Allgemeinen sollte die Komplexität des konzeptionel- len Standortmodells so gewählt werden, dass belastbare Prognosen zu der Schadstoffausbreitung und zu Auswir- kungen auf die Schutzgüter möglich sind. 7 Prognose der Gefährdungsentwicklung nach Abschalten der Anlage (Element C) BEGRIFFE Konzeptionelles Standortmodell Das konzeptionelle Standortmodell beschreibt die Schadstoffausbreitung vom Schadensherd bis zu den betroffenen Schutzgütern. Es gliedert sich in die Teile: ? Hydrogeologisches Arbeitsmodell ? Arbeitsmodell zur Schadstoffausbreitung. Eine ausführliche Beschreibung findet sich im Leitfa- den „Untersuchungsstrategie Grundwasser“ (LUBW 2008). Das grundsätzliche Modellverständnis muss dabei nicht notwendigerweise quantitativ in einem numerischen Modell dargestellt werden. Eine Zusammenfassung der wesentlichen Komponenten und Größen in tabellari- scher oder graphischer Form kann – je nach Fragestel- lung und Standortsituation – ausreichen. Das konzeptionelle Standortmodell soll im Wesent- lichen als Grundlage für die Beantwortung der Frage dienen: Wie werden der Standort und seine Umgebung auf eine Beendigung der aktiven Sanierung reagieren? 26 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Geologie Die Erstellung von geologischen Schnitten unter Einbe- ziehung sämtlicher Aufschlüsse des Standortes ist unver- zichtbar. In der Regel sind mindestens zwei geologische Schnitte, in Richtung der Grundwasserfließrichtung und orthogonal, notwendig. Bei der Erarbeitung der Schnit- te sind sämtliche vorliegende Daten in die Auswertung einzubeziehen, z. B. bohrlochgeophysikalische Unter- suchun gen, CPT- / EC-Sondierungen (Cone Penetration Test / Electrical Conductivity), hydraulische Kenngrößen, Messwerte und geophysikalische Untersuchungen. Folgende Inhalte sollten beschrieben werden: ? Regionale und lokale Geologie und Strukturgeologie ? Lagerung, Mächtigkeit und Eigenschaften der Gesteine ? Schichtung, tektonische Störungen ? Einstufung in Sediment-, Metamorph- und Erup tiv- gesteine sowie Verwitterungsgrad, Klüfte / Schicht- fugen, Heterogenitäten, Sorptionskapazitäten (Anteile des organischen Kohlenstoffs (foc) und Kationenaustauschkapazität (KAK)) Hydrogeologie Die hydrogeologische Situation ist zunächst überregional zu beschreiben. Danach ist eine detaillierte Modellvor- stellung für den Standort zu erarbeiten. Vorhandene hy- drogeologische Kartierungen sind in die Bearbeitung mit- einzubeziehen. Prinzipiell ist zwischen den hydraulischen Bedingungen während der aktiven Sanierungsmaßnahme und den sich einstellenden, natürlichen hydraulischen Bedingungen nach Beendigung der Sanierungsmaßnahme zu unterscheiden. Ggfs. kann es sinnvoll sein, beide Fälle darzustellen. Die wesentlichen Daten sollen in die geolo- gischen Schnitte eingearbeitet werden. Folgende Sachverhalte sollten beschrieben werden: ? Regionale Hydrogeologie. Angaben zu regionaler Was- serbilanz und Grundwasserströmung (vertikal / hori- zontal), insbesondere zu Quellen und Senken (z. B. Grundwasserinfiltrationen und Vorfluter, Grundwas- serentnahmen) ? Hydrostratigraphie (Grundwasserleiter, Grundwasser- geringleiter, Aquitarde, schwebende Grundwasserlei- ter). Angaben zu Mächtigkeiten und physikalischen Ei- genschaften (hydraulische Leitfähigkeiten, primäre und effektive Porositäten), Heterogenitäten ? Zusammenstellung aller vorhandenen Grundwasserauf- schlüsse am Standort und der weiteren Umgebung ? Grundwasserfließverhältnisse: Grundwasserstände, Grund wasserfließrichtungen, Volumenströme, hori- zontale und vertikale hydraulische Gradienten, Grund- wasserfließgeschwindigkeiten unter den Bedingungen der aktiven Sanierung sowie unter natürlichen Bedin- gungen nach einer möglichen Beendigung der Sanie- rungsmaßnahme ? Hydrochemische Verhältnisse: Hintergrundkonzentra- tionen, Redoxzonen anzeigende Parameter, natürliche Mineralisation HYDROGEOLOGIE Regionale Hydrogeologie HYDROGEOLOGISCHES MODELL MODELL SCHADSTOFFAUSBREITUNG KONZEPTIONELLES STANDORTMODELL Hydrostratigraphie Grundwasserstände/vorhandene Grundwasseraufschlüsse Grundwasser- Neubildung Kennwerte/ Volumen-Ströme Grundwasser- Fließrichtungen Hydrochemische Verhältnisse GEOLOGIE Regionale Geologie Geologie des Standortes Art, Mächtigkeit und Zustand Festgestein Art, Mächtigkeit und Zustand Lockergestein Störungszonen SCHADSTOFF- QUELLE(N) Art der relevanten Schadstoffe Räumliche Lage der Quellbereiche Zustand der Schadstoffe (Phase) Abschätzung Schadstoffmengen Grundwasserbelastung in der Quelle Abstand Sanierungsbrunnen zur Quelle SCHADSTOFF- FAHNE Lage und Abgrenzung der Schadstofffahne Konzentrationsentwicklungen Zusammenhang zw. Quelle, Schadstofffahne u. Schutzgüter Schadstoffentfernung durch Brunnen Natural Attenuation Prozesse sofern vorhanden SCHADSTOFF- TRANSPORT Emission Boden-Bodenluft Emission Boden-Grundwasser Emission Grundwasser-Bodenluft Transport im Grundwasser Schadstoffaustrag aus Quelle Zustrombelastungen Abb. 8: Konzeptionelles Standortmodell mit den Bausteinen Geologie, Hydrogeologie, Schadstoffquellen, -fahne und -transport 27 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Schadstoffquelle Ziel der Zustandsbeschreibung des Schadensherds ist es, das Nachlieferungspotenzial zum gegenwärtigen Zeit- punkt abzuschätzen und eine hinreichende Datengrund- lage für eine langfristige Prognose der Auswirkungen im Abstrom zu schaffen. Dazu ist/sind zunächst die Schadstoffquelle(n) in ihrer räumlichen Lage und Charakteristik zu beschreiben. Eine wesentliche Komponente ist die Überprüfung der Anwe- senheit von freier oder residualer Phase als Einflussgröße auf den Sanierungsverlauf und die Schadstoffausbreitung unter Nicht-Sanierungsbedingungen. Sofern keine kon- kreten (Mess-)Daten vorliegen, sind z. B. auf Grundlage der gemessenen, im Grundwasser gelösten Schadstoff- anteile Abschätzungen zu treffen. Die Beschreibung der Schadstofffahne umfasst gleichzeitig die Darstellung der physiko-chemischen und biologischen Eigenschaften der Schadstoffe (Potenzial zur Verflüchtigung, Sorption, bio- logischer Abbau). Die Abschätzung der eingetragenen Schadstoffmenge, unter Berücksichtigung der Schadstoff- reduzierung während der aktiven Sanierung erfolgte be- reits während der Effizienzüberprüfung und wird hier le- diglich der Vollständigkeit halber aufgeführt. Die wesentlichen Informationen sollten wiederum in Schnitten sowie ergänzend in Lageplänen dargestellt wer- den. Folgende Inhalte sollten beschrieben werden: ? Räumliche Lage des Schadensherdes (horizontale und vertikale Ausdehnung in gesättigter und /oder ungesät- tigter Zone) ? Eigenschaften der relevanten Schadstoffe (organisch, anorganisch, physiko-chemische und biologische Ab- baubarkeit) ? Zustand der Schadstoffe (freie Phase, residuale Phase) ? Abnahme der Schadstoffmenge und –konzentrationen im Schadensherd ? Grundwasserbelastung im Schadensherd (zu Beginn der Sanierung und aktuell), falls dieser im gesättigten Bodenbereich liegt ? Abstand zwischen Sanierungsbrunnen und Schadens- herd Schadstofffahne (sofern noch vorhanden) Sofern noch vorhanden und bekannt, soll die aktuelle Ge- stalt der Schadstofffahne aus dem Zeitraum vor und wäh- rend der Sanierung in die Lageplandarstellungen sowie in die Schnittdarstellungen eingearbeitet werden. Histo- rische Daten können ggfs. einen Hinweis über die Aus- breitungsrichtung und den Rückhalt der Schadstoffe nach Beendigung der Sanierung geben. Aktive Messungen sind nicht vorgesehen. Folgende Inhalte sollten, sofern vorhanden und bekannt, beschrieben werden: ? Lage und Abgrenzung der vorhandenen Schadstoff- fahnen (Plausibilisierung mit der vorherrschenden Richtung des hydraulischen Gradienten und der ermit- telten Grundwasserfließgeschwindigkeit / Zeitpunkt des Schadstoffeintrages) ? Konzentrationsentwicklungen in allen Grundwasser- aufschlüssen. Entwicklung von Schadstofffrachten ent- lang von Ebenen. ? Zusammenhang zwischen Schadensherd, Schadstoff- fahne und Schutzgütern ? Schadstoffaustrag im Brunnen / Pegel (Konzentration in Abhängigkeit der Förderraten / Frachten) ? Natural Attenuation Prozesse im Grundwasser (Vor- handensein von Metaboliten, Ausbildung von Redox- zonen) Schadstofftransport Basierend auf den vorherigen Daten sollen die Mechanis- men für den Schadstofftransport beschrieben werden. Zu berücksichtigen sind die Transferpfade: ? Boden – (Sickerwasser) – Grundwasser – Transport im Grundwasser ? Boden – Bodenluft – (Raumluft) ? Grundwasser – Bodenluft – (Raumluft) 28 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 7.3 Arbeitsschritt 2: Prognose der Schadstoffausbreitung nach einer möglichen Beendigung der aktiven Sanierung Folgende Methoden stehen zur Abschätzung der Schad- stoffausbreitung im Grundwasser zur Verfügung: ? Auswertung der Konzentrationsreihen von Daten, die vor der Aufnahme der aktiven Sanierung gemessen wurden, z. B. zur Ermittlung der Retardierung ? Analogieschlüsse von bekannten stationären MNA- Schadstofffahnen (Schadstoffgruppen für die kurze Fah- nenlängen und geringe Quellstärken typisch sind sowie Standorte, bei denen Schutzgüter im Grundwasserab- strom nicht gefährdet werden können), vgl. LfU (1997) ? Berechnungen mittels analytischer Modelle (nur für einfache und/oder eindeutige Standortverhältnisse) ? Berechnungen mittels numerischer Modelle, die kom- plexe Strömungs-, Transport- und Reaktionsprozesse darstellen können Die Abschätzungen können immer nur mit einer ent- sprechenden Unsicherheit / Wahrscheinlichkeit angegeben werden, die durch den Gutachter im Einzelfall zu benen- nen ist. Diese Unsicherheiten sind im Rahmen der fachli- chen Prüfung durch die Behörde / Bewertungskommission für Bodenschutz und Altlasten zu berücksichtigen. Bei der Prognose der Schadstoffausbreitung nach Beendi- gung der Sanierung sind mindestens folgende Fälle und Randbedingungen zu betrachten: 1. Grundwasserfließweg (bzw. mögliche Migrationsbahn) bis zum nächsten Vorfluter, in den das verunreinigte Grundwasser infiltriert. Grundwasserströmungen in andere (oberhalb oder unterhalb gelegene) Grund- wasserleiter sind zu berücksichtigen. Der Fließweg ist mit einer Fließbahn (Migrationsbahn) und mit einem Schwankungsbereich der natürlichen Fließrichtungs- schwankungen anzugeben. Sofern diese unbekannt sind, ist eine Schwankungsbreite von +/- 30° anzuset- zen. 2. Darstellung der räumlichen Schadstoffausbreitung im Grundwasser in einem ‚sicheren‘ und einem ‚wahr- scheinlichen‘ Szenario. In Abhängigkeit von den Schad stoffeigenschaften können folgende Kategorien angesetzt werden: 2.1. Geringe Retardation und geringer /kein Abbau (z. B. Schwermetalle) 2.2. Mit Retardation und geringem Abbau (z. B. hochmolekulare PAK) 2.3. Mit Retardation und nachweislichem Abbau (z. B. MKW) 3. Darstellung der Lage der Schadstofffahnenspitze in den ersten zehn Jahren in Jahresschritten, danach zehn- jährlich. Weiterhin sind mindestens folgende Abschätzungen durchzuführen: 1. Bei mehrstöckigen Grundwasserleitern: Darstellung und Beschreibung des Grundwasserleiters im Hangen- den und Liegenden des belasteten Grundwasserleiters. Angabe der relativen Druckverhältnisse zueinander entlang des Fließweges bis zum Vorfluter. 2. Grundsätzlich: Darstellung und Beschreibung des Grundwasserleiters unterhalb des belasteten Grund- wasserleiters (sofern vorhanden). Angabe der relativen Druckverhältnisse zueinander entlang des Fließweges bis zum Vorfluter. 3. Durchflussraten (m³ Wasser / m² Querschnittsfläche) und Abstandsgeschwindigkeiten von dem betroffenen Grundwasserleiter und von dem jeweils darüber und darunter liegenden Grundwasserleiter. 4. Schadstofffrachten und Konzentrationen unter Be- rücksichtigung der natürlichen Fließrichtungsschwan- kungen im betroffenen Grundwasserleiter. Sofern es wegen unterschiedlicher Druckverhältnisse Hinweise darauf gibt, Abschätzung von Schadstoffübergängen zwischen einzelnen Grundwasserleitern (Angaben von Schadstofffrachten und resultierenden Konzentrationen). 5. Berücksichtigung von Hintergrundbelastungen (geo- gen, anthropogen) und/oder weiteren Schadensfällen im Prognosegebiet. Berechnung der Gesamtfracht und Vergleich mit der Hintergrundbelastung. 29 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 7.4 Arbeitsschritt 3: Prüfung der zukünftigen Beeinflussung von Schutzgütern und ggfs. Prüfung von Belangen betroffener Dritter In Arbeitsschritt 3 werden alle schutzwürdigen Nutzun- gen, die im prognostizierten Abstrom über einen Wir- kungspfad den Schadstoffen exponiert sind, bestimmt und kartiert. In Bezug auf zukünftig beeinflusste Schutzgüter können folgende Wirkungspfade relevant sein: ? Grundwasser – Bodenluft – Innenraumluft – Mensch ? Grundwasser – Bodenluft – Pflanze ? Grundwasser – Grundwassernutzung (Trinkwasser für Mensch und Vieh, Bewässerung) ? Grundwasser – Oberflächengewässer (stehende Gewässer, Vorfluter) Belange Dritter umfassen hierbei: ? z. B. Eigentumsrechte, gegenwärtige oder geplante Nutzungsrechte sowie -gebiete (z. B. Wasserrechte, Er- schließungsgebiete) ? Einschränkungen privater oder gewerblicher Nut- zungen von Grundwasser (z. B. Brauchwasser, Wärme- oder Kältegewinnung durch Brunnenanlagen, Nutzung von Wasser zur Feldbewässerung, Gartenbrunnen) ? Einschränkungen gewerblicher Nutzung von Oberflä- chengewässern (z. B. Fischteiche, Badeseen) ? Trinkwassergewinnung ? Einschränkungen bei bestehenden Siedlungsgebieten (Bebauungsplan) ? Wohngebiete: Einschränkungen der Möglichkeit zur Nutzung von Geothermie (vorwiegend Erdwärmesonden, unter- geordnet Brunnenanlagen) ? Gewerbe- / Industriegebiete: Einschränkungen der Möglichkeit zur Nutzung von Geothermie (bei Produktions- und Warenhäusern vorwiegend Brunnenanlagen und Energiepfähle zur Klimatisierung, untergeordnet Erdwärmeson- den) ? Nachteile bei der Vermarktung zukünftiger Siedlungs- gebiete (Flächennutzungsplan) ? Wohngebiete: Wertminderung durch wegfallende Optionen zur Nutzung von Geothermie ? Gewerbe- / Industriegebiete: Wertminderung bzw. mögliches K.o.-Kriterium für spezielle Branchen, z. B. bei Wegfall von Grund- wassernutzungen zur regenerativen Klimatisierung Die oben genannten Auflistungen sind nicht abschlie- ßend. Entsprechend den genannten, möglichen Belangen Drit- ter sind mindestens folgende Informationsquellen auszu- werten: ? Regionalpläne/Flächennutzungspläne/Bebauungspläne (Baubehörde) ? geplante Flächenuntersuchungen (Baubehörde) ? Wasserrechtliche Erlaubnisse und Genehmigungen (Wasserbehörde) ? Wasserschutzgebiete (Heilquellen = Schutzgebiet) (Wasser behörde) Auf der Basis der prognostizierten Schadstoffausbreitung bis zum Vorfluter steht der mögliche, räumliche Einfluss- bereich der Schadstoffe auf Schutzgüter / Belange Dritter fest. Der Einflussbereich wird mit den vorhandenen oder zukünftigen Nutzungen oder Interessen Dritter abgegli- chen. 30 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 7.5 Arbeitsschritt 4: Vorschlag zu Kontrollmaßnahmen Für den Fall, dass die zuständige Behörde die Sanierung als nicht verhältnismäßig bewertet, sind die prognostizier- ten Auswirkungen in Bezug auf die Schutzgüter/Belange Dritter zu überwachen. Der Umfang und die Häufigkeit der Kontrollmaßnahmen sollten die Aussagesicherheit der Prognose widerspiegeln: Je unsicherer die Prognose, desto intensiver muss über- wacht werden. Ziel der Kontrollmaßnahmen ist es, die Prognose anhand von im Feld erhobenen Daten zu bestä- tigen. Zur Durchführung der Kontrolle wird es im Regel- fall erforderlich sein, das bestehende Grundwassermess- stellennetz zu erweitern. Eine höhere Aufschlussdichte im unmittelbaren Abstrom ermöglicht einen zeitnahen Ab- gleich der Prognose mit den realen Bedingungen. Gleich- zeitig empfiehlt es sich mit einer höheren Überwachungs- frequenz zu beginnen und diese in Abhängigkeit der Er- gebnisse anzupassen. 8 Schlussbemerkung Nach Überprüfung der fachtechnischen Grundlagener- mittlung der Elemente A, B und C (siehe Abb. 1) durch den Sanierungspflichtigen und Vorlage der Ergebnisse bei 7.6 Arbeitsschritt 5: Kriterien für die Wiederaufnahme der aktiven Sanierung Für den Fall, dass die Kontrollmaßnahmen die Prognosen nicht bestätigen, sind Kriterien für die Wiederaufnahme der aktiven Sanierung festzulegen. Vorschläge hierzu wer- den vom Sanierungspflichtigen bzw. von dessen Gutachter zusammen mit der Prognose erarbeitet und von den zu- ständigen Behörden festgelegt. Als Kriterien für die Wiederaufnahme der aktiven Sanie- rung dienen in der Regel Konzentrationen in Messpunk- ten, die in Abhängigkeit von der Lage und Sensitivität der Schutzgüter festzulegen sind. der Behörde, obliegt es der zuständigen Behörde, die Ver- hältnismäßigkeit der Maßnahme zu prüfen und den weite- ren Handlungsbedarf zu formulieren. ANHANG A ERLÄUTERUNGEN ZU DEN ANLAGAUSLEGUNGEN 31 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW ANHANG A Erläuterungen zu den Anlagenauslegungen In den Abbildungen A2, A4 und A6 sind die Kennzahlen für die drei Anlagenauslegungen dargestellt. Hinsichtlich der angegebenen Kennzahlen ist dabei die Spannbreite in der Kalkulation von etwa 15 % zu berücksichtigen. Die Spannbreite ist in den Grafiken dargestellt. Die Vergleichskennzahlen verhalten sich in Abhängigkeit der Eingangskonzentrationen und Fördermengen nicht linear. Dies hängt damit zusammen, dass die Kosten für Wartungen, Reparaturen, die ingenieurtechnische Beglei- tung sowie die Analytik im Wesentlichen von der Schad- stoffbelastung entkoppelt sind. Darüber hinaus sind bei größeren Fördermengen und größeren Schadstoffgehalten hinsichtlich der Energieeffizienz der Aggregate sowie der Ausnutzung der Beladungskapazität günstigere Bedin- gungen gegeben, wodurch die spezifischen Kosten je m³ sinken. Für einen überschlägigen Vergleich wird dennoch vorgeschlagen, zwischen den Kennzahlen linear zu inter- polieren und die Zahlen in der Zukunft mit einer jährli- chen Preissteigerungsrate von cirka 2 % anzuheben. Unter Berücksichtigung einer Spannbreite in der Kalku- lation von etwa 15 % gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Anlagentechnik nicht optimal ausgelegt ist oder nicht effizient arbeitet, wenn die angegebenen Vergleichskenn- zahlen diese Spannbreite überschreiten. In diesem Fall sind Überprüfungen der Wirtschaftlichkeit erforderlich. Grundsätzlich sind standortspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen (z. B. kostenintensive Chemikaliendo- sierung), die auch mögliche Abweichungen von den Ver- gleichszahlen plausibel erklären können. ANHANG A ERLÄUTERUNGEN ZU DEN ANLAGAUSLEGUNGEN 32 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Erläuterungen zu Anlagenauslegung 1 Pump-and-Treat: Brunnenpumpen ? Mehrschichtfilter ? Wasseraktiv- kohlefilter Die direkte Wasseraktivkohlefiltration kommt meist dann zum Einsatz, wenn die abzureinigenden Stoffe hinreichend gut in der wässrigen Phase an der Aktivkohle adsorbieren (Ausnutzung der Beladungskapazität) oder eine Überfüh- rung in die Gasphase, bedingt durch die Stoffeigenschaf- ten, nicht möglich bzw. nicht wirtschaftlich ist. Die Anla- genauslegung 1 wird meist bei geringeren Fördermengen gewählt. Auch kann der Wasserchemismus (z. B. Kalkge- halt) im Einzelfall die Anwendung der Desorption (Anla- genauslegung 2) unpraktikabel werden lassen. Vergleichskennzahlen zu Gesamtbetriebskosten pro m³ Wasser für Anlagenauslegung "Mehrschichtfilter ? Wasseraktivkohlefilter" Konzentration LCKW Fördermenge 5 m³/h 25 m³/h 100 m³/h 100 µg/l 1,36 € 0,41 € 0,32 € 250 µg/l 1,37 € 0,42 € 0,33 € 1.000 µg/l 1,49 € 0,54 € 0,44 € 5.000 µg/l 2,26 € 1,31 € 1,21 € Spannbreite der Kalkulation 15% Alle Kosten ohne Mehrwertsteuer (Stand 2019) Abb. A 1 : Verfahrensfließbild zu Vergleichskennzahlen für Anlagenauslegung "Mehrschichtfilter ? Wasseraktivkohlefilter" LEGENDE Rückspülung, Wasser Rückspülung, Luft DruckerhöhungspumpeDEH DEH 3 Rohwasser- vorlage Rückspülwasser- auffangbehälter Klarphasen- pumpe Rückspülpumpe Ablauf Zulauf Reinwasser- becken Rückspülverdichter Wasseraktiv- kohlefilter 1 Wasseraktiv- kohlefilter 2 Mehrschicht- Filter DEH 1 DEH 4 50 100 K os te n je m ³ 1.000 10.000 Schadstoffbelastung [µg/l] 0,00 € 0,20 € 0,40 € 0,60 € 0,80 € 1,00 € 1,20 € 1,40 € 1,60 € 1,80 € 2,00 € 2,20 € 5 m³/h 25 m³/h 100 m³/h 2,40 € Abb. A 2 : Vergleichskennzahlen zu Gesamtbetriebskosten pro m³ Wasser für Anlagenauslegung "Mehrschichtfilter ? Wasseraktivkohlefilter" (Stand 2019) ANHANG A ERLÄUTERUNGEN ZU DEN ANLAGAUSLEGUNGEN 33 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Erläuterungen zu Anlagenauslegung 2 Pump-and-Treat: Brunnenpumpen ? Mehrschichtfilter ? Desorption und Luftaktivkohle Die Desorption wird hingegen meist bei flüchtigen Sub- stanzen eingesetzt, da diese Stoffe, bedingt durch ihre Flüchtigkeit, leicht in die Gasphase überführt werden können und Luftaktivkohle im Vergleich zur Wasseraktiv- kohle eine deutlich höhere Beladungskapazität hat. Es gibt hinsichtlich der Schadstoffbelastung sowie dem Fördervolumenstrom keine allgemeingültigen Einsatzgren- zen, vielmehr ist standortspezifisch eine Einzelfallprüfung erforderlich. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Ver- gleich der erreichbaren Aktivkohlebeladung für die Luft und die Wasserphase sowie der zusätzlichen technischen Aufwendungen für den Prozessschritt der Desorption. Bei der Kalkulation für die Bodenluftabsaugung wurde ab einer Bodenluftkonzentration von 1.000 mg /m³ und grö- ßer eine Technik mit Explosionsschutz angesetzt. Abb. A 3 : Verfahrensfließbild zu Vergleichskennzahlen für Anlagenauslegung "Mehrschichtfilter?Desorption? Luftaktivkohle" LEGENDE Rückspülung, Wasser Rückspülung, Luft Strippluft Druckerhöhungs- pumpeDEH Strippturm 1 Wasserab- scheider Strippluft- ventilator Luftaktiv- kohlefilter 1 Luftaktiv- kohlefilter 2 Lufterhitzer Reinluft Strippturm 2 DEH 2 DEH 3 Rohwasser- vorlage Rückspülwasser- auffangbehälter Klarphasen- pumpe Rückspülpumpe Ablauf Zulauf Reinwasser- becken Rückspülverdichter Wasseraktiv- kohlefilter 1 Wasseraktiv- kohlefilter 2 Mehrschicht- Filter DEH 1 DEH 4 Abb. A 4 : Vergleichskennzahlen zu Gesamtbetriebskosten pro m³ Wasser für Anlagenauslegung "Mehrschichtfilter ? Desorption ? Luftaktivkohle" (Stand 2019) 50 100 Schadstoffbelastung [µg/l] K os te n je m ³ 1.000 10.000 0,00 € 0,20 € 0,40 € 0,60 € 0,80 € 1,00 € 1,20 € 1,40 € 1,60 € 1,80 € 2,00 € 2,20 € 2,40 € 5 m³/h 25 m³/h 100 m³/h Vergleichskennzahlen zu Gesamtbetriebskosten pro m³ Wasser für Anlagenauslegung "Mehrschichtfilter ? Desorption ??Luftaktivkohle" Konzentration LCKW Fördermenge 5 m³/h 25 m³/h 100 m³/h 100 µg/l 1,81 € 0,49 € 0,18 € 250 µg/l 1,82 € 0,58 € 0,19 € 1.000 µg/l 1,90 € 0,59 € 0,28 € 5.000 µg/l 2,26 € 1,07 € 0,76 € Alle Kosten ohne Mehrwertsteuer Spannbreite der Kalkulation 15% (Stand 2019) ANHANG A ERLÄUTERUNGEN ZU DEN ANLAGAUSLEGUNGEN 34 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Erläuterungen zu Anlagenauslegung 3 Bodenluftabsaugung: Wasserabscheidung ? Luftaktivkohlefilter Die Luftaktivkohlefiltration kommt zumeist dann zum Einsatz, wenn die zu reinigenden Stoffe hinreichend gut an der Aktivkohle adsorbieren (Ausnutzung der Bela- dungskapazität). Die Anlagenauslegung wird meist bei ge- ringeren Fördermengen gewählt. Vergleichskennzahlen zu Gesamtbetriebskosten pro m³ Bodenluft für Anlagenauslegung Bodenluftabsaugung "Wasserabscheidung ? Luftaktivkohlefilter" Konzentration LCKW Fördermenge 100 m³/h 200 m³/h 400 m³/h 100 µg/m³ 0,07 € 0,04 € 0,03 € 500 µg/m³ 0,08 € 0,05 € 0,04 € 1.000 µg/m³ 0,08 € 0,05 € 0,04 € 10.000 µg/m³ 0,17 € 0,13 € 0,12 € Alle Kosten ohne Mehrwertsteuer Spannbreite der Kalkulation 15% (Stand 2019) Abb. A 5 : Verfahrensfließbild zu Vergleichskennzahlen für Anlagenauslegung Bodenluftabsaugung "Wasserabscheidung ? Luftaktivkohlefilter" Abb. A 6 : Vergleichskennzahlen zu Gesamtbetriebskosten pro m³ Bodenluft für Anlagenauslegung Bodenluftabsaugung "Wasserabscheidung ? Luftaktivkohlefilter" (Stand 2019) 50 100 Schadstoffbelastung der Bodenluft in mg/m³ sp ez ifi sc he K os te n je m ³ 1.000 10.000 0,00 € 0,02 € 0,04 € 0,06 € 0,08 € 0,10 € 0,12 € 0,14 € 0,16 € 0,18 € 100 mg/m³ 200 mg/m³ 400 mg/m³ Wasserab- scheider Pumpe Wasseraktivkohle- adsorption Verdichter Reinwasser Reinluft Bodenluft- pegel Lastfilter Polizeifilter ANHANG B VEREINFACHTE AUSWERTUNG ZUR ABSCHÄTZUNG VON GESAMTLAUFZEITEN UND -KOSTEN 35 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit wurden Textteile vom Hauptteil der Handlungshilfe 2012 aufgenommen. ANHANG B Vereinfachte Auswertung zur Abschätzung von Gesamtlaufzeiten und -kosten von Pump-and-Treat-Maßnahmen (inkl. Anleitung zu MS-Excel-Dokument) ANHANG B VEREINFACHTE AUSWERTUNG ZUR ABSCHÄTZUNG VON GESAMTLAUFZEITEN UND -KOSTEN 36 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 1 Konzept und Vorgehensweise Die Berechnung der Gesamtlaufzeit kann mit einem stark vereinfachten standardisierten Verfahren erfolgen, mit dem es möglich ist auch bei Unkenntnis von einigen Ein- gangsparametern nach gutachterlichem Ermessen Sensiti- vitätsanalysen durchzuführen. Abb. B1) und die Tailing-Prozesse werden im Rahmen der qualifizierten Abschätzung der Gesamtlaufzeiten jeweils als "Black-Box" definiert. Dabei wird lediglich das Ergeb- nis der Prozesse in der jeweiligen "Black-Box" berücksich- tigt. Abb. B2 zeigt das Prinzip der Berechnung. Der Untergrund wird in Schichten unterschiedlicher Durchlässigkeiten eingeteilt. Wasser durchströmt die Schadstoffquelle, bei der für jede Schicht das Schadstoff- potenzial abgeschätzt werden muss. Durch Lösungspro- zesse (= "Black-Box") strömt in Abhängigkeit der Schad- stoffverteilung oder Durchlässigkeit schadstoffbelastetes Grundwasser ab, dessen Konzentration schichtbezogen variiert. Durch Tailing-Effekte (= "Black-Box") während der Pump- and-Treat-Maßnahme erfolgt eine Reduzierung der Kon- zentrationen. Der Brunnen selbst erfasst schließlich diese schichtbezogenen Frachten (unterschiedliche Mengen und Konzentrationen), die durch die Grundwasserent- nahme im Brunnen vermischt werden (Abb. B2). Ausge- hend von diesem einfachen Modell kann die Gesamtlauf- zeit der Maßnahme abgeschätzt werden. Die Berechnung der Gesamtlaufzeit beruht nicht auf ei- nem Modell das im Detail versucht, die Prozesse von der Schadstoffquelle über den Grundwasserpfad bis in den Brunnen hinein vollständig abzubilden. Die natürlichen Prozesse im Mikrokosmos des Schadensherdes (siehe Organische Substanz Bodenpartikel (Feststoff) Immobiler Anteil Grundwasser Sekundäre Fließwege Grundwasser Residuale NAPLs GRUNDWASSER PRÄFERENZIELLER FL IE SS W EG t = Schadstoffeintrag Grundwasserstauer Schicht 4 Schicht 3 Schicht 2 Schicht 1 0 Konzentration C2 in Abstrom Konzentration Konzentration C C 3 4 in Abstrom in Abstrom Tailing Tailing Tailing Messstelle Brunnen Q Q Q 2 3 4 c c c 2 verdünnt 3 verdünnt 4 verdünnt Durchlässigkeit 1 Durchlässigkeit 2 Durchlässigkeit 3 Durchlässigkeit 4 Schadstoff- potenzial in Abhängigkeit der Residual- sättigung Schadstoff- verteilung Abb. B 1 : Mikrokosmos eines Schadensherdes Abb. B 2 : Schema zur Berechnung der Gesamtlaufzeit einer Sanierung durch Pump-and-Treat-Maßnahmen ANHANG B VEREINFACHTE AUSWERTUNG ZUR ABSCHÄTZUNG VON GESAMTLAUFZEITEN UND -KOSTEN 37 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Eine wesentliche für die Berechnung notwendige Infor- mation ist neben der Kenntnis der unterschiedlichen Durchlässigkeiten des Untergrundes das Schadstoffpo- tenzial im Verunreinigungsherd (Quelle) und dessen Tiefenverteilung. Das Potenzial und die Tiefenverteilung der Schadstoffe in der Quelle sind in den seltensten Fäl- len bekannt und müssen abgeschätzt werden. Vereinfacht können dann gedanklich die Schadstoffe über eine zu de- finierende Eintragsfläche (Schadensherdfläche z. B. 1 m²) von der Oberfläche in den Untergrund versickert werden. In Abhängigkeit der Durchlässigkeiten wird eine Residu- alsättigung angesetzt, die multipliziert mit dem Schichtvo- lumen unterhalb der Versickerungsfläche die schichtbezo- gene Schadstoffmenge definiert (Abb. B3). Die abgeschätzten Residualsättigungen von Perchlore- then/Trichlorethen betragen nach LfU (1985) bei unter- schiedlichen kf -Werten: kf = 1 x 10-2 m/s ¦ 5 l/m3 = 1 x 10-3 m/s ¦ 20 l/m3 = 1 x 10-4 m/s ¦ 50 l/m3 Vereinfacht kann bei Per- und Trichlorethen von einer Dichte 1,5 g /cm3 ausgegangen werden. Zum aktuellen Bewertungsstichtag, der häufig Jahrzehn- te nach dem Eintrag liegt, werden die noch verbliebenen Restmengen im Schadensherd durch Abzug der schon natürlich oder aktiv ausgetragenen Schadstoffmengen be- rechnet. Die beschriebene Vorgehensweise kann bei bekannten Schadstoffverteilungen oder bei bekannten Eintragsmen- gen kalibriert bzw. verfeinert werden. Die Prognose in die Zukunft (siehe Abb. B4) erfolgt mit einem schichtbezogenen Dreisatz, der letztlich die dar- gestellten theoretischen Austragskurven berechnet (siehe Abb. B5). Mit der Kenntnis der Tiefenverteilung der Konzentratio- nen und der in den Brunnen eintretenden Wassermengen ("Produktivität") kann mit diesem schichtbezogenen An- satz die Zeitdauer der Auslaugung des Schadensherdes er- rechnet werden. Wichtig ist dabei die Konzentrationsver- t = Schadstoffeintrag Grundwasserstauer Schicht 4 Schicht 3 Schicht 2 Schicht 1 0 Schadmenge 1 Schadmenge 2 Schadmenge 3 = Residualsättigung = Residualsättigung = Residualsättigung Schichtvolumen Schichtvolumen Schichtvolumen / 2 ungesättigter Bereich gesättigter Bereich gesättigter Bereich Abb. B 3 : Schema zur Abschätzung der Schadstoffmenge im Schadensherd (Quelle) ANHANG B VEREINFACHTE AUSWERTUNG ZUR ABSCHÄTZUNG VON GESAMTLAUFZEITEN UND -KOSTEN 38 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW teilung nicht unmittelbar in oder im Abstrom der Schad- stoffquelle, sondern im Brunnen zu kennen. Im Rahmen der Erstellung dieser Handlungshilfe wurde ein Excel-Sheet zur Abschätzung der Sanierungsgesamt- laufzeit erstellt. Die Verwendung des Excel-Sheets ent- bindet jedoch nicht von der sorgfältigen gutachterlichen Bearbeitung jedes Einzelfalls. An die Berechnung der Gesamtlaufzeit, eventuell mit worst- und best-case-Annahmen, schließt sich die Berech- nung der Gesamtkosten an. Die Gesamtkosten berechnen sich als Kostenbarwert nach den Leitlinien zur Durchfüh- rung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen der LAWA 2005 und werden einer progressiv jährlich steigenden Kostenreihe ausgewiesen. Mit dieser Methode wird ein fiktiver Geldbetrag errechnet, der zum jetzigen Zeitpunkt zur Verfügung gestellt wird, jährlich Zinsen abwirft und von dem bis zum Ende der Gesamtlaufzeit die Betriebs- kosten abgezogen werden. HINWEIS Falls Informationen über die horizontierte Schad- stofffrachtverteilung im Sanierungsbrunnen fehlen, kann die Verteilung mit überschaubarem Aufwand mit Flow-Meter-Messungen und einer horizontier- ten Probenahme erhoben werden. Zur Feststellung möglicher Phasen gibt es unter- schiedliche Untersuchungsmethoden, z. B. Direct- push-Sondierungen. Weitere Untersuchungsmetho- den sind in den Schriften des a l t l a s t e n f o r u m s Ba- den-Württemberg und in den Veröffentlichungen des BMBF-Forschungsprojektes KORA beschrie- ben. ! Q 1 1c. Q Q1 21 2c c. .+ t c t Zeit Q 2 2c. 0 1 Abb. B 5 : Schadstofffrachten in geschichtetem Aquifer und berechnete Austragskurve t = Schadstoffeintrag Grundwasserstauer Schicht 4 Schicht 3 Schicht 2 Schicht 1 0 Schadmenge 2 Schadmenge 3 n n 2 3 Jahre Jahre Q Q 2 3 c c = 0 = 0 2 3 verdünnt verdünnt Abb. B 4 : Schema zur Abschätzung der Restlaufzeit der Sanierung ANHANG B VEREINFACHTE AUSWERTUNG ZUR ABSCHÄTZUNG VON GESAMTLAUFZEITEN UND -KOSTEN 39 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Die Berechnung des Kostenbarwertes erfolgt nach folgen- der Formel: Wichtig ist bei der Angabe der Kosten, ob Netto- oder Bruttobeträge angegeben sind. Fehlende Daten Sollte sich während der Bearbeitung herausstellen, dass die vereinfachte Abschätzung der Gesamtlaufzeit nicht möglich ist, weil z. B. Daten über die Durchlässigkeits- verteilung, die Konzentrationsverteilung o. ä. fehlen, sind diese Daten nachträglich zu ermitteln. Phase vorhanden Ebenso kann bei der begründeten Annahme eines Schad- stoffpools bzw. des Vorhandenseins von Schadstoffen in Schluff-, Ton- oder organischen Schichten die Berechnung abgebrochen werden. In diesen Fällen ist eine Dekonta- mination mit Pump-and-Treat meist nicht sinnvoll. Unter Umständen muss mit komplexeren Untersuchungsme- thoden und Berechnungen geprüft werden, ob in diesen Schichten vorhandene Phasen mit derzeitig verfügbaren Techniken sanierbar sind. Festlegung des Kriteriums „Laufzeit > 25 Jahre" Nach den Testläufen mit dem in der Handlungs- hilfe verwendeten Abschätzverfahren zur Prognose der Laufzeit, waren in den meisten Fällen die Ein- gangsdaten sehr ungenau. Bei einer Variation dieser Eingangsdaten innerhalb eines plausiblen Wertebe- reichs (Sensitivitätsanalyse) haben sich rechnerische Laufzeiten zwischen 1 und 25 Jahren ergeben. Des- halb wurde als Kriterium die Laufzeit „25 Jahre“ festgelegt, unterhalb derer man noch von einer „ab- sehbaren Zeit“ der Sanierung (Dekontamination) sprechen kann. ! Kostenbarwert = Diskontierungsfaktor x jährliche Betriebskosten ANHANG B VEREINFACHTE AUSWERTUNG ZUR ABSCHÄTZUNG VON GESAMTLAUFZEITEN UND -KOSTEN 40 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Vorgehensweise: 1. Auf dem Tabellenblatt „Vorgaben“ die Residualsätti- gungen, die Dichte des vorliegenden Schadstoffs und die Konzentration im Pumpbetrieb in die zugehörigen Felder eintragen. 2. Auf Tabellenblatt „Tabelle 1“ wechseln. 3. Nach Öffnen des Tabellenblatts mit dem Button „For- mat c:\“ die eventuell noch in der Datei vorhandenen Eintragungen löschen. 4. Eingabe der Mächtigkeiten der einzelnen Boden- schichten. Bei nicht benötigten Bodenschichten die Eingabefelder nicht ausfüllen! 5. Eingabe der Fläche der einzelnen Bodenschichten. Bei nicht benötigten Bodenschichten die Eingabefelder nicht ausfüllen! 6. Wenn für jede Bodenschicht kf-Werte bekannt sind, den Button „Bekannt ja/nein“ in der Spalte „kf-Werte“ anklicken. In dem sich öffnenden Fenster in der linken Spalte die jeweiligen kf-Werte eintragen und mit dem Button „Nach Eingabe hier bestätigen“ bestätigen. Das Feld „mittlerer kf-Wert“ am Ende der Spalte muss in diesem Fall nicht ausgefüllt werden. 7. Wenn die einzelnen kf-Werte nicht bekannt sind, den (angenommenen) mittleren kf-Wert in das Feld „mittlerer kf-Wert“ eintragen. Die kf-Werte können nach Eingabe der einzelnen Produktivitäten, das heißt Schichtergiebigkeiten (siehe Punkt 9), mit dem Button „Automatische Berechnung für alle Bodenschichten“ in o.g. Fenster berechnet werden. 8. Das Porenvolumen der einzelnen Bodenschichten in die Spalte „Porenvolumen“ eintragen. Bei nicht benöti- gten Bodenschichten die Eingabefelder nicht ausfüllen! 9. Wenn für jede Bodenschicht die jeweilige Produktivi- tät bekannt ist, den Button „Bekannt ja /nein“ in der Spalte „Verteilung Durchlässigkeit, Produktivität“ an- klicken. In dem sich öffnenden Fenster in der linken Spalte die jeweilige Produktivität eintragen und mit dem Button „Nach Eingabe hier bestätigen“ bestätigen. 10. Wenn die einzelnen Produktivitäten nicht bekannt sind, können diese in dem o. g. Fenster mit dem But- ton „Automatische Berechnung für alle Bodenschich- ten“ berechnet werden. Für diese Berechnung müssen allerdings für jede Bodenschicht kf-Werte eingetragen sein (siehe Punkt 6). 11. Das natürliche Gefälle in das Feld „natürliches Gefälle“ am Ende der Spalte „Verteilung Durchlässigkeit, Pro- duktivität“ eintragen. Die Excel-Auswertetools stehen im Internetangebot der LUBW (Altlasten\Anwendungsprogramme) zum Down- load bereit. Eintragungen dürfen NUR in weiß hinterleg- ten Feldern mit orangefarbener Umrandung vorgenom- men werden. Die übrigen Felder dürfen NICHT verän- dert werden. Es müssen mindestens zwei Bodenschichten im gesättigten Bereich angelegt werden. Werden Daten in einer bestehenden Datei geändert, müssen alle nachfol- genden Berechnungen, die über Buttons ausgeführt wer- den, erneut durchgeführt werden. 2 Kurzanleitung MS-Excel-Auswerteprogramm "Tool Abschätzverfahren" ANHANG B VEREINFACHTE AUSWERTUNG ZUR ABSCHÄTZUNG VON GESAMTLAUFZEITEN UND -KOSTEN 41 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW 12. Die Schadstoffkonzentration in der Quelle oder dem unmittelbaren Abstrom für die einzelnen Boden- schichten in der Spalte „Konzentration in der Quelle oder dem unmittelbaren Abstrom“ eintragen. 13. Das Jahr der Feststellung in das Feld „Feststellung“ am Ende der Spalte „Konzentration in der Quelle oder dem unmittelbaren Abstrom“ eintragen. 14. Wenn der ursprüngliche prognostizierte Schadstoffein- trag bekannt ist, den Button „Bekannt ja /nein“ in der Spalte „Ursprüngliches Schadstoffpotenzial“ anklicken. In dem sich öffnenden Fenster in das Eingabefeld den prognostizierten Schadstoffeintrag eingeben und mit dem Button „Nach Eingabe hier bestätigen“ bestätigen. 15. Wenn der ursprüngliche prognostizierte Schadstoff- eintrag nicht bekannt ist, kann dieser über den But- ton „Berechnung starten“ in o. g. Fenster berechnet werden. Der Eintrag wird über die Annahme einer ursprünglich vorhandenen Verunreinigung bis zur Re- sidualsättigung (in Abhängigkeit der Durchlässigkeit) automatisch berechnet und kann händisch nachkorri- giert werden. 16. Das Jahr des Schadstoffeintrags in das Feld „Jahr Schadstoffeintrag“ am Ende der Spalte „Ursprüngliches Schadstoffpotenzial“ eintragen. 17. Wenn der derzeitige Schadstoffaustrag für jede einzel- ne Bodenschicht bekannt ist, den Button „Bekannt ja/nein“ in der Spalte „Derzeitige tiefenzonierte Ab- stromkonzentration“ anklicken. In dem sich öffnenden Fenster in das Eingabefeld den derzeitigen Schadstoff- austrag eingeben und mit dem Button „Nach Eingabe hier bestätigen“ bestätigen. 18. Wenn nur ein durchschnittlicher derzeitiger Schad- stoffaustrag bekannt ist, kann dieser in o. g. Fenster in das Eingabefeld unten rechts eingegeben und mit dem zugehörigen Button bestätigt werden. 19. Wenn weder einzelne, noch ein durchschnittlicher derzeitiger Schadstoffaustrag bekannt sind, muss in o. g. Fenster in das Eingabefeld oben rechts ein für alle Bodenschichten gültiger angenommener derzeitiger Schadstoffaustrag eingetragen und mit dem zugehö- rigen Button bestätigt werden. 20. Das Jahr des Sanierungsbeginns in das Feld „Jahr Sa- nierungsbeginn“ am Ende der Spalte „abgeströmte Schadstoffe“ eintragen. 21. Die Förderleistung der Brunnen in das zugehörige Ein- gabefeld eintragen. 22. Die bereits durch die Sanierung entfernten Schadstoffe in das zugehörige Eingabefeld eintragen. 23. Das Jahr der Berechnung in das zugehörige Einga- befeld am Ende der Spalte „Bereits entfernte Schad- stoffe“ eintragen. 24. Zur grafischen Darstellung des Schadstoffaustrags den Button „Grafik erstellen – Schadstoffaustrag“ anklicken. 25. Zur grafischen Darstellung des Schadstoffabbaus den Button „Grafik erstellen – Schadstoffabbau“ anklicken. Grundsätzlich müssen die Ergebnisse durch Plausibilitäts- abschätzungen überprüft werden. 42 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Abbildungsverzeichnis ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1 : Ablaufschema der fachtechnischen Grundlagenermittlung zur Vorbereitung der Verhältnis- mäßigkeitsprüfung langlaufender Pump-and-Treat-Maßnahmen (im Regelfall, Ausnahmen sind möglich) 11 Abb. 2 : Ablaufschema zur Prüfung des Optimierungspotenzials und technischer Alternativen bzw. Sanierungskonzepte. 13 Abb. 3 : Durch Tailing-Effekte beeinflusster Austragszustand 15 Abb. 4 : Vergleich der spezifischen Betriebskosten mit Bezug zum abgereinigten Grundwasser und zur ausgetragenen Schadstoffmenge (idealisierter Kurvenverlauf) 16 Abb. 5 : Verteilung der spezifischen Fördermengen im letzten aktuellen Betriebsjahr [m³/kg] der ausgewiesenen Sanierungsfälle 22 Abb. 6 : Verteilung der spezifischen Fördermengen im letzten aktuellen Betriebsjahr [kWh /kg] der ausgewiesenen Fälle 23 Abb. 7 : Verteilung der spezifischen Sanierungskostenen im letzten aktuellen Betriebsjahr [€ (netto) / kg] der ausgewiesenen Fälle 24 Abb. 8 : Konzeptionelles Standortmodell mit Bausteinen Geologie, Hydrogeologie, Schadstoffquel- len, -fahne und -transport 28 Abb. A 1 : Verfahrensfließbild zu Vergleichskennzahlen für Anlagenauslegung "Mehrschichtfilter ? Wasseraktivkohlefilter" 33 Abb. A 2 : Vergleichskennzahlen zu Gesamtbetriebskosten pro m³ Wasser für Anlagenauslegung "Mehrschichtfilter ? Wasseraktivkohlefilter" (Stand 2019) 33 Abb. A 3 : Verfahrensfließbild zu Vergleichskennzahlen für Anlagenauslegung "Mehrschichtfilter ? Desorption ? Luftaktivkohle" 34 Abb. A 4 : Vergleichskennzahlen zu Gesamtbetriebskosten pro m³ Wasser für Anlagenauslegung "Mehrschichtfilter ? Desorption ? Luftaktivkohle" (Stand 2019) 34 Abb. A 5 : Verfahrensfließbild zu Vergleichskennzahlen für Anlagenauslegung Bodenluftabsaugung "Wasserabscheidung ? Luftaktivkohlefilter" 37 Abb. A 6 : Vergleichskennzahlen zu Gesamtbetriebskosten pro m³ Bodenluft für Anlagenauslegung Bodenluftabsaugung "Wasserabscheidung ? Luftaktivkohlefilter" (Stand 2019) 35 Abb. B 1 : Mikrokosmos eines Schadensherdes 38 Abb. B 2 : Schema zur Berechnung der Gesamtlaufzeit einer Sanierung durch Pump-and-Treat -Maßnahmen 38 Abb. B 3 : Schema zur Abschätzung der Schadstoffmenge im Schadensherd (Quelle) 39 Abb. B 4 : Schema zur Abschätzung der Restlaufzeit der Sanierung 40 Abb. B 5 : Schadstofffrachten in geschichtetem Aquifer und berechnete Austragskurve 40 43 Verhältnismäßigkeitsprüfung – langlaufende Pump-and-Treat-Maßnahmen © LUBW Literaturverzeichnis ASTM International (2008): E 1689 – 95 Standard Guide for Developing Conceptual Site Models for Contaminated Sites, West Conshohocken. ASTM International (2008): D5979 – 96 Standard Guide for Conceptualization and Characterization of Groundwater Systems, West Conshohocken. DGG (2002): Fachsektion Hydrogeologie in der Deutschen Geologischen Gesellschaft: Hydrogeologische Modelle - Ein Leitfaden mit Fallbeispielen. HLNUG (2018) Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie: Arbeitshilfe zur Sanierung von Grundwasserverunreinigungen; Handbuch Altlasten, Band 3, Teil 7, 3. Auflage LABO (2009): Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz, Ständiger Ausschuss Altlasten – ALW, Ad-hoc Unterausschuss “Natürliche Schadstoffminderung”: Berücksichtigung der natürlichen Schadstoffminderung bei der Altlastenbearbeitung, Positionspapier vom 10.12.2009. LAWA (2005): Länderarbeitsgemeinschaft Wasser: Leitlinie zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen (KVR-Leitlinie). LAWA (2006): Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) und Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Boden (LABO): Grundsätze des nachsorgenden Grundwasserschutzes bei punktuellen Schadstoffquellen. LfU (1985): Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg: Leitfaden für die Beurteilung und Behandlung von Grundwasserverunreinigungen durch leichtflüchtige Chlorkohlen- wasserstoffe. LfU (1997): Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg: Handbuch Altlasten und Grundwasserschadensfälle. Literaturstudie zum natürlichen Rückhalt / Abbau von Schadstoffen im Grundwasser. LUBW (2008): Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg: Untersuchungsstrategie Grundwasser, Leitfaden zur Untersuchung bei belasteten Standorten. LUBW (2010): Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg: Altlastenbewertung-Priorisierungs- und Bewertungsverfahren Baden-Württemberg. PAYNE et al. (2008): Payne, F. C., Quinnan, J. A., Potter, S. T. Remediation Hydraulics: CRC Press. LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg Postfach 10 01 63 · 76231 Karlsruhe · Internet: www.lubw.baden-wuerttemberg.de