Zur Sanierung von Umweltschäden wird die Anwendbarkeit einer Reihe von Nanomaterialien untersucht und erprobt. Erste Erfahrungen bestehen mit der Anwendung von Nanoeisen zur Sanierung von Grundwasserschäden.
DATENBLATT NANOPRODUKTE
11. Dezember 2012 Langfassung
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Einsatz von Nanoeisen bei der Sanierung von Grundwasserschäden
1 Zusammenfassung
Zur Sanierung von Umweltschäden wird die Anwendbarkeit einer Reihe von Nanomaterialien
untersucht und erprobt. Erste Erfahrungen bestehen mit der Anwendung von Nanoeisen zur
Sanierung von Grundwasserschäden. Der Einsatz von Nanoeisen im Untergrund (in situ) ist ein
innovatives Sanierungsverfahren, das sich in Deutschland in der Entwicklung befindet und
bisher nur in Einzelfällen angewendet wurde, weshalb der Erfahrungsstand noch relativ gering
ist.
Das Verfahren wird bisher vor allem bei Grundwasserschäden mit chlorierten
Kohlenwasserstoffen angewendet. Unter geeigneten Bedingungen kann es sich durch eine
hohe Effektivität und eine kurze Sanierungsdauer auszeichnen.
Nach jetzigem Erkenntnisstand ist das Risiko für den Boden und das Grundwasser sowie für
aquatische Organismen durch das eingebrachte Nanoeisen als gering einzuschätzen. Es
bestehen jedoch Defizite bei der Erfassung des Verbleibs und der Ausbreitung von Nanoeisen
im Grundwasser, da mit der verfügbaren Analytik nicht sicher zwischen technisch
hergestelltem Nanoeisen und natürlichem Eisen in der Umwelt differenziert werden kann.
Für die Beurteilung der Nachhaltigkeit des In-situ-Verfahrens zur Grundwassersanierung
existiert noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf – sowohl hinsichtlich der
Umweltverträglichkeit als auch in Bezug auf das Umweltentlastungspotenzial im Vergleich zu
alternativen Verfahren.
2 Einleitung und Hintergrund
Die Nanotechnik gilt als eine der Schlüsseltechniken, deren Innovationsdynamik einen
wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung leisten
kann. Unter Umwelt- und Gesundheitsschutzaspekten ist die Nanotechnik hochinteressant, weil
sie Umweltentlastungs- und Ressourceneffizienzpotenziale erwarten lässt. Aber es besteht auch
die Besorgnis, dass die Freisetzung von Nanomaterialien1
1 Nanomaterialien bestehen aus abgrenzbaren strukturellen Bestandteilen in einer Größenordnung von
1 bis 100 Nanometern (1 nm = 10-9 m) in mindestens einer Dimension [siehe auch die Empfehlung der Kommission
vom 18.10.2011 zur Definition von Nanomaterialien (2011/696/EU)]. Nanopartikel sind eine Teilmenge der
Nanomaterialien und weisen alle drei Dimensionen o. g. Größenordnung auf. In der Umwelt kommen sowohl
natürliche als auch anthropogene Nanomaterialien vor. In der Nanotechnik werden technisch erzeugte
Nanomaterialien genutzt.
zu schädlichen Umwelt- und
Gesundheitswirkungen führen kann. Bei der Bewertung nanotechnischer Verfahren,
Anwendungen, Produkte und deren Entsorgung muss dies berücksichtigt werden.
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Das Umweltbundesamt begleitet die umweltrelevanten Entwicklungen der Nanotechnik und
nimmt Einfluss auf ihre umwelt- und gesundheitsverträgliche Entwicklung, um die
Innovationsdynamik in Richtung jener Techniken und Anwendungen zu lenken, die eine
effiziente, aber auch umwelt- und gesundheitsverträgliche Nutzung von Ressourcen aufweisen.
Das Umweltbundesamt veröffentlicht Datenblätter für ausgewählte, umweltrelevante
nanotechnische Produkte, in denen verfügbare Informationen über Chancen und Risiken ihrer
Anwendung dargestellt werden.
Das vorliegende Hintergrundpapier stellt die aktuelle Situation zum Einsatz von Nanoeisen2
3 Beschreibung des Einsatzgebietes
und Nanoeisenprodukten bei der Sanierung von Grundwasserschäden dar und bildet die
Grundlage für das UBA-Datenblatt „Einsatz von Nanoeisen bei der Sanierung von
Grundwasserschäden“.
Derzeit wird die Anwendbarkeit einer Reihe verschiedenartiger Nanomaterialien wie Zeolithe3,
Kohlenstoffnanoröhren (CNT)4, Dendrimere5, SAMMS6
Nanoeisen und Nanoeisenoxid sind für verschiedene technische Anwendungen von Interesse.
Erste Berichte der Anwendung datieren aus dem Jahr 1997 (Wang, Zhang 1997). Weithin
bekannt ist die medizinische Anwendung von Nanoeisenoxid zur Krebserkennung und
gezielten Behandlung (Wärmetherapie). Bei der Verarbeitung von Kunststoffen kann der Zusatz
von oxidischen Nanopartikeln als Erwärmungshilfe dienen und auf diese Weise die
Produktivität der Kunststoffherstellung erhöhen. In Farben dienen sie der Stabilisierung und
Pigmentierung. Beschichtetes oder oberflächenbehandeltes Nanoeisen
, Enzyme sowie von Nanopartikeln aus
verschiedenen Edelmetallen, Metallen und Metalloxiden unter anderem zur Sanierung von
Umweltschäden oder zur Abwasserreinigung untersucht.
7
Erste Erfahrungen lassen erwarten, dass Umweltschäden durch die Anwendung von
Nanotechniken besser, schneller und kostengünstiger saniert werden können.
wird auch zur
Sanierung von Grundwasserschäden und belasteten Böden angewendet.
3.1 Sanierungserfordernis
Grundwasserschäden entstehen zum Beispiel durch unsachgemäßen Umgang mit
umweltgefährdenden Stoffen, durch Havarien oder durch unsachgemäße Lagerung,
Behandlung oder Ablagerung von Abfällen. Zur Grundwassersanierung wurde in der
Vergangenheit überwiegend das so genannte Pump-and-Treat-Verfahren angewendet. Dabei
wird das verunreinigte Grundwasser über speziell dafür errichtete Sanierungsbrunnen
2 Synonyme für Nanoeisen: nullwertiges Nanoeisen [nanoscale Zero-Valent Iron (nZVI), nanoskaliges nullwertiges
Eisen]
3 Zeolithe sind kristalline Alumosilikate, die sich aus den Grundbausteinen SiO4-Tetraeder und AlO4-Tetraeder
zusammensetzen.
4 Kohlenstoffnanoröhren (englisch: carbon nanotubes, CNT) sind molekulare Nanoröhren aus Kohlenstoff.
5 Dendrimere: chemische Verbindungen, deren Verzeigungsstruktur einem Baum ähnelt.
6 SAMMS = Self-Assembled Monolayers on Mesoporous Supports
7 als Nanoeisen werden im Weiteren Nanopartikel bezeichnet, bei denen nullwertiges Eisen als Elektronendonator
für den Dekontaminationsprozess fungiert
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gefördert und in einer am Standort (on site) installierten Anlage beispielsweise mit Aktivkohle
gereinigt.
Wegen der oftmals langen Sanierungszeiten und den damit verbundenen hohen
Betriebskosten hydraulischer Sanierungsverfahren, bei denen die Sanierungszielwerte häufig
nicht erreicht werden konnten, wurden alternative, innovative Verfahren entwickelt. In
Deutschland kommen diese bereits seit den 1990er Jahren direkt im Untergrund (in situ) zum
Einsatz. Dazu zählen reaktive Reinigungswände (permeable reaktive Barrieren), die von
kontaminiertem Grundwasser durchströmt werden und in denen z. B. metallisches granulares
Eisen als umweltverträgliches, kostengünstiges Reduktionsmittel verwendet wird.
Bei der In-situ-Anwendung von Nanoeisen handelt es sich um eine innovative, noch nicht
etablierte Methode zur Grundwassersanierung. Dabei wird speziell behandeltes, hochreaktives
Nanoeisen in die gesättigte Bodenzone injiziert, wo es mit den Schadstoffen reagiert. Unter
geeigneten Randbedingungen kann die Grundwassersanierung mit Nanoeisen – insbesondere
im Vergleich zum Pump-and-Treat-Verfahren – in wesentlich kürzerer Zeit eine deutlich höhere
Effektivität aufweisen8
3.2 Behandelbare Schadstoffe
.
Partikel, bei denen nullwertiges, nanoskaliges Eisen als Elektronendonator für den
Dekontaminationsprozess fungiert, werden im Weiteren zusammenfassend als Nanoeisen
bezeichnet. Mit Nanoeisen lässt sich ein breites Spektrum von organischen Substanzen
behandeln (Zhang 2003; Müller et al. 2006):
• halogenierte Methane (Tetrachlormethan, Trichlormethan, Bromchlormethan); nicht
jedoch Di- und Chlormethan;
• chlorierte Ethene (Tetra- und Trichlorethen, 1,1-Dichlorethen, cis und trans 1,2-
Dichlorethen, Chlorethen);
• chlorierte Ethane [Hexa- und Pentachlorethan (PCE), 1,1,1,2- und 1,1,2,2-
Tetrachlorethan, 1,1,2- und 1,1,1-Trichlorethan (TCE), 1,1-Dichlorethan (DCE)], nicht
jedoch 1,2-Dichlorethan;
• weitere polychlorierte Kohlenwasserstoffe (wie polychlorierte Biphenyle und
polyhalogenierte Dibenzodioxine);
• Chlorbenzene (Hexa-, Penta-, Tetra-, Tri- und Dichlorbenzen, Chlorbenzen);
• einige halogenierte Herbizide und Pestizide (wie DDT, Lindan);
• Pentachlorphenol;
• Nitrotoluene [z. B. Trinitrotoluen (TNT)];
• Methyl-tertiär-butylether (MTBE).
Aromatische Ringsysteme werden durch Reaktion mit Nanoeisen nicht abgebaut, da das
Reduktionsvermögen dafür nicht ausreichend ist (Parbs, Birke 2005). Daher müssen bei der
8 Bei In-situ-Sanierungsverfahren braucht das kontaminierte Grundwasser nicht gefördert und oberirdisch behandelt
zu werden; ebenso muss kein verunreinigter Boden ausgehoben und gereinigt werden.
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Behandlung chlorierter aromatischer Verbindungen die als Endprodukte entstehenden
dechlorierten Aromaten gegebenenfalls in weitere Sanierungsmaßnahmen eingebunden
werden (Müller et al. 2006).
Anorganische Ionen und Metalle werden bei Redoxreaktionen mit Nanoeisen in die elementare
oder eine unlösliche Form überführt und fallen aus:
• metallische und nichtmetallische Anionen [wie Dichromat (Cr2O7)2-, Arsenat (AsO4)3-,
Perchlorat (ClO4)-, Nitrat (NO3)-, Selenat (SeO4)2-, Molybdat (MoO4)2-];
• metallische Kationen (z. B. Kadmium, Kobalt, Zinn, Nickel, Blei, Kupfer).
Vorwiegend wird Nanoeisen zur Sanierung von Grundwasserschäden durch leicht- und
schwerflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe9
3.3 Herstellung und Eigenschaften der Produkte
angewendet. Allerdings ist es in jedem
Einzelfall erforderlich, die Eignung des Verfahrens nachzuweisen.
Nanoeisen kann in sehr unterschiedlichen Formulierungen auftreten. Die Unterschiede
ergeben sich vor allem durch den Herstellungsprozess und die Kombination mit anderen
Materialien (Köber, Kopinke 2007). Beispielhaft seien genannt:
• nullwertiges Nanoeisen (nZVI);
• Nanopartikel mit einem Kern aus elementarem (nullwertigem) Eisen und einer
Beschichtung aus Eisenoxiden (z. B. RNIPTM)10
• bimetallische Nanopartikel (BNP): mit Katalysatoren (Platin, Palladium, Gold, Nickel)
beschichtete Nanopartikel (z. B. NanoFeTM);
;
• mit Nanoeisen belegte Mikroaktivkohle (Carbo-Iron®);
• PolyMetallixTM -Partikel, die sich als Aggregate oder Komplexe von sphärisch
angeordneten Eisenclustern beschreiben lassen. Partikel, die kleiner als 100 nm sind,
zeigen knotenähnliche Cluster-Ketten.
Nanoeisenpartikel können auf verschiedenen Wegen hergestellt werden (Müller et al. 2006;
Köber, Kopinke 2007; ALENCO 2007; Müller, Nowack 2010), so z. B. durch
• mechanische Zerkleinerung von grobkörnigem Eisen oder Mikropartikeln;
• chemische Reduktion von gelösten Eisensalzen (z. B. Eisenchlorid) mit Natriumborhydrid
in Wasser. Die so hergestellten amorphen Partikel werden als Fe/B bezeichnet. Ihre
Größe beträgt 10 bis 100 nm (Durchschnittsgröße 50 ± 15 nm), die spezifische
Oberfläche beträgt dann 15 bis 50 m2/g;
• Reduktion von Eisenoxid über hohe Temperaturen (350 bis 600°C) mit Wasserstoff: Es
entstehen reaktive Nanoeisenpartikel (RNIPTM, Fa. TODA KOGYO) mit einer
durchschnittlichen Partikelgröße von 70 nm und einer spezifischen Oberfläche von
30 m2/g, die als wässrige Suspension angeboten werden;
9 chlorierte Kohlenwasserstoffe sind häufig auftretende Grundwasserkontaminanten; die Stoffe sind zum Teil
persistent, toxisch oder karzinogen.
10 RNIP: reactive nano scale iron particle
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• einen mehrstufigen Reaktionsprozess (ausgehend von FeSO4) mit gezielter Einstellung
der Reaktionsbedingungen und einem spezifischen Aufbereitungsprozess;
• Erhitzen von Eisenpentacarbonyl auf 200 bis 250°C: Es entstehen Nanoeisen
(Teilchengröße etwa 5 nm) und Kohlenmonoxid.
Thermisch hergestelltes, fein verteiltes nullwertiges Eisen reagiert an der Luft heftig mit
Sauerstoff. Im Untergrund ist die Ausbreitung der Nanoeisenpartikel aufgrund ihrer Adsorption
an die Aquifermatrix begrenzt. In der gesättigten Bodenzone beträgt die Reichweite von nicht
oberflächenbehandeltem Nanoeisen wenige Millimeter bis zu mehreren Dezimetern. Ursache
für eine schnelle Abnahme der Reaktivität ist die Oxidation des Nanoeisens. Darüber hinaus
neigen nicht beschichtete Nanoeisenpartikel zur Agglomeration, was ihre Mobilität zusätzlich
einschränkt.
Um den Transport des Nanoeisens zu den Schadstoffen im Untergrund zu ermöglichen, müssen
die Partikel modifiziert werden:
• Zur Erreichung einer höheren Mobilität werden die Oberflächeneigenschaften des
Nanoeisens durch Zusätze verändert (Schrick et al. 2004).
• Die Stabilität von Nanoeisen lässt sich durch Emulgierung oder durch Komplexbildung
mit natürlichen organischen Substanzen erhöhen, sodass sich diese Komplexe über
längere Distanzen fortbewegen können (Gilbert et al. 2007).
• Es werden wässrige Kolloidsuspensionen hergestellt, denen Stabilisatoren zugesetzt
werden, um die Stabilität und Mobilität der Nanoeisenpartikel zu verbessern. Die
Formulierung der Suspension und die Beimengung von Hilfsstoffen (z. B. Tensiden)
verändern die Aggregations- und Transporteigenschaften und haben den größten
Einfluss auf die Ausbreitung im Grundwasserleiter (De Boer et al. 2009).
• Nanoeisen wird durch Einmischung in ein Öl-Tensid-Gemisch hydrophobisiert
(Emulsified Zero-Valent Iron, EZVI). Dieses kann speziell zur Sanierung von
Schadstoffherden, die aus nicht wässrigen Phasen (NAPL) bestehen, genutzt werden, da
sich die hydrophoben Tröpfchen besser als herkömmliches Nanoeisen mit der NAPL-
Phase vermischen (Quinn et al. 2005). Die Formulierung der Suspension und die
Beimengung von Hilfsstoffen (z. B. Tensiden) verändert die Aggregations- und
Transporteigenschaften (De Boer et al. 2009).
• Eine Verbesserung der Mobilität im Untergrund lässt sich erwarten, wenn kolloidale
(Mikro)Aktivkohle mit Nanoeisenpartikeln belegt wird (Carbo-Iron®, enth. 20 Gew.-%
nullwertiges Nanoeisen), wodurch sich die Adsorptionseigenschaften der Aktivkohle mit
der reduzierenden Wirkung von nullwertigem Eisen verbinden, denn Carbo-Iron®
mischt sich gut mit NAPL-Phasen 11
Die Reaktivität des Nanoeisens lässt sich beispielsweise durch Oberflächenbehandlung oder
Beschichtung (Coating) verbessern:
(MacKenzie et al. 2008). Es ist sowohl zur
Quellensanierung als auch – aufgrund seiner relativ hohen Mobilität – zum Aufbau von
In-situ-Sorptions-Reduktions-Barrieren im kontaminierten Grundwasserleiter geeignet.
11 NAPL: non aqueous phase liquid
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• Nanoeisenpartikel werden mit Katalysatoren beschichtet (z. B. Palladium, Nickel, Platin,
Silber, Kupfer), um die Reaktivität gegenüber chlorierten Schadstoffen zu erhöhen.
Vermutlich unterstützt das zugesetzte, weniger reaktive Metall die Oxidation des Eisens
und den Elektronentransfer oder sie katalysieren, wie im Fall von Palladium, die
Chlorabspaltung und Reduktion (U.S. EPA 2008). Diese bimetallischen Nanopartikel
(BNP) besitzen eine wesentlich höhere chemische Reaktivität als das reine Nanoeisen.
Palladium-Eisen-BNP (99,9 % Eisen, < 0,1 % Palladium) sind kommerziell erhältlich und
werden am häufigsten angewendet. BNP zeigten in Tests im Labormaßstab ein doppelt
so hohes Abbauvermögen wie reine Nanoeisenpartikel (US EPA 2008).
• Nanoeisenpartikel werden mit Überzügen aus Polyelektrolyten12
• Ein Nanoeisenkern wird mit kolloidaler Aktivkohle oder mit eisen- und borhaltigen
Oxiden (z. B. kristallinem Magnetit) ummantel. Es entstehen reaktive Partikel mit einer
Halbwertszeit von etwa 90 bis 100 Tagen bei einem Gleichgewichts-pH-Wert von 8,9
(Köber, Kopinke 2007).
modifiziert (Saleh et al.
2007; Phenrat et al. 2011). Auch können sie z. B. mit Silikat oder Dextran beschichtet
werden. Die beschichteten Nanopartikel haben eine negative Oberflächenladung,
wodurch die Agglomeration der Partikel verzögert und damit ihre Reaktivität erhöht
wird. Auch adsorbieren solche Nanoeisenpartikel besonders an den Grenzflächen
zwischen den hydrophoben organischen Kontaminanten (NAPL) und dem Wasser.
3.4 Durchführung der In-situ-Grundwassersanierung
3.4.1 Rechtsrahmen und Voraussetzungen
Auf internationaler Ebene ist der Prozess einer Koordination rechtlich verbindlicher
Regelungen in Bezug auf die Nanotechnik noch im Aufbau. Die ISO13 OECD und die 14
Die USA zeichnen sich durch eine sehr aktive und strategische Forschungsförderung im
Rahmen der National Nanotechnology Initiative aus. Die Anpassung bestehender
Regulierungen und Prozesse sowie ein Regulierungsansatz der US EPA
sind die
aktivsten Foren, um weltweit einheitliche Prüf-, Bewertungs- und Regulierungsprozesse
voranzutreiben.
15
12 Polyelektrolyte: wasserlösliche Verbindungen mit großer Kettenlänge (
von 2011, nach dem
Nanomaterialien als signifikant neue Verwendungen anzusehen sind, deren Herstellung,
Import und Verarbeitung den Behörden angezeigt werden müssten, werden noch kontrovers
diskutiert. Bisher enthält keines der relevanten Bundesgesetze nanospezifische Vorgaben (SRU
2011).
Polymere), die kationische oder
anionische dissoziierbare Gruppen tragen (z. B. Olefin-Maleinsäure-Kopolymer)
13 ISO: Internationale Standardisierungs-Organisation
14 OECD: Organisation zur ökonomischen Zusammenarbeit und Entwicklung
15 US EPA: Environmental Protection Agency
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Auf EU-Ebene ist die Anwendung von Nanoeisen bislang nicht reguliert. Eisen wurde gem. der
REACH-Verordnung16 von diversen Unternehmen registriert. Die von der ECHA17
In Großbritannien schlug die Royal Commission on Environmental Pollution u. a. ein
verpflichtendes Melderegister für synthetische Nanomaterialien und gesetzliche
Mitteilungspflichten bei Gefahrenverdacht vor (RCEP 2008). Die britische Regierung setzt
hingegen auf ein freiwilliges Berichtssystem. In ihrer 2010 veröffentlichten Nanotechnologie-
Strategie kündigte sie an, das Berichtssystem auf nanomaterialhaltige Produkte auszudehnen
(HM Government 2010, in: SRU 2011).
veröffentlichten Registrierungsinformationen enthalten keine spezifischen Angaben zu
Nanoeisen. Die Genehmigung von Projekten liegt in der Verantwortung der nationalen
Behörden auf lokaler oder Länderebene (ObservatoryNANO 2011).
Aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen an international operierende
Unternehmen setzten viele Unternehmen auf freiwillige Verhaltensregeln, die die
verschiedenen rechtlichen Anforderungen zusammenführen (Hessen Nanotech 2011).
Die Sanierung schädlicher Bodenveränderungen und Altlasten sowie durch schädliche
Bodenveränderungen oder Altlasten verursachter Verunreinigungen von Gewässern wird in
Deutschland durch das Bundes-Bodenschutzrecht geregelt (§ 4 BBodSchG18: Pflichten zur
Gefahrenabwehr; Anhang 3 BBodSchV19
Eine effiziente In-situ-Sanierung ist nicht nur von den Eigenschaften der Nanoeisenpartikel,
sondern auch von weiteren Kriterien abhängig, so z. B. von der am Injektionsort vorhandenen
Schadstoffmenge, der Zusammensetzung und den Eigenschaften der Suspension oder den
hydrogeologischen und hydrochemischen Standorteigenschaften. So ist Nanoeisen bei einem
höheren pH-Wert und unter stark reduzierenden Bedingungen länger und stärker reaktiv.
Nach ITVA
: Anforderungen an die Sanierungsuntersuchung und
den Sanierungsplan). Auf der Grundlage einer abschließenden Gefährdungsabschätzung
entscheidet die zuständige Behörde, ob und wie eine Grundwasserverunreinigung zu sanieren
ist. Die Sanierungsuntersuchung hat zum Ziel, das vorzugswürdige Maßnahmenkonzept
abzuleiten. Dieses enthält auch Maßnahmen zur Sanierungskontrolle und, soweit erforderlich,
Überwachungsmaßnahmen im Rahmen der Nachsorge. Die Sanierung erfolgt nach diesem
einzelfallbezogenen Sanierungs- und Monitoringkonzept. Wenn nach Abschluss der Sanierung
ein relevantes Schadstoffpotenzial (Restkontamination) im Untergrund verblieben ist, kann die
Behörde Kontrollmaßnahmen anordnen.
20
16 REACH: Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals (Registrierung, Bewertung, Zulassung
und Beschränkung von Chemikalien). REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006: EU-Chemikalienverordnung, die am 1.
Juni 2007 in Kraft getreten ist.
(2010) ist das Gesamtsystem Boden – Wasser – Schadstoff zu betrachten.
17 ECHA: European Chemicals Agency
18 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten vom 17. März 1998
(BGBl. I S. 502), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214)
19 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 12. Juli 1999 (BGBl. I S. 1554), geändert durch Artikel 2 der
Verordnung vom 23. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3758).
20 ITVA: Ingenieurtechnischer Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling e. V.
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Daher müssen für den erfolgreichen Einsatz eines In-situ-Grundwassersanierungsverfahrens
verschiedene standortbezogene Voraussetzungen erfüllt und Parameter bekannt sein. Soll
Nanoeisen zur Grundwassersanierung eingesetzt werden, sind das insbesondere
• geologische, hydrogeologische und hydrochemische Kenndaten;
• Ausdehnung und Lokalisierung der Schadstoffquellen und hoch belasteter Bereiche;
• Art, Konzentration, Masse und Verteilung der Schadstoffe als Grundlage zur Ermittlung
der zu ihrer Reduktion erforderlichen Masse an Nanoeisen;
• Faktoren, die die Mobilität des Nanoeisens im Untergrund bestimmen, wie
Zusammensetzung und Eigenschaften der Bodenmatrix, bevorzugte Fließpfade,
hydraulische Eigenschaften des Aquifers (Fließgeschwindigkeit und Ionenstärke des
Grundwassers);
• Milieubedingungen und Grundwasserbeschaffenheit (wie pH-Wert, Redoxpotenzial,
Konzentration des gelösten Sauerstoffs, Nitrat-, Nitrit-, Karbonat-, Hydrogenkarbonat-
und Sulfatkonzentration).
Für In-situ-Sanierungsverfahren sind nach ITVA (2010) spezifische Planungsgrundlagen zu
beachten.
• Eine detaillierte Erkundung des Schadensherdes mit einem kleinskaligen Raster im
Meterbereich ist unbedingt erforderlich.
• Laborversuche zur Ermittlung des Reduktionsmittelbedarfs, des Stoffumsatzes und der
Abbauprodukte sowie zur Transportbestimmung (Reichweitenabschätzung) sind
vorzunehmen.
• Auf der Grundlage der gewonnenen Daten ist ein Sanierungs- und Monitoringkonzept
zu erstellen, das eine Langzeitprognose des Schadstoffabbaus sowie
Nachsorgemaßnahmen enthält und von der zuständigen Behörde zu akzeptieren /
genehmigen ist. Die Genehmigungsvoraussetzungen und die Art der erforderlichen
Genehmigungen (z. B. wasserrechtliche Erlaubnis) sind im Einzelfall mit der zuständigen
Behörde abzustimmen.
• Pilotinjektionen im Feld zur Bestimmung der Reichweiten und Infiltrationsparameter,
des Stoffumsatzes im Feld, der Rekontaminationseffekte und der möglichen Freisetzung
von Abbauprodukten oder anderen Stoffen. Weitere Feldversuche, z. B. auch
Tracerversuche, sowie versuchsbegleitende Probennahmen und Analytik sind dringend
angeraten.
Vor einer Anwendung von Nanoeisen müssen auch die Konzentration, der Wasseranteil
und der kolloidale Zustand der Suspension im Feldversuch erprobt werden.
3.4.2 Einbringung in den Untergrund
Die Anwendung von Nanoeisen (elementarem Nanoeisen oder Aktivkohle-Nanoeisen-Composit-
Partikeln) erfolgt in Form einer wässrigen Suspension mit Konzentrationen zwischen ca. 1 g/l
und 30 g/l (Müller et al. 2006). Die Suspension wird mithilfe von Injektionspegeln über
Packersysteme gezielt in den kontaminierten Bereich des Grundwasserleiters eingebracht. Ziel
ist eine gleichmäßige Verteilung der Partikel im Grundwasser und eine “Vermischung“ mit
dem Schadstoff (ITVA 2010).
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Abb. 1: Injektion von Nanoeisen zur Grundwassersanierung (nach Tratnyek, Johnson 2006
aus Martens et al. 2010)
Wenn die Injektion mithilfe der auch zur Quellenerkundung geeigneten Direct-Push-Technik
erfolgt, kann unmittelbar auf Erkundungsbefunde reagiert und auf eine große Zahl von
Grundwassermessstellen zur Sanierungskontrolle verzichtet werden (Köber, Kopinke 2007).
Die Abstände zwischen den Injektionsstellen richten sich u. a. nach der Korngröße der
Bodenmatrix und betragen zumeist einen bis wenige Meter. Eine effektive Sanierung ist meist
nur mit mehreren Injektionen erreichbar (Gavaskar et al. 2005; Lorenz et al. 2008). Die
Reaktionszeit beträgt mehrere Tage bis Wochen (max. etwa ein halbes Jahr). Zum
Ausbreitungsradius der Nanoeisenpartikel gibt es in der Literatur keine gesicherten Angaben
(mehrere Meter bis –zig Meter).
3.4.3 Chemische Reaktionen
Nanoeisen besitzt eine 10- bis 1000fach höhere Reaktivität als granulares Eisen. Die
Partikeldurchmesser betragen 5 bis 100 nm (zum Vergleich: Feinporen < 200 nm, granulares
Eisen 500.000 nm). Die höhere Reaktivität des Nanoeisens wird durch die große spezifische
Oberfläche im Verhältnis zum Partikeldurchmesser hervorgerufen (Tabelle 1).
Tab 1: Partikeldurchmesser und spezifische Oberfläche von Nano-, Mikro- und Granulareisen (Müller et al. 2006)
Nanoeisen 1) Mikroeisen 1) Granulares Eisen 2)
Partikeldurchmesser (nm) 10 (5 3))-100 150.000 500.000
spezifische Oberfläche (m2/g) 30 (10-50 4)) 0,1 - 1 0,04
Quellen: 1) Nurmi et al. 2005 2) Huang et al. 2003 3) Müller, Nowack 2010 4) U.S. EPA 2008
Elementares, nullwertiges Nanoeisen ist ein effektives Reduktionsmittel, das bei Reduktion des
Reaktionspartners zu Fe(II) oxidiert. Es kann als Elektronendonator für
Dekontaminationsprozesse (z. B. für die Dechlorierung von chlorierten Kohlenwasserstoffen)
Behandeltes
Grundwasser
Reaktive Zone
Kontaminiertes
Grundwasser
Grundwasserströmung
Korn-
gerüst
Injektion von
Nanoeisen
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fungieren. Im Grundwasser reagiert es mit gelöstem Sauerstoff (ggf. auch mit Sulfat und Nitrat)
und Wasser unter Bildung von Eisen- (Fe2+) und Hydroxidionen (OH)- (Parbs, Birke 2005):
2 Fe0 + O2 + 2 H2O ? 2 Fe2+ + 4 (OH)-
Im Einflussbereich der Injektionsstelle steigt in schwach gepufferten Systemen kurzzeitig der
pH-Wert, das Redoxpotenzial nimmt deutlich ab. Der Anstieg des pH-Wertes führt zu einer
Verschiebung des Karbonatgleichgewichts hin zum (CO3)2- und fördert die Fällung von
Karbonaten (im Wesentlichen CaCO3 und FeCO3). Dadurch verringert sich die
Grundwasserhärte unter neutralen bis basischen Bedingungen. Neben Eisenkarbonaten können
Eisenoxide, Eisenhydroxide oder Eisensulfide entstehen, die gleichfalls ausfallen.
Sobald Sauerstoff, Sulfat und Nitrat aufgebraucht sind, entstehen bei der Reaktion des
Nanoeisens mit dem Wasser Eisenionen (Fe2+), Wasserstoff (H2) und Hydroxidionen (OH)-:
Fe0 + 2 H2O ? Fe2+ + H2 + 2 (OH)-
Infolge dessen bilden sich anaerobe Verhältnisse heraus, unter denen das restliche Nanoeisen
mit den Schadstoffen reagieren kann:
R-X + Fe0 + H2O ? R-H + Fe2+ + (OH)- + X- (X = z. B. Cl)
Als Endstufe des Abbaus chlorierter Kohlenwasserstoffe bilden sich Kohlendioxid (CO2), Wasser
(H2O) und lösliche Chlorsalze.
Bei der Reaktion des Nanoeisens mit Metallionen bilden sich unlösliche Salze, z. B. Karbonate
oder Sulfide, die ausfallen oder an neugebildete Eisen(hydr)oxide sorbieren. Chrom(VI) als
Chromat (CrO4)2- wird über die Reaktion mit Nanoeisen zu Chrom(III) reduziert, das
anschließend als Chromit ausfällt (ITVA 2010). Arsen(III)- und Arsen(V)-Ionen adsorbieren
spontan an den bei der Korrosion des nullwertigen Eisens gebildeten Eisenoxiden /- hydroxiden
und werden durch nachfolgende Korrosionsschichten eingeschlossen (Kanel et al. 2005).
Die sich im Untergrund einstellenden reduzierenden Verhältnisse können anaerobe
mikrobielle Abbauprozesse (reduktive Dechlorierung) fördern: Der aus der Eisen-H2O-Reduktion
entstandene Wasserstoff kann LCKW21
Bei drei dokumentierten Fällen wurden in den ersten Wochen nach der Injektion der
Suspension Schadstoffreduktionsraten bis über 90 % ermittelt. Die Sanierungsdauer betrug 30
bis 111 Tage (Lorenz et al. 2008). In Feldversuchen betragen realistische Abbauraten innerhalb
eines Jahres zwischen 60 und 80 %. Eine Schadstoffverminderung bis zu 99 % konnte in einigen
Projekten und in Batchversuchen erreicht werden (Müller, Nowack 2010).
-verwertenden Mikroorganismen als Elektronendonator
zur Verfügung stehen. Durch die Verringerung der Schadstoffkonzentration in den
Hochlastbereichen kann sich die biologische Aktivität noch erhöhen (Alvarado et al. 2010).
3.4.4 Sanierungskontrolle und Überwachung
Der Sanierungsverlauf wird an repräsentativen Grundwassermessstellen (Monitoringbrunnen)
kontrolliert. Dazu wurde eine Messtechnik entwickelt, die es erlaubt, die Injektion der
Nanoeisensuspensionen kontinuierlich zu überwachen und so die Eisenausbreitung zeitlich zu
verfolgen (De Boer et al. 2009).
21 LCKW: leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe – Derivate von Methan, Ethan und Ethen
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• Der Abbau der chlorierten Kohlenwasserstoffe wird nachgewiesen, indem Art und
Menge der Abbauprodukte sowie andere Parameter überwacht werden:
• Abbauparameter (wieTrichlorethylen, cis- und trans-1,2-Dichlorethylen, Vinylchlorid,
Chlorid, Ethen, Methan, gelöster organisch gebundener Kohlenstoff);
• Veränderungen der hydrochemischen Parameter wie Nitrat, Sulfat, Sauerstoff, Eisengesamt,
Eisen(II), Mangan;
• physikalische Feldparameter wie Redoxpotenzial, pH-Wert und elektrische Leitfähigkeit.
Wenn nach der Grundwassersanierung eine relevante Restkontamination im Untergrund
verblieben ist und es beispielsweise zu Reboundeffekten22
Bislang wurden weder eine Schadstoffmobilisierung noch eine Anreicherung chlorierter
Abbauprodukte oder eine Ausbreitung in andere Umweltmedien nachgewiesen.
kommen kann, sollte die
Dauerhaftigkeit des Sanierungserfolgs überwacht werden.
3.5 Besonderheiten und Limitierung des Verfahrens
Der Ausbreitungsradius der Nanoeisensuspension hängt insbesondere von der Konzentration
des Nanoeisens, der hydraulischen Durchlässigkeit des Untergrundes (Korngrößenverteilung
des Aquifers, bestehende Fließwege), der Fließgeschwindigkeit des Grundwassers, dem
Injektionsdruck sowie der Injektionsrate und –dauer ab (Müller et al. 2006, De Boer et al. 2007).
Die Effizienz des Verfahrens ist limitiert durch
• eine unzureichende Kenntnis der Aquiferbeschaffenheit, der bevorzugten Fließwege
und des Schadensherdes;
• eine ungleichmäßige Verteilung des Nanoeisens im Grundwasser durch Agglomeration
der Nanopartikel oder -kolloide sowie ihre starke Adsorption an die Bodenmatrix;
• die Schadstoffkonzentration in der gesättigten Bodenzone;
• die Reaktion des Nanoeisens auch mit Wasserinhaltsstoffen wie Nitrat, Sulfat oder
Sauerstoff;
• standortspezifische Nebenreaktionen (wie das Absinken des Redoxpotenzials und eine
Verringerung der Grundwasserhärte unter pH-neutralen oder basischen Bedingungen).
Ein unerwünschter Effekt entsteht, wenn agglomerierte Nanopartikel die Poren der
Bodenmatrix verstopfen und dadurch ein Durchströmen des kontaminierten Grundwassers
verhindern.
3.6 Stand der Verfahrensanwendung
Eine „Auswertung internationaler Fachliteratur zu In-situ-Anwendungen in der gesättigten
Zone bei der Altlastenbearbeitung“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO)
(Lorenz et al. 2008) befasste sich mit Sanierungsfällen, bei denen physikalische, chemische und
biologische In-situ-Verfahren zum Einsatz kamen. In 7 % der 94 ausgewerteten
22 Reboundeffekt: Wiederanstieg der Schadstoffkonzentration nach Unterbrechung oder Abschluss einer
Dekontaminationsmaßnahme aufgrund von Desorptionsprozessen
12 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de
Sanierungsprojekte wurde Nanoeisen angewendet. Besonders in Nordamerika ist die
Entwicklung der Nanoeisentechnologie bereits in vollem Gange (siehe Anhang,
Anwendungsbeispiele): In den USA wurde bei 10 % aller Boden- und Grundwassersanierungen
Nanoeisen eingesetzt, während in Europa dies nur in wenigen Fällen geschah
(ObservatoryNANO 2011).
In Deutschland befindet sich das Verfahren noch in der Entwicklung, weshalb der
Erfahrungsstand gering ist. Eine Erhebung des Altlastenausschusses (ALA) der LABO über
durchgeführte und laufende In-situ-Sanierungsmaßnahmen im gesättigten Bereich und über
MNA-Konzepte23 wurde fortgeschrieben (ALA 2009). Der unveröffentlichte Bericht enthält
Angaben zu 269 In-situ-Fällen (+88 % im Vgl. zur Erhebung von 2007)24
Nach einer Länderumfrage des ALA zur In-situ-Anwendung von Nanoeisen im Zusammenhang
mit Altlastensanierungen (UBA 2010) gab es in fünf Bundesländern keine diesbezüglichen
Erfahrungen. In einem Bundesland fand ein Laborversuch mit negativem Ergebnis statt
(anstelle eines relevanten Schadstoffabbaus erfolgte ein Übergang der LCKW in die Gasphase).
In einem anderen Bundesland wurden mehrere Versuche im Technikumsmaßstab
durchgeführt. In einem Bundesland fand eine Testinjektion statt, ein Bundesland unternahm
einen Pilotversuch zur Sanierung von Kontaminationen im Übergangsbereich von der
ungesättigten zur gesättigten Bodenzone und ein Bundesland benannte eine großtechnische
Anwendung, die 2006 erfolgte (siehe Anhang, Anwendungsbeispiele).
. Die Fälle mit
Nanoeisen (4 Fälle, +33 % im Vgl. zur Erhebung von 2007) betreffen ein aufgegebenes
Vorhaben, Vorstudien zur Prüfung der Anwendbarkeit des Verfahrens, eine abgeschlossene
Anwendung zur Optimierung einer Pump-and-Treat-Grundwassersanierung sowie eine weitere
abgeschlossene Anwendung.
3.7 Kosten
Die Kosten einer LCKW-Grundwassersanierung mit Nanoeisen hängen stark von den
Randbedingungen des Einzelfalles ab (Rissing 2007):
• Ausmaß und Tiefenlage des Schadensherdes;
• Schadstoffmasse;
• Inhomogenität und Durchlässigkeit der zu behandelnden Matrix;
• Sanierungsziel;
• Umfang der Auflagen für Sicherung und Überwachung;
• Wassereinleitungsmöglichkeiten;
• Umfang der Abwasser-/Abluftbehandlung;
• Nachsorgekosten.
23 MNA: Monitored Natural Attenuation (Überwachung der natürlichen Schadstoffminderung)
24 Der Einsatz chemischer Verfahren und Verfahrenskombinationen nahm am stärksten zu (45 Fälle, + 221 %).
Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de 13
Unter der Voraussetzung, dass die Eignung des Verfahrens im konkreten Fall nachgewiesen
wurde, kann sich im Vergleich mit anderen Grundwassersanierungsverfahren (insbesondere
mit On-Site-Verfahren) der Einsatz von Nanoeisen als deutlich kostengünstiger erweisen25
4 Umweltverhalten und Umweltwirkungen
.
4.1 Verhalten in Boden und Grundwasser
Im Unterschied zum geschlossenen Einsatz von Nanopartikeln, wie in technischen
Filtersystemen zur Abwasserbehandlung, wird Nanoeisen zur Grundwassersanierung direkt
(umweltoffen) in den Grundwasserleiter eingebracht.
Aufgrund seiner schlechten Dispergierbarkeit, rascher Agglomeration/Aggregation sowie
Wechselwirkungen mit der Matrix des Untergrundes wird die Beweglichkeit von
unbehandeltem Nanoeisen generell als gering eingeschätzt (Phenrat et al. 2007). Zur
Verbesserung der Sanierungseffektivität wurden Methoden entwickelt, die die Beweglichkeit
und Stabilität der Partikel verbessern und ihre Reaktivität erhöhen (s. Abschn. 3.3).26
Das Risiko für den Boden und das Grundwasser wird als gering eingeschätzt (Lorenz et al.
2008), da das reaktive nullwertige Nanoeisen relativ schnell zu ungefährlichem Fe(II) oxidiert
wird. Unter Standardumweltbedingungen oxidiert Eisen(II) im Grundwasser spontan in
Eisen(III) und fällt als Eisenhydroxid (Rost) und Eisenoxid aus. Eisen kommt natürlicherweise in
der Umwelt vor. Während der geogene Gesamteisengehalt in Böden in der Größenordnung
von 5 bis 50 g/kg liegt (überwiegend in Form von Hydroxiden, Oxiden und Sulfiden), liegen in
Lockergesteinsaquiferen die natürlichen Eisenkonzentrationen des Grundwassers zumeist
zwischen 0,1 und 10 mg/l. Die Eisenkonzentration der Suspension führt nur lokal und
geringfügig zu einer Erhöhung des natürlichen Eisengehaltes.
Dass sich
die Nanoeisenpartikel mit dem Grundwasser über ihren begrenzten Einsatzort hinaus weiter
ausbreiten, wird als eher unwahrscheinlich angesehen.
Ob durch den Einsatz von Nanoeisen bei der In-situ-Sanierung tatsächlich Umweltrisiken
entstehen, lässt sich nur vorläufig bewerten. Derzeit gibt es noch keine validierten Verfahren
zum separaten Nachweis von technisch hergestelltem Nanoeisen, weshalb sein Verhalten und
der Verbleib in der Umwelt nicht sicher überwacht werden können. Auch sind
Einflussparameter und Zeiträume für die biotische und abiotische Transformation des reaktiven
Nanoeisens nach der Injektion noch nicht bekannt, vor allem bei oberflächenmodifiziertem
Nanoeisen.
25 aktuelle Zahlenangaben sind nicht verfügbar
26 Das BMBF fördert derzeit im Rahmen seines Schwerpunktes "NanoNature: Nanotechnologien für den
Umweltschutz - Nutzen und Auswirkungen" innerhalb des Rahmenprogramms "Werkstoffinnovationen für Industrie
und Gesellschaft" (WING) das Verbundprojekt NAPASAN (Nanopartikel zur Grundwassersanierung) (BMBF 2011). Ziel
des Projektes ist es, Herstellungsprozesse von Nanopartikeln (Eisen und Nichteisenmetallen) unter Berücksichtigung
von abzureinigenden Schadstoffen und ökonomischen Gesichtspunkten weiter zu entwickeln. Unter anderem sollen
Nanoeisenpartikel so modifiziert werden, dass ihr Transport in der gesättigten Bodenzone ermöglicht und ein
Kontakt mit den Schadstoffen und damit deren Abbau gewährleistet wird. Des Weiteren werden eine
Injektionstechnologie, Nachweismethoden für Nanopartikel im Untergrund sowie Modelle zur Prognose ihrer
Ausbreitung entwickelt.
14 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de
4.2 Ökotoxikologie
Die von der European Chemicals Agency (ECHA) veröffentlichten Daten aus dem
Registrierungsdossier für Eisen beziehen sich lediglich auf die Wirkungen von Eisen (ohne die
Nanoform) und von Eisensalzen (Einstufung als gering toxisch).
Derzeit liegt nur eine eingeschränkte Anzahl von Studien über die ökologischen Wirkungen
von Nanoeisen und Nanoeisenoxid vor. Bisher wurden vor allem schädigende Effekte auf
Mikroorganismen untersucht. Diese Laborexperimente wurden zumeist mit
Belastungskonzentrationen in Größenordnungen von mg/l bzw. mg/kg durchgeführt und
stellen somit vermutlich keine realitätsnahen Expositionsszenarien mit Nanoeisen und
Nanoeisenoxid dar.
So kann Nanoeisen bei Bakterien (Escherichia coli) konzentrationsabhängig zytotoxische Effekte
hervorrufen, die auf oxidativen Stress und/oder eine Störung der Elektronen- bzw.
Ionentransportketten zurückgeführt werden (Auffan et al. 2008). Ebenso fanden sich toxische
Wirkungen von Nanoeisen auf E.coli unter anaeroben Bedingungen (Li et al. 2010). Den
deutlich geringeren Effekt unter aeroben Bedingungen führen die Autoren auf eine
vollständigere Oxidation des Nanoeisens zurück. Beschichtetes Nanoeisen zeigte in dieser
Studie eine ebenfalls stark reduzierte Toxizität, die sich vermutlich auf die geringere Anhaftung
und damit Verfügbarkeit der Partikel zurückführen lässt.
Darüber hinaus wurde der Einfluss von Nanoeisen auf die Populationsdichte,
Zusammensetzung oder biochemische Aktivitäten mikrobieller Gemeinschaften untersucht
(Kirschling et al. 2010; Cullen et al. 2011). Hinweise auf Störungen der mikrobiellen
Gemeinschaft wurden nicht gefunden.
Im Biolumineszenztest mit dem marinen Bakterium Photobacterium phosphoreum führte die
Exposition gegenüber Nanoeisenoxid nicht zur Hemmung der Biolumineszenz (Barrena et al.
2009). Die Exposition einer anaeroben mikrobiellen Gemeinschaft gegenüber
Nanoeisenoxidpartikeln zeigte im Vergleich zu einer Kontrolle keine Abnahme der
Biogasproduktion.
Bei Versuchen an Embryonen und ausgewachsenen Fischen des japanischen Reiskärpfling
(Oryzias latipes) führte Nanoeisen zu Störungen desjenigen Abwehrsystems, das dem Abbau
von oxidativem Stress dient. An Kiemen und Darm wurden histopathologische Änderungen
beobachtet (Li et al. 2009). Darüber hinaus wurde in einer weiteren Studie gezeigt, dass
Nanoeisen auf die Spermien von Muscheln tödlich wirken kann. Dieser toxische Effekt erhöhte
sich bei Stabilisierung des Nanoeisens durch eine Polyacryl-Beschichtung (Kadar et al. 2011).
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Nanoeisen nach seiner Einbringung in das kontaminierte
Grundwasser bis in oberirdische Gewässer ausbreitet und aquatische Organismen wie
Wirbellose oder Fische in wirkungsrelevanten Konzentrationen exponiert sein könnten, wird
trotz der spärlichen Datenlage als gering eingestuft. Aufgrund der kurzen Lebensdauer von
Nanoeisen ist das Risiko einer Beeinflussung von Oberflächengewässern über den
Grundwasserpfad und damit eine potenzielle Schädigung von dort lebenden
Wasserorganismen als gering einzuschätzen.
In dem sehr unwahrscheinlichen Fall einer Exposition über den Wirkungspfad Grundwasser –
oberirdische Gewässer müssten auch Sedimentorganismen in die ökotoxikologische Bewertung
von Nanoeisen einbezogen werden. Solange keine ökotoxikologischen Daten zur potenziellen
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Wirkung von Nanoeisen auf diese Organismen vorliegen, sollte von einer In-situ-Sanierung von
belasteten Sedimenten mit Nanoeisen abgesehen werden.
Die Bewertung der Relevanz ökotoxikologischer Befunde ist schwierig, da sich die in den
Studien untersuchten Expositionskonzentrationen nur schwer in Relation zu den am
Sanierungsort injizierten Mengen an Nanoeisen setzen lassen. Aufgrund der geringen
Erfahrung mit Nanoeisen ist nicht zu prognostizieren, ob eine relevante Exposition der
Organismen stattfindet. Darüber hinaus sind die eingesetzten Stabilisatoren von Bedeutung, die
das Verhalten des Nanoeisens stark beeinflussen können (Baumann et al. 2010, Barrena et al.
2009).
Zu Langzeiteffekten in der Umwelt bestehen bislang Wissensdefizite. Auf Grundlage der
verfügbaren Studien wird die akute ökologische Gefährdung als gering eingeschätzt. Die
ökotoxikologische Relevanz von Nanoeisen und Nanoeisenoxiden ist dem zu erwartenden
Nutzen für die Umwelt durch die Sanierung von Grundwasserschäden gegenüberzustellen und
abzuwägen.
5 Gesundheitliche Aspekte
Während Aufnahme und Resorption von Eisen bekannt sind, liegen spezielle Untersuchungen
zu Nanoeisen- und Nanoeisenoxidpartikeln nicht vor (SRU 2011).
Der Einfluss von Partikelform und -größe auf die Toxizität von Nanoeisenoxidpartikeln ist
weniger bedeutsam als die chemische Zusammensetzung der Partikel in der Hülle (z. B.
Eisenoxid) und dem Kern (z. B. elementares Eisen). Die Beschichtung von
Nanoeisenoxidpartikeln, z. B. mit Silikat oder Dextran, kann deren geringe akute bzw. subakute
Toxizität weiter mindern.
Nach einer Inhalation sowie Instillation ist das Zielorgan für Schadwirkungen vor allem die
Lunge. Zudem treten systemische Effekte auf. Bemerkenswert ist, dass bereits die kurzzeitige
inhalative Aufnahme von moderaten Partikelkonzentrationen zu Effekten in der Lunge führen
kann.
Da die Partikel im Untergrund zur Agglomeration neigen und das nullwertige Nanoeisen
relativ schnell zu ungefährlichem Fe(II) oxidiert wird, ist daraus keine besondere Gefährdung
abzuleiten (Tratnyek, Johnson 2006; Lorenz et al. 2008).
Die wässrige Nanoeisensuspension kann aufgrund ihrer basischen Eigenschaften (pH 11) Augen
und Haut reizen. Auch wegen der hohen Reaktivität von Nanoeisen sind beim
Materialtransport und bei der Handhabung die jeweils aktuellen Sicherheitsdatenblätter sowie
weitere besondere Sicherheitsvorschriften zu beachten.
Bei ordnungsgemäßem Umgang mit der Nanoeisensuspension vor und bei ihrem Einbringen in
den Grundwasserleiter, bei einer fachgerechten, dem Grundwasserschaden angemessenen
Dosierung sowie aufgrund der Eigenschaften des Nanoeisens ist das Risiko einer unmittelbaren
Exposition des Menschen sehr gering. Das gilt auch für den theoretisch möglichen Fall einer
Ausbreitung von (technisch mobilisierten) Partikeln im Grundwasserleiter oder eines Transfers
in benachbarte Aquifere.
16 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de
6 Nutzen- und Risikobetrachtung
Die von der European Chemicals Agency (ECHA) veröffentlichten Daten aus dem
Registrierungsdossier für Eisen beziehen sich lediglich auf die Wirkungen von Eisen (ohne die
Nanoform) und Eisensalzen (Einstufung als gering toxisch).
Die NanoKommission der Bundesregierung hat in ihren Berichten (BMU 2008, 2011)
Vorschläge zur Bewertung von Nanoprodukten gemacht. Auch wenn hier nicht konkret
Nanoeisen angesprochen wird, werden Kriterien genannt, die zur Bewertung herangezogen
werden können. Der Bericht von 2008 enthält als „Entlastungskriterien“: „gute Löslichkeit (in
Wasser…), wenn dadurch die Nanoeigenschaften verloren gehen“, „schnelle Abbaubarkeit … in
nicht toxische Abbauprodukte“ und „Agglomerationsverhalten: Bildung großer, stabiler
Agglomerate“. Als „Besorgniskriterien“ werden genannt: „Gezielte Freisetzung (z. B.
Grundwassersanierung…)“ aber auch die „Persistenz der Nanoeigenschaften“ sowie „hohe
Mobilität in der Umwelt (Ferntransport), Persistenz in Wasser, Löslichkeit in Wasser“. Der
Bericht von 2011 geht nicht über diesen Konkretisierungsgrad hinaus, betont aber erneut die
Bedeutung der Expositionswahrscheinlichkeit für die Risikobewertung.
Nanoeisen kann in der gesättigten Bodenzone sowohl zur Sanierung von Schadstoff-quellen als
auch von Schadstofffahnen (in denen die Stoffe gelöst vorliegen) eingesetzt werden. Unter der
Voraussetzung, dass im konkreten Schadensfall die In-situ-Anwendung von Nanoeisen zur
Grundwassersanierung geeignet ist, können sich Sanierungserfolge bereits nach einigen
Wochen einstellen. Im Vergleich zu herkömmlichen Sanierungsverfahren wie Pump-and-Treat
oder zu anderen In-situ-Verfahren wie permeablen reaktiven Wänden dürfte sich das positiv
auf die Sanierungskosten auswirken.
Das gilt auch für den Fall einer Kombination mit einem etablierten Verfahren (z. B.
differenziert nach Schadstoffquelle und -fahne): Eine Injektion von Nanoeisen in die
Schadstoffquelle kann deren Lebensdauer reduzieren und ggf. die Sanierungsdauer verkürzen.
Der ITVA (2010) betrachtet Aussichten auf eine erfolgreiche Sanierung mithilfe von
Nanoeisenpartikeln momentan jedoch sehr kritisch, da bei der Injektion eine homogene
Verteilung der Partikel noch nicht gewährleistet werden kann.
In Zukunft ist zu prüfen, wie das Umweltentlastungspotenzial dieses In-situ-
Sanierungsverfahrens im Vergleich zu anderen (in situ und on site) Verfahren zu bewerten ist.
Als Kriterien sind die Einsparung von Energie und Ressourcen (z. B. geringerer Materialeinsatz),
die deutlich geringeren Abfallmengen (z. B. keine verbrauchte Aktivkohle), die
Emissionsminderung umweltgefährdender Stoffe sowie ggf. die geringere Beeinträchtigung
weiterer Schutzgüter, betroffener Dritter und zukünftiger Nutzungen einzubeziehen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Einsatz von Nanoeisen bei der Grundwassersanierung mit
unvertretbaren negativen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden ist, wird als gering
eingeschätzt. Da aber über das langfristige Verhalten, Verbleib und Wirkung von Nanoeisen im
Untergrund noch zu wenig bekannt ist, kann eine weitergehende Umweltrisikoabschätzung
bislang nicht vorgenommen werden. Für eine abschließende Bewertung des Einsatzes von
Nanoeisen bei der Grundwassersanierung sind daher weitere Erfahrungen sorgfältig
auszuwerten.
Geeignete Standortbedingungen vorausgesetzt, ist es nach Auffassung des Umweltbundesamtes
vertretbar, reaktive Nanoeisenpartikel in räumlich begrenzten Einsatzorten zur Sanierung von
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Grundwasserschäden zu erproben. Eine sorgfältige Überwachung sollte die Sicherheit der
Anwendung kontrollieren und dem Erkenntnisgewinn dienen.
7 Forschungs- und Entwicklungsbedarf
Hinsichtlich des Umweltverhaltens von Nanoeisen und Nanoeisen enthaltenden Produkten,
ihrer Auswirkungen auf die Umwelt sowie hinsichtlich der Optimierung der
Produkteigenschaften und des Produkteinsatzes besteht folgender Forschungs- und
Entwicklungsbedarf:
• Entwicklung geeigneter Mess-, Prüf- und Analysenmethoden für Expositionsmessungen
von Nanoeisen in Wasser und Boden;
• Untersuchungen zum Langzeitverhalten des Nanoeisens, der Formulierungsmittel (wie
Öle, Tenside) und des dotierten und beschichteten Nanoeisens im Untergrund im
Hinblick auf Transport und Ausbreitung in porösen Medien und im Grundwasser sowie
hinsichtlich ihrer Bindung an natürliches organisches Material und ihrer möglichen
Remobilisierung;
• Bestimmung und Quantifizierung der standort- und partikelspezifischen Einflussfaktoren
auf das Transportverhalten der Nanopartikel;
• Schaffung von Datengrundlagen für im Feldeinsatz erreichbare größere
Ausbreitungsreichweiten und für länger andauernden Schadstoffabbau sowie von
Prognosemodellen für die Anwendungsoptimierung;
• Entwicklung von Produkten auf der Basis von Nanoeisen (z. B. Kompositmaterialien) mit
optimierten und kontrollierbaren Partikeleigenschaften (wie Reaktivität, Stabilität,
Mobilität, Sedimentationsverhalten, Zusammenspiel von Sorption und Reaktion);
• Nachweis der langfristigen Wirksamkeit der In-situ-Sanierung;
• Durchführung von Kombinationstests mit unterschiedlichen Schadstoffen zur
Untersuchung der Wirksamkeit der In-situ-Sanierung mit Nanoeisen;
• (Weiter-)Entwicklung von Testrichtlinien, die die Vergleichbarkeit von
Untersuchungsergebnissen zur Wirkung von Nanoeisen auf Organismen und zum
Verhalten von Nanoeisen in der Umwelt sicherstellt;
• Entwicklung aktuell nutzbarer Bewertungsstrategien im Hinblick auf einen
vorsorgenden Umweltschutz (ggf. auch Gesundheitsschutz);
• Durchführung von Risiko-Nutzen-Analysen;
• ökobilanzielle Betrachtungen.
8 Fazit und Votum
Grundsätzlich sind neuartige Anwendungen dem Vorsorgeprinzip entsprechend intensiv in
Einzelfallprüfungen zu untersuchen, bevor über ihre allgemeine Praxiseinführung entschieden
wird. Nur eine umfassende Risikobewertung kann eine Besorgnis ausschließen oder wenigstens
auf ein vertretbares Maß reduzieren.
Für das Umweltbundesamt ist die Umweltverträglichkeit von Nanomaterialien ein wichtiger
Gesichtspunkt bei der Diskussion der Chancen und Risiken dieser neuen Technologie. Dies gilt
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besonders dann, wenn Nanomaterialien, wie bei der In-situ-Grundwasser-sanierung, gezielt in
die Umwelt freigesetzt werden.
Zum Verhalten und zur Wirkung von Nanoeisen in der Umwelt gibt es erst wenig Erfahrung.
Nach Auswertung der vorliegenden Informationen ergibt sich nach Ansicht des
Umweltbundesamtes aus dem Einsatz von Nanoeisen zur Sanierung von Grundwasserschäden
kein relevantes nanospezifisches Risiko. Relevante Schadwirkungen auf die belebte Umwelt
sind durch den Einsatz von Nanoeisen nicht zu erwarten. Jedoch könnten Zubereitungen aus
Nanoeisen gefährliche Stoffe als Mischungskomponenten enthalten.
Mit Bezug auf den aktuell begrenzten Wissensstand ist dafür Sorge zu tragen, dass sich
Nanoeisen über seinen räumlich begrenzten Einsatzort bei Grundwassersanierungen hinaus
nicht ausbreiten kann und insbesondere nicht in andere Aquifere gelangt. Das
Umweltbundesamt empfiehlt die Entwicklung spezieller Mess- und Analytikmethoden, die eine
bessere Risikoabschätzung und eine Überwachung des Verfahrens ermöglichen. Der Einsatz
von Nanoeisen zur Grundwassersanierung ist durch ein Monitoring zu begleiten und die
Dauerhaftigkeit des Sanierungserfolges ist sicherzustellen.
Darüber hinaus sollten In-situ-Sanierungsverfahren mit Nanoeisen hinsichtlich ihrer Effektivität
als auch hinsichtlich ihres Umweltentlastungspotenzials mit etablierten Sanierungsverfahren
verglichen werden. Dabei sind auch der verfahrensbedingte Einsatz von Energie und
Rohstoffen, entstehende Abfallmengen, Emissionen umweltgefährdender Stoffe sowie mögliche
Beeinträchtigungen weiterer Schutzgüter, betroffener Dritter und zukünftiger Nutzungen
einzubeziehen. Das Umweltbundesamt wird die Entwicklung von Produkten, die Nanoeisen
enthalten und zur Sanierung eingesetzt werden, weiter verfolgen.
Der Informationsaustausch zwischen Forschern, Produktentwicklern, Sanierern und
Entscheidungsträgern sollte – auch im Interesse des Umweltschutzes – kontinuierlich
weitergeführt werden.
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Anhang
1 Anwendungsbeispiele
Die Zahl der Forschungsprojekte, in denen der Einsatz von Nanoeisenprodukten zur
Grundwassersanierung getestet wird, steigt ständig. Die Anwendbarkeit des Verfahrens wird
auf Standorten mit unterschiedlichen hydrogeologischen Bedingungen untersucht. So können
Aussagen über die Machbarkeit der Sanierung unter verschiedenen Bedingungen getroffen
werden. In den USA wird bei 10 Prozent aller Boden- und Grundwassersanierungen Nanoeisen
eingesetzt, während in Europa dies nur in wenigen Fällen geschieht (ObservatoryNANO 2011).
Liste von Geländeversuchen mit Nanopartikeln in USA und Kanada:
http://cluin.org/products/nanozvi
Karte von Geländeversuchen in den USA und Europa (bis 2008):
http://www.nanotechproject.org/inventories/remediation_map/
Praxisbeispiele in den USA
• Sanierung auf einem Industriegelände in Trenton, New Jersey, USA (Elliott, Zhang 2001):
1, 7 kg bimetallischer Nanopartikel (Fe-Pd; Partikelgröße 100 bis 200 nm) wurden an
zwei Tagen in einen mit TCE (400 bis 800 µg/l) kontaminierten Untergrund injiziert
(1. Tag: 890 Liter einer Suspension mit 1,5 g/l, d. h. 1,34 kg Nanopartikel; 2. Tag: 450 l
einer Suspension mit 0,75 g/l, d. h. 0,34 kg Nanopartikel). Innerhalb von vier Wochen
wurden 1,5 bis 96,5 % des TCE abgebaut, wobei die höchste Effizenz in unmittelbarer
Nähe der Injektionsstelle erzielt wurde.
• Sanierung auf einem Gelände in Durham, North Carolina, USA (Zhang 2003):
Hier wurden im Jahr 2002 insgesamt 6.056 l einer Suspension (1,9 g/l Nanoeisen in
Trinkwasser, also 11,2 kg Nanoeisen) in einen mit flüchtigen chlorierten
Kohlenwasserstoffen (14.000 µg/l) kontaminierten Untergrund injiziert. Wenige Tage
später waren 90 % der VOC abgebaut. Sechs Wochen später war die Konzentration der
Abbauprodukte PCE, TCE und DCE unter die Standard-Qualität des Grundwassers
gesunken. Die Einflussradius der Injektion betrug ungefähr 6 bis 10 m.
• Sanierung in Hamilton Township, New Jersey, USA (Varadhi et al. 2005):
Zu Beginn der Sanierung wurden 1,6 g/l flüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (VOC =
TCE und Abbauprodukte) ermittelt. Es erfolgte eine zweimalige Injektion mit einem
Nanoeisen-Wasser-Gemisch (NanoFe PlusTM, bis zu 30 g/l). Nach der zweiten Injektion
wurden die VOC auf 90 % reduziert.
Praxisbeispiele in Europa
In der folgenden Tabelle wird ein Überblick über die Standorte in Europa gegeben, auf denen
In-situ-Sanierungen mit Nanoeisen erfolgten (Müller, Nowack 2010).
20 Umweltbundesamt I Wörlitzer Platz 1 I 06844 Dessau-Roßlau I www.umweltbundesamt.de
Tab. 2: Überblick über Pilottests mit Nanoeisen in Europa (Müller, Nowack, 2010)
Ort Zeit Kontami-
nante
Menge
Nano-
eisen
Partikel-
art
Injektionstechnik Medium Quelle
Spolchemie, CZ 2004,
2009
Cl-Ethen 20 kg Fe(B) Infiltrationspumpe Poröser
Aquifer
a), b)
Kurivody,
CZ
2005,
2006
Cl-Ethen 50 kg Fe(B), RNIP Infiltrationspumpe geklüftetes
Festgestein
a), b)
Piestany,
CZ
2005 Cl-Ethen 20 kg Fe(B) Infiltrationspumpe Hoch-
permeabler
Aquifer
a)
Permon,
CZ
2006 Cr(VI) 7 kg RNIP Infiltrationspumpe geklüftetes
Festgestein
a)
Rozmital,
CZ
2007 -
2009
PCB 150 kg RNIP,
NANOFER
Infiltrationspumpe geklüftetes
Festgestein
a)
Hluk,
CZ
2007,
2008
Cl-Ethen 150 kg RNIP,
NANOFER
Infiltrationspumpe PRB-Filter a)
Uhersky Brod,
CZ
2008 Cl-Ethen 50 kg NANOFER Infiltrationspumpe Poröser
Aquifer
a)
Uzin,
CZ
2009 Cl-Ethen 150 kg NANOFER Infiltrationsrohr Niedrig
permeabler
Aquifer
a)
Brownfield, SK k.A. TCE, DCE k.A. k.A. k.A. Locker-gestein e)
Biella,
I
2005 TCE, DCE 10 kg nZVI Infiltration über
Schwerkraft
Poröser
Aquifer
b)
Thüringen,
D
2006 CKW, Ni, Cr,
NO3
-
120 kg nZVI Infiltrationspumpe Poröser
Aquifer
b)
Hannover,
D
2007 CKW, BTEX,
MKW
1 kg k.A. Wässriger Schlamm Chemische
Speicher-
fabrik
c)
Schönebeck, D 2005 VC 70 kg RNIP Druckinfiltration Poröser
Aquifer
d)
Asperg,
D.
2006 Cl-Ethen 44 kg RNIP Sleeve Pipe geklüftetes
Felsgestein
d)
Gaggenau,
D.
2006 PCE 47 kg RNIP Sleeve Pipe Poröser
Aquifer
d)
k.A. keine Angaben verfügbar; a) Wassertest, Tschechische Republik, b) Golder Associates, Deutschland, c) Bundesamt für Geowissenschaften und
Rohstoffe, Deutschland (Houben, Kringel, 2010), d) Alenco GmbH, Deutschland, e) http://www.nanotechprojekt.org/inventories/innovation_map
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Praxisbeispiele in Deutschland
• Geländeversuch zur Sanierung eines Grundwasserschadens in Hannover-Südstadt im
Bereich einer LCKW-führenden Schadstofffahne, 2006 (Universität Hannover,
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe) (Lenné 2006);
• Pilotversuch zum Einsatz von Nanoeisenpartikeln auf dem Standort eines ehemals
metallverarbeitenden Betriebs in Thüringen (parallel zur laufenden Pump-and-Treat-
Maßnahme zur Sanierung einer LHKW-, Chromat- und Nickelkontamination, 2006
(Golder Associates 2007),
• Full-scale Anwendung mit Nanoeisen in Bornheim-Roisdorf (Nordrhein-Westfalen)
(Alenco 2007 www.fe4u.de/full_scale.html; AAV 2007):
Bei dem Standort handelt es sich um eine ehemalige chemische Reinigung. Nach
zehnjähriger Sanierung mittels Pump-and-Treat-Verfahrens sowie Bodenluftabsaugung
waren noch immer etwa 13 mg/l PCE im Schadensherd vorhanden. Daraufhin wurden
insgesamt 3.000 kg kolloidales Nanoeisen (90 g/l) der Fa. Toda Kogyo in eine Tiefe von
16 bis 21 m eingebracht. Die im Schadensherd vorhandenen Schadstoffe wurden um
90 % reduziert.
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Das Datenblatt des Umweltbundesamtes „Einsatz von Nanoeisen bei der Sanierung von
Grundwasserschäden“ finden Sie unter
http://www.umweltbundesamt .de/chemikalien/publikationen/nanoeisen/kurz.pdf
IMPRESSUM
Herausgeber: Umweltbundesamt
Postfach 14 06
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Tel.: 0340/2103-0
Telefax: 0340/2103 2285
E-Mail: info@umweltbundesamt.de
Internet: http://www.umweltbundesamt.de
Autoren: Das Datenblatt wurde vom Arbeitskreis „Nanotechnik“ des Umweltbundesamtes erstellt. Insbesondere haben daran
mitgewirkt:
Petra Apel (II 1.2 –Toxikologie, Gesundheitsbezogene Umweltbeobachtung)
Dr. Heidi Becker (II 1.2–Toxikologie, Gesundheitsbezogene Umweltbeobachtung)
Dr. Wolfgang Dubbert (III 2.1 –Übergreifende Angelegenheiten, Chemische Industrie, Feuerungsanlagen )
Barbara Kabardin (II 2.6–Maßnahmen des Bodenschutzes)
Dr. Bettina Rechenberg (III 2–Nachhaltige Produktion, Ressourcenschonung und Stoffkreisläufe)
Dr. Katrin Schwirn (IV 2.2–Arzneimittel, Wasch- und ReinigungsmittelMaßnahmen)
Dr. Doris Völker (IV 2.2– Arzneimittel, Wasch- und ReinigungsmittelMaßnahmen)
Christine Winde (III 2.5–Kommunale Abfallwirtschaft, Gefährliche Abfälle, Anlaufstelle Basler Übereinkommen)
Dessau-Roßlau, 14. November 2012